Hohe Erwartungen - nicht erfüllt Wall Street schwächelt
01.08.2012, 22:40 Uhr
Was wären die sogenannten Märkte ohne Geld?
(Foto: REUTERS)
Die Marktteilnehmer sind vor der Fed-Erklärung optimistisch gestimmt. Danach herrscht Ernüchterung und die Kurse geben leicht nach. Neben mehreren Unternehmenszahlen bewegt die Anleger aber vor allem eine neue Handelspanne an der Nyse. Fast 150 Titel sind betroffen.
Der US-Aktienmarkt hat nach der seit Tagen mit Spannung erwarteten Sitzung der US-Notenbank mit Verlusten geschlossen. Die Fed räumte ein, dass sich die US-Wirtschaft abgeschwächt habe und zeigte sich auch zu weiteren geldpolitischen Maßnahmen bereit, wenn eine Konjunkturerholung dies erfordere. Konkrete Maßnahmen zur Stimulierung kündigte sie jedoch nicht an. Die Leitzinsen wurden wie erwartet auf dem Rekordtief belassen.
Der Dow-Jones-Index sank um 0,3 Prozent und fiel unter die 13.000er Marke auf 12.976 Punkte. Der S&P-500 sank ebenfalls um 0,3 Prozent und der Nasdaq-Composite um 0,7 Prozent.
Einige Anleger hatten zwar darauf gehofft, dass die Fed die weiter schwächelnde US-Wirtschaft zusätzlich stimulieren wird. Aber viele Analysten hatten schon zuvor gemutmaßt, dass diese ihr geldpolitisches Pulver vorerst noch trocken hält. Zum einen habe die Fed erst bei der vergangenen Sitzung angekündigt, die so genannte "Operation Twist" fortzuführen. Voraussichtlich bis Jahresende wird sie kürzer laufende Wertpapiere verkaufen und dafür länger laufende in die Bilanz nehmen.
Zum anderen sei die nächste Sitzung im September die bessere Wahl für derartige Ankündigungen. Denn dann wird auch Präsident Ben Bernanke wieder vor die Presse treten und neue Prognosen zu Wachstum, Inflation und Zinsen veröffentlichen. Bei dieser Gelegenheit ließen sich weitere Maßnahmen viel besser erläutern.
Joe LaVorgna, Chef-Volkswirt bei der Deutschen Bank, lobte das Stillhalten der Fed. "Die Stützräder müssen jetzt weg vom Fahrrad, die Wirtschaft muss allein zurecht kommen", sagte er. Dan Greenhaus von BTIG vermutet, dass die US-Notenbanker "sehr wahrscheinlich abwarten, was die EZB tun wird und ob deren Schritte die globale Wirtschaft beflügeln." Die EZB tagt am Donnerstag und noch einmal im September, bevor der Offenmarktausschuss der Fed Mitte September wieder am Zug ist.
Renditen ziehen an
Am US-Anleihemarkt ging es nach einer zunächst volatilen Reaktion auf die Fed-Aussagen letztlich etwas nach unten. "Ich denke, wir müssen für die große Politikankündigung bis September warten", kommentierte Kathy Jones, Zinsstrategin bei Charles Schwab. Die Rendite zehnjähriger Treasurys stieg leicht auf 1,51 Prozent. Der Euro gab zum US-Dollar nach und ging bei 1,2225 Dollar aus dem US-Geschäft, nachdem sich die Gemeinschaftswährung seit dem Vorabend bis zur Fed-Entscheidung recht stabil an der Marke von 1,23 Dollar gehalten hatte.
Normaler Handel zeitweise gestört
Die außergewöhnlich hohen Handelsumsätze bei zahlreichen Aktien in den ersten 45 Minuten schreckten die Börsianer zunächst auf. Der normale Handel war zeitweise gestört, mehrere Papiere wurden vorübergehend an der New York Stock Exchange ausgesetzt. Händler spekulierten, die Probleme seien durch computergestützte Systeme des Finanzdienstleisters Knight Capital verursacht worden. Das Unternehmen war zunächst nicht für eine Stellungnahme erreichbar. Knight-Aktien verloren 20 Prozent.
ISM-Index nicht schlecht genug
Gemischte Nachrichten kamen von der US-Konjunktur: Die Firmen schufen im Juli überraschend viele Jobs. Der US-Einkaufsmanager-Index schrumpfte hingegen den zweiten Monat in Folge und blieb leicht unter der Schwelle, die Wachstum signalisiert. "Die Investoren wissen wegen der Unsicherheit gar nicht mehr, wo sie ihr Geld noch anlegen sollen", sagte Analyst Patrick O'Keefe von J.H. Cohn.
Neben den ADP-Daten gab es den ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe und die Daten zu den Bauausgaben, die allerdings keinen merklichen Einfluss auf den Aktienmarkt nahmen. Der ISM-Index fiel zwar niedriger aus, als erwartet worden war, stellte aber kein Desaster dar.
Die Bausausgaben in den USA legten wie erwartet zu, waren wegen einer Aufwärtsrevision des Vormonatswertes aber noch höher als angenommen. Wie das US-Handelsministerium mitteilte, erhöhten sich die Ausgaben saisonbereinigt um 0,4 Prozent gegenüber dem Vormonat auf ein hochgerechnetes Jahresvolumen von 842.082 Mrd. Dollar. Ökonomen hatten einen Anstieg in dieser Höhe erwartet.
Viele Zahlen
Bei den Einzelwerten stand der Kreditkartenanbieter Mastercard im Interesse der Anleger. Die Aktien des Visa-Konkurrenten sanken um 2,1 Prozent, nachdem Mastercard im abgelaufenen Quartal die Umsatzerwartungen verfehlte.
Der Medienkonzern Time Warner verbuchte wegen schwächerer Geschäfte in der Film- und Fernsehsparte einen Gewinnrückgang. Der Kurs der Aktie fiel um 1,2 Prozent.
Die Anteilsscheine von Burger King stiegen um 0,5 Prozent. Der McDonald's-Konkurrent konnte im abgelaufenen Quartal von der Erweiterung seines Angebots über die klassischen Whopper-Hamburger hinaus profitieren und steigerte seinen Gewinn.
Quelle: ntv.de, rts/DJ