Meldungen

Gezerre um Mehdorns Hut Bahn-Chef unter Druck

In der Daten-Affäre der Deutschen Bahn mehren sich die Spekulationen über eine Entlassung von Bahnchef Hartmut Mehdorn. Ein hochrangiger Vertreter der Bundesregierung wies entsprechende Berichte zurück. Es gelte, was bereits vom Sprecher von Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) erklärt worden sei: Zunächst gebe es eine gründliche Untersuchung, erst nach deren Abschluss würden weitere Schritte in der Koalition besprochen, sagte der Regierungsvertreter am Mittwochabend.

Der Aufsichtsratschef der Bahn, Werner Müller, könnte Mehdorn womöglich vorübergehend in seiner Funktion ablösen, hatte die "Mitteldeutsche Zeitung" berichtet. Die Union hingegen sperrt sich einem Zeitungsbericht zufolge gegen eine Ablöse Mehdorns vor der Bundestagswahl.

Nicht vor der Wahl

Wie die "Mitteldeutsche Zeitung" unter Berufung auf Koalitionskreise berichtet, sind auch der Vorstandschef der Sparte Fernverkehr, Nikolaus Breuel, und der Vorstandschef der Sparte Mobility Logistics, Norbert Bensel, für die Nachfolge Mehdorns im Gespräch. Als Begründung für die mögliche Entlassung werden die Daten-Affäre und Mehdorns Umgang damit angeführt.

Die Unionsparteien hingegen wollen Mehdorns nach "SZ"-Information nicht vor der Bundestagswahl im September ablösen. CDU und CSU hielten sich zurück, weil sie befürchteten, Mehdorn werde durch einen SPD-nahen Manager ersetzt, berichtete die "SZ" unter Berufung auf Unionskreise.

Kritik an der Salami-Taktik

Die Zeitung zitiert den Vorsitzende der Bahngewerkschaft GDBA, Klaus-Dieter Hommel, der auch dem Bahn-Aufsichtsrat angehört, mit den Worten: "Wenn Mehdorn das Krisenmanagement nicht bald in den Griff bekommt, dann muss er seinen Hut nehmen." Erstmals habe damit ein Mitglied des Kontrollgremiums die Möglichkeit einer Ablösung Mehdorns angedeutet, hieß es.

Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) forderte angesichts der Eingeständnisse weiterer Datenabgleiche bei der Bahn indirekt den Rücktritt Mehdorns. "Ich glaube nicht, dass Hartmut Mehdorn als Bahn-Chef noch zu halten ist", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" von Donnerstag. Er beklagte die "ärgerliche Salami-Taktik bei der Aufklärung der Vorfälle".

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger" von Mittwoch, wenn die Bahn tatsächlich auch 2005 Mitarbeiter in großem Stil überprüft habe, "wird sich Herr Mehdorn nach einer neuen Tätigkeit umsehen müssen". Die Bahn hatte am Dienstag bestätigt, dass sie 2005 ein zweites Mal Daten von etwa 173.000 Mitarbeitern abgeglichen hatte.

Die Bundesregierung drängte die Bahn unterdessen zu einer möglichst schnellen Aufklärung der Datenschutz-Affäre. Bislang seien zwar drei Briefe Mehdorns bei Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) eingegangen, sagte ein Ministeriumssprecher. Darin habe der Bahn-Chef bislang allerdings nur "eine Beantwortung in der Sache in Aussicht gestellt".

Nach einem Bericht von "Radio Bremen" vom Mittwoch könnte die Daten-Affäre der Bahn noch ein weit größeres Ausmaß erreichen. Über die Fälle in den Jahren 2002, 2003 und 2005 hinaus habe die Bahn Dutzende weitere Abgleiche mit Mitarbeiterdaten vornehmen lassen, berichtete der Sender unter Berufung auf den verkehrspolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Uwe Beckmeyer.

Demnach soll es bei der Bahn mehr als 40 Projekte gegeben haben, in deren Zusammenhang Daten von Mitarbeitern mit denen von Lieferanten abgeglichen worden seien. Der Datenabgleich für lediglich zehn bis zwölf dieser Projekte sei bisher bekannt, sagte Beckmeyer der Nachrichtenagentur AFP. Die Bahn widersprach dieser Darstellung: Das Unternehmen habe bereits im vergangenen Sommer erklärt, dass es in 43 Fällen mit einer EDV-Firma zusammengearbeitet habe, sagte ein Sprecher.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen