100 Prozent RTL Bertelsmann will alles
04.12.2007, 13:21 UhrEuropas größter Fernsehkonzern RTL Group könnte bald vollständig zu Bertelsmann gehören. Der Medienkonzern aus Gütersloh erwägt, die restlichen zehn Prozent der Anteile für bis zu 1,3 Mrd. Euro zu übernehmen. Im Fall eines Angebots will Bertelsmann nicht mehr als 82 Euro je Aktie zahlen, wie das Unternehmen mitteilte. Das entspräche einem Aufschlag von fast 19 Prozent zum Schlusskurs des RTL-Papiers von 69,10 Euro am Montagabend in Brüssel. Die Aktie war am Dienstag vom Handel ausgesetzt.
Bertelsmann hat die vollständige Einverleibung seiner lukrativen Fernsehtochter bereits als eine langfristige Option bezeichnet. In Branchenkreisen wird damit gerechnet, dass Bertelsmann die in Luxemburg ansässige RTL Group von der Börse nimmt. "Das einzig logische Ziel ist ein Delisting", hieß es. Der Medienkonzern hat seine Beteiligung bereits auf 89,8 Prozent aufgestockt. Die übrigen Anteile befinden sich im Streubesitz.
Nach dem Rückkauf eigener Aktien zur Verhinderung eines Börsengangs hat sich Bertelsmann für dieses Jahr Zurückhaltung bei den Ausgaben auferlegt. Nach früheren Angaben sollen ab 2008 dann jährlich bis zu 1,5 Mrd. Euro für Akquisitionen zur Verfügung stehen.
RTL ist der Wachstums- und Ergebnistreiber von Bertelsmann und kommt auf eine Marktkapitalisierung von 10,6 Mrd. Euro. Die italienische Mediaset des Politikers und Geschäftsmanns Silvio Berlusconi bringt es auf 7,9 Mrd. Euro. Zu den wichtigsten Gewinnbringern der RTL-Gruppe gehören neben der deutschen Senderfamilie aus RTL, Vox, RTL 2, Super RTL und n-tv auch die französische M6 und die Produktionsfirma FreemantleMedia. RTL macht etwa 60 Prozent seines Umsatzes mit Werbung.
Bertelsmann hat eine weitere Expansion der Fernsehtochter angekündigt. Derzeit ist die RTL Group, die 2006 mit über 11.000 Mitarbeitern 5,6 Mrd. Euro erlöste und einen operativen Gewinn von 851 Mio. Euro erwirtschaftete, in zehn Ländern vertreten. Verstärkt werden soll RTL früheren Angaben zufolge in Mittel-, Ost- und Südeuropa.
Türkei kein Thema mehr?
Aus dem Bieterstreit um den türkischen Medienkonzern ATV-Sabah ist RTL hingegen ausgeschieden. Das Bieterkonsortium, zu dem neben RTL die türkischen Unternehmen ATP Construction und Sancak Construction gehörten, werde an der für Mittwoch geplanten Auktion nicht teilnehmen, teilte der ATP-Mutterkonzern Koza mit. Ein RTL-Sprecher wollte nicht bestätigen, dass sich der Konzern aus dem Bieterverfahren zurückgezogen habe. Er sagte lediglich, RTL habe um Aufschub gebeten. Einem Zeitungsbericht zufolge wurde diese Bitte abgewiesen. Zu ATV-Sabah gehören große Tageszeitungen und Unterhaltungssender des Landes. Das Mindestgebot wurde bei 1,1 Mrd. Dollar festgelegt.
Quelle: ntv.de