EZB beruhigt Bislang keine Kreditklemme
28.01.2008, 15:09 UhrDer befürchtete Kreditengpass im Euro-Raum als Folge der Finanzkrise ist bislang ausgeblieben. Die Vergabe von Firmenkrediten legte im Dezember um 14,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zu, wie die Europäische Zentralbank (EZB) am Montag mitteilte. Einen stärkeren Zuwachs hat es seit Beginn der Erhebung im Jahr 2000 noch nicht gegeben. Die Darlehen an private Haushalte wuchsen dagegen mit 6,2 Prozent so schwach wie seit gut vier Jahren nicht mehr. Zwar wurden mehr Konsumentenkredite vergeben, doch wuchsen die Hypothekendarlehen langsamer. Als Grund dafür gelten die schwächelnden Wohnungsmärkte in Italien und Spanien sowie höhere Zinsen.
Insgesamt stieg die Vergabe von Buchkrediten an den privaten Sektor wie im Vormonat um 11,1 Prozent. "Von einer Kreditklemme in der Euro-Zone kann bislang keine Rede sein", sagte Marco Kramer von UniCredit. In den kommenden Monaten werde das Wachstum nachlassen, weil die Banken ihre Konditionen nach oben schrauben dürften. Einer EZB-Umfrage zufolge rechnen die meisten Institute damit, dass sie ihre Kreditstandards zu Jahresbeginn anheben. Die Bundesbank erwartet, dass es für Großunternehmen schwieriger wird, an frisches Geld zu kommen als etwa für den Mittelstand oder private Haushalte.
Bereits Ende vergangenen Jahres hatten die Banken ihre Standards verschärft. Grund dafür ist die Immobilienkrise in den USA. Dort haben viele Banken milliardenschwere Verluste erlitten, weil Darlehen zuhauf an nicht solvente Häuslebauer vergeben wurden, die ihre Raten nicht mehr zurückzahlen können.
Termingeld attraktiver
Das Wachstum der für die Zinspolitik der EZB wichtigen Geldmenge M3 verlangsamte sich unterdessen im Dezember überraschend deutlich. Im Vergleich zum Vorjahresmonat sei M3 bereinigt um 11,5 Prozent gestiegen nach 12,3 Prozent im November. Als Treiber erwiesen sich erneut Termingeldeinlagen, deren Ertrag durch die EZB-Zinserhöhungen gestiegen ist. M3 umfasst auch Bargeld, Einlagen auf Girokonten, kurzfristige Geldmarktpapiere sowie Schuldverschreibungen bis zu zwei Jahren Laufzeit.
Das Geldmengenwachstum liegt schon seit Mitte 2001 über dem Referenzwert von 4,5 Prozent, bis zu dem die Geldversorgung nach EZB-Definition nicht zu einem stärkeren Preisanstieg führt. Innerhalb und außerhalb der Notenbank wird bezweifelt, dass diese Messlatte angesichts vieler Neuerungen an den Finanzmärkten noch gilt.
"Für die EZB-Zinspolitik spielt die Geldmenge im Moment eine untergeordnete Rolle", sagte Claudia Broyer von der Dresdner Bank. "Die EZB schaut mehr auf die Entwicklung im Finanzsektor und bei den Krediten sowie auf Konjunktur- und Preisdaten." Viele Experten erwarten, dass die EZB dem Beispiel ihrer US-Kollegen folgt und die Zinsen in diesem Jahr senkt, um die Konjunktur zu stützen. Von Ende 2005 bis Sommer 2007 hatte sie den Leitzins von zwei auf vier Prozent verdoppelt, um den Preisauftrieb im Aufschwung zu begrenzen.
Quelle: ntv.de