Riesenreich sucht Kunden China verliert Schwung
05.05.2008, 14:02 UhrChinas Exportwirtschaft scheint infolge der weltweiten Finanzkrise überraschend stark an Schwung zu verlieren. Nach dem rasanten Tempo der vergangenen Boomjahre rechnet die zuständige Forschungsabteilung des Handelsministeriums für 2008 nur noch mit einem Anstieg der Ausfuhren um zehn Prozent. Im Vorjahr hatte die chinesische Exportwirtschaft noch ein Wachstum von 25,7 Prozent erreicht.
Nach einem Bericht der amtlichen Zeitung "Shanghai Securities News" wird der Handelsbilanzüberschuss zudem um mehr als 62 Mrd. auf 200 Mrd. Dollar schrumpfen. Mit der schwächeren Außenhandelsdynamik im Reich der Mitte steigen nach Einschätzung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) auch die Chancen, dass Deutschland seinen Titel als Exportweltmeister gegen China verteidigen kann.
In der Vergangenheit haben Pekinger Regierungsvertreter wiederholt auf die negativen Auswirkungen des gestiegenen Wechselkurses der Landeswährung Yuan zum Dollar für die Exportwirtschaft hingewiesen. Mit der härteren Währung verteuern sich die chinesischen Ausfuhren in die USA, wo sich die Absatzchancen im Zuge der amerikanischen Konjunkturschwäche ohnehin verschlechtert haben.
Heikles Spiel mit dem Dollar
Hinzu kommen handelspolitische Differenzen: Die USA werfen China seit Jahren vor, den Wechselkurs der Landeswährung künstlich zu drücken, um sich Vorteile im Export zu verschaffen. Der Yuan hat zwar im ersten Vierteljahr zum Dollar so stark zugelegt wie noch nie, seit die Volksrepublik vor 14 Jahren das Devisenverwaltungssystem reformierte. Dies genügt den USA jedoch nicht. Sie dringen auf eine weitere Aufwertung.
China würde dadurch allerdings seine Inflation weiter anheizen, die bereits im Steigflug ist. Damit steckt China mitten in einem schwieriger gewordenen wirtschaftlichen Umfeld in einem zusätzlichen Dilemma.
Mitten im Dilemma
Schon heute spüre die Volksrepublik, dass die Exporte in die USA zurückgingen, sagte DIHK-Präsident Braun dem "Handelsblatt". Es werde für das Land immer schwieriger, diesen Rückgang durch mehr Ausfuhren nach Europa und in die Nachbarländer auszugleichen. China ist mit einem Volumen rund 85 Mrd. Euro im Jahr 2007 neben den USA seit einigen Jahren der wichtigste deutsche Handelspartner außerhalb Europas.
Unter den größten Importeuren in Deutschland rangierte China im vergangenen Jahr auf Rang drei. Im Februar hatte Bundeswirtschaftsminister Michael Glos darauf hinwiesen, Deutschland werde noch in diesem Jahr als Exportweltmeister von China entthront. Der Außenhandelsverband BGA hatte sich hingegen optimistisch geäußert, dass Deutschland auch 2008 seine Spitzenstellung verteidigen und China auf Platz zwei verweisen könne.
Der Zoll sucht nach Reis
Auch an einer ganz anderen Front muss die Pekinger Zentralregierung auf die Bedingungen des Weltmarkts reagieren. China geht schärfer gegen illegale Getreideexporte vor, mit denen Schmuggler Profit aus den Rekordpreisen am Weltmarkt schlagen wollen. Zollbeamte in Hangzhou im Osten hätten in jüngster Zeit 33 Tonnen Weizen und sieben Tonnen Reis abgefangen, die außer Landes gebracht werden sollten, berichtete die Zeitung "China Daily". In Ningbo seien mehr als 130 Tonnen Schmuggel-Weizen entdeckt worden.
Wegen der hohen Preise am Weltmarkt ist die Ausfuhr für chinesische Händler derzeit viel attraktiver als der Verkauf von Reis und Weizen auf dem heimischen Markt. Im März hatte der Reispreis am Weltmarkt seinen höchsten Stand seit 19 Jahren erreicht, für Weizen wurde der höchste Preis seit 28 Jahren erzielt.
In der vergangenen Woche hatte die chinesische Führung dazu aufgerufen, Getreideexporte drastisch einzuschränken und stattdessen den Import beispielsweise von Speiseöl zu forcieren. Im Dezember hatte China bereits die Ausfuhrerstattungen für Weizen, Reis, Mais und Soja gestrichen und im Januar dann 57 Lebensmittel mit einer Sonder-Exportsteuer belegt.
Ein Gespenst geht um in China
Die weltweit hohen Lebensmittelpreise heizen auch in China die Inflation weiter an. Die Teuerungsrate lag im März bei 8,3 Prozent und damit erheblich höher als die von der Regierung angestrebte Jahresinflationsrate von 4,8 Prozent.
Quelle: ntv.de