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Kurzarbeit in Sindelfingen Daimler zieht Notbremse

Die Absatzkrise hat den Autobauer Daimler voll erwischt. Der Stuttgarter Konzern drosselt die Produktion in seinen Pkw-Werken und schickt zehntausende Beschäftigte bis Ende März in Kurzarbeit. Beschlossene Sache ist die Arbeitsverkürzung für knapp 20.000 Beschäftigte im größten Montagewerk Sindelfingen, wo zuletzt 1993 Kurzarbeit gefahren wurde. Auch in den übrigen Mercedes-Benz-Werken steht Kurzarbeit an, wie Konzernbetriebsratschef Erich Klemm sagte. So erhalten die Beschäftigten trotz kürzerer Arbeitszeiten mindestens 90 Prozent der regulären Netto-Bezüge.

Daimler folgt damit den Ford-Werken in Köln, die die Motorenproduktion drosseln und ab Ende der Woche bis Weihnachten ganz ruhen lassen. Auch BMW spürt die Absatzkrise bei Neuwagen. Anders als Daimler wollen die Münchener hingegen ohne Kurzarbeit bis "ins Frühjahr" kommen, wie ein Sprecher sagte. BMW nutzt die Überstundenkonten der Mitarbeiter für eine vierwöchige Zwangspause. VW und Opel denken ebenso noch nicht an Kurzarbeit, wie die Unternehmen mitteilten. Bei Opel laufen aber Gespräche über ein Sparprogramm und Staatsbürgschaften, da die US-Mutter General Motors in Liquiditätsnöten steckt.

Konten ausgereizt

In Daimlers Pkw-Sparte Mercedes-Benz sind die Überstundenkonten der Beschäftigten "ausgereizt", wie Klemm sagte. "Kurzarbeit ist ein schwieriger, aber angesichts vorliegender Zahlen unvermeidbarer Schritt." In Sindelfingen, wo vor allem die Mercedes-Benz C-, E- und S-Klasse vom Band rollen, gehen die meisten Beschäftigten Ende der Woche zunächst in eine vierwöchige Zwangspause. Ab 12. Januar gilt dann bis Ende März Kurzarbeit mit einer Viertagewoche, vor allem im März sind auch Wochen mit nur drei Arbeitstagen geplant. Über die Faschingstage ruht die Produktion tageweise, zum Teil wird in den kommenden Monaten nur in einer Schicht gearbeitet. Wegen der gedrosselten Produktion wird laut Betriebsrat auch die Fertigung von Komponenten wie Motoren, Achsen und Getrieben im Stammwerk Untertürkheim voraussichtlich von Kurzarbeit betroffen sein.

Angaben zum genauen Umfang der Produktionsdrosselung machte Daimler-Betriebsrat Klemm nicht. Andere Betriebsräte sprechen von einer Drosselung um mehr als 30 Prozent. Weltweit baute Daimler pro Jahr bislang rund 1,2 Millionen Pkw. Diese Marke wird in diesem Jahr deutlich verfehlt. Allein im November brach der Pkw-Absatz mit 84.500 verkauften Pkw um ein Viertel ein. Um nicht auf Halde zu produzieren, ist die Drosselung unumgänglich. Bei Mercedes-Benz Pkw sind in Deutschland 85.000 Menschen beschäftigt.

Auch das lange boomende Nutzfahrzeuggeschäft ebbt inzwischen ab. In Lkw-Werken wie Mannheim, Wörth und Gaggenau zehrt Daimler noch von den Überstundenkonten der 30.000 Beschäftigten und verzichtet dort vorerst auf Kurzarbeit. Bei Konkurrent MAN fällt bald eine Entscheidung über Kurzarbeit.

Abfindungen angeboten

Kurzarbeit ist für die Beschäftigten lukrativer als eine Kürzung der Wochenarbeitszeit, da sie einen Zuschuss von der Bundesagentur für Arbeit für den Lohnausfall erhalten. Kurzarbeit ist längstens 18 Monate möglich. Sollte die Autokrise länger anhalten, droht Stellenabbau. Vor betriebsbedingten Kündigungen sind die meisten Daimler-Beschäftigten bis Ende 2011 geschützt. "Ich denke nicht an 2012", sagte Betriebsrat Klemm. Er setzt alle Hoffnung auf die zweite Hälfte 2009, wenn Mercedes seinen Kassenschlager E-Klasse neu auf den Markt bringt. "Das Modell kann nichts anderes als ein Erfolg werden", sagte er.

Allerdings bietet Mercedes-Benz seit einigen Wochen Abfindungen an, um Mitarbeiter zum Ausscheiden zu bewegen. Nach Betriebsrats-Angaben geht das Management davon aus, dass Mercedes-Benz 5800 Beschäftigte zuviel hat.

Gegen die weltweite Absatzkrise stemmt sich die VW-Tochter Audi, die im November 0,4 Prozent mehr Autos verkaufte. Mit den bis Ende November weltweit ausgelieferten 920.700 Pkw liegt der Ingolstädter Autobauer beim Absatz drei Prozent über Vorjahr. Audis sind vor allem in China gefragt, wo die Nachfrage nach Neuwagen stabiler als in Europa und Amerika ist.

Der italienische Fiat-Konzern sieht sich allein nicht gewappnet, um die Krise durchzustehen. Fiat brauche einen Partner, sagte Chef Sergio Marchionne in einem Interview der Branchenzeitschrift "Automotive News". "Der einzige Weg für Unternehmen sich zu behaupten, ist, mehr als 5,5 Millionen Fahrzeuge pro Jahr zu bauen", sagte der Fiat-Chef. Diese Marke erreichen derzeit allein Toyota Motor, General Motors, Volkswagen, Ford und Renault-Nissan.

Quelle: ntv.de

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