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Kreditkrise, Euro, Ölpreis Die Wirtschaft schrumpft

Die deutsche Wirtschaft ist im zweiten Quartal zum ersten Mal seit knapp vier Jahren geschrumpft. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ging nach Angaben des Statistischen Bundesamtes kalender- und saisonbereinigt im Vergleich zum Vorquartal real um 0,5 Prozent zurück.

"Die Zahlen sind ein bisschen weniger schlecht als gedacht", sagte Commerzbank-Analyst Ralph Solveen in einer ersten Reaktion. Insgesamt zeige sich aber eine deutliche Gegenbewegung zum ersten Quartal, das vor allem wegen des milden Winters und Steuereffekten gut ausgefallen war. Zugleich bremsten im zweiten Quartal die Finanzmarktkrise, der starke Euro und der hohe Ölpreis. Einen Rückgang hatten die Statistiker zuletzt im dritten Quartal 2004 mit minus 0,2 Prozent verzeichnet.

Auch zu Jahresbeginn 2008 legte die Wirtschaft nach den neuesten Zahlen weniger stark zu als bislang berechnet. Das Wachstum betrug im ersten Quartal nur 1,3 Prozent statt der zunächst bekanntgegebenen 1,5 Prozent. Damit hat die Konjunktur deutlich an Schwung verloren.

Für das Minus im zweiten Quartal waren nach Angaben der Statistiker schrumpfende Konsumausgaben der privaten Haushalte, die rückläufige Baukonjunktur sowie sinkende Investitionen der Firmen in Maschinen und Anlagen verantwortlich. Wachstumsmotor war trotz des starken Euro der Export. In dem jüngsten Rückgang beim Ölpreis und im niedrigeren Euro-Kurs sehen Analysten eine Entlastung für die Wirtschaft.

Regierung hält an ihrer Prognose fest

Die Bundesregierung hält ungeachtet der im Frühjahr geschrumpften Wirtschaftsleistung an ihrer Wachstumsprognose für 2008 fest. Es werde weiter ein Plus von 1,7 Prozent erwartet, sagte Wirtschaftsminister Michael Glos in einer ersten Reaktion. "Die Wachstumsabschwächung im zweiten Quartal hatten wir erwartet", sagte Glos.

Zwar hätten die Finanzkrise, die hohen Ölpreise und der starke Euro die Konjunktur belastet. Die deutsche Wirtschaft habe aber ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit und Widerstandskraft in den vergangenen Jahren erhöht.

Erste Stimmen aus dem Markt

"Insgesamt sind die Daten keine so große Überraschung", meinte Sebastian Wanke von der Dekabank. "Zwar ist es nicht so ein starker Rückgang im zweiten Quartal wie erwartet, dafür haben wir aber die Revision nach unten im ersten Quartal. Die Zahlen scheinen im Hinblick auf die pessimistischen Meldungen der vergangenen Tage und Wochen nicht so dramatisch."

"Im Grunde gibt es aber Probleme an allen Fronten", so Wanke weiter. "Wenn man sich die Frühindikatoren anschaut, heißt das nichts Gutes für das laufende Quartal. Wir erwarten auch im dritten Vierteljahr eine leichte Schrumpfung des Bruttoinlandsproduktes. Das wäre dann eine technische Rezession." Es bestünden Hoffnungen, dass "bei nachlassender Inflation und dem soliden Arbeitsmarkt der private Konsum teilweise in die Bresche springen kann für die schwächere Auslandsnachfrage".

Zwei Schrumpfquartale in Folge?

"In den nächsten Monaten dürfte es ziemlich schwach weitergehen", prognostizierte auch Gerd Hassel von der BHF Bank. "Die Klimaindikatoren zeigen deutlich, dass die Unternehmen und auch die Haushalte sehr viel pessimistischer geworden sind. Auch sind Auftragseingänge und Produktion zurückgegangen."

"Für dieses Jahr erwarten wir sehr schwache Wachstumsraten von Quartal zu Quartal", erklärte Hassel. "Wahrscheinlich kommt es zur Rezession, denn nach diesem wegen eines technischen Rückschlags sehr schwachen zweiten Quartal werden wir auch ein sehr schwaches drittes Quartal sehen."

Optimismus bei Goldman Sachs

"Wir erwarten eine Stabilisierung, auch weil die Ölpreise deutlich gesunken sind und der Euro schwächer geworden ist", hielt Goldman-Sachs-Analyst Dirk Schumacher dagegen. "Wir werden aber in den kommenden Quartalen nur ein schwaches Wachstum sehen."

Quelle: ntv.de

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