Aktionäre feiern Rückzug E.on plant kleinere Schritte
03.04.2007, 11:51 UhrDeutschlands Energieriese E.on will die Pleite im Übernahmekampf um Endesa rasch wegstecken und nun auf Umwegen seine Marktmacht in Europa ausbauen. Konzernchef Wulf Bernotat wertete die Vereinbarungen mit den siegreichen Rivalen Enel und Acciona zur Aufteilung des Endesa-Geschäfts einen Tag nach dem Rückzug als gute Basis für weiteres Wachstum.
Das Ziel, mit einem Schlag in die Weltspitze der Strom-und Gasversorger aufzurücken, hat E.on zwar verfehlt. Mit den gesparten Milliarden im Rücken sei das Unternehmen aber bereit, weitere Konsolidierungsschritte in Europas Energiebranche aktiv mitzugestalten, kündigte Bernotat in Madrid an. "Nach der Übernahme der Beteiligungen in Spanien, Italien und Frankreich wird E.on weiterhin über eine hohe Finanzkraft verfügen, die uns Handlungsspielräume sichert."
Die Aufgabe in dem mit verbissener Härte geführten Poker um den größten spanischen Versorger, der den Preis zuletzt auf gut 42 Mrd. Euro hoch trieb, sorgte bei E.on-Aktionären für Erleichterung. Der Aktienkurs sprang über sieben Prozent in die Höhe. Laut Analysten dürfen Anteilseigner nun sogar hoffen, dass aus der prall gefüllten Konzernkasse für sie eine Sonderdividende herausspringt oder der Vorstand einen Teil des Geldes in Aktienrückkäufe steckt. Bernotat kündigte an, dass E.on seine "Finanzposition überprüfen" werde.
Auch aus Reihen der Politik, die sich in Fragen der Energiewirtschaft angesichts des geringen Wettbewerbs und der Bedeutung für die nationale Versorgung gerne einmischt, kamen versöhnliche Töne. "Die Bundesregierung begrüßt, dass es eine solche Verständigung gibt", sagte ein Regierungssprecher. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) forderte die spanische Regierung jedoch auf, dem Kompromiss nicht wieder Steine in den Weg zu legen. "Ich hoffe, dass die Lösung nicht weiter blockiert wird und voran geht", sagte er. Die Regierung in Madrid, die das Übernahmeangebot von E.on massiv torpediert hatte, zeigte sich nun zufrieden, dass Endesa der Einigung zufolge auf dem Heimatmarkt zumindest nicht zerschlagen werden soll. Die Opposition wetterte hingegen, dass Endesa dafür künftig von der italienischen Regierung als Haupteigentümer der Enel mitbestimmt werde. EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes kündigte eine Prüfung der Vereinbarung an.
Am Widerstand in Spanien zerbrochen
Der E.on-Vorstand hatte nach mehr als einem Jahr und immer neuen Preisaufschlägen auf das ursprüngliche Angebot von 29 Mrd. Euro am Vorabend aufgegeben. Zu mächtig war die Position, die sich Enel und der Baukonzern Acciona bei Endesa aufgebaut haben, um noch eine eigene Mehrheit zu erzielen. Während E.on der Kauf von Endesa-Aktien im laufenden Verfahren untersagt war, hatten sich die Rivalen hinterrücks bereits mit 46 Prozent eingedeckt. Sie sollen nun Endesa selbst übernehmen und haben im Gegenzug E.on große Beteiligungspakete zugesagt.
E.on wird demnach die europäischen Vermögenswerte von Endesa außerhalb Spaniens übernehmen. Zudem wollen die Düsseldorfer das Spanien-Geschäft der Enel-Tochter Viesgo, mit Ausnahme der erneuerbaren Energien. In Spanien steige E.on zum viertgrößten Energiekonzern auf. "An unserem Ziel, unter den Top Drei Unternehmen im spanischen Energiemarkt vertreten zu sein, halten wir unvermindert fest", betonte Bernotat. In Italien werde E.on nun der viertgrößte Stromerzeuger, in Frankreich die Nummer drei. Bernotat deutete zudem an, dass E.on in Großbritannien und Russland zukaufen könnte, wollte aber keine näheren Angaben machen. In Südamerika geht E.on aber leer aus. Das Geschäft, in dem Endesa stark vertreten ist, reißen sich offenbar Enel und Acciona unter den Nagel. Dafür muss E.on für alle geplanten Transaktionen nur noch rund zehn Mrd. Euro berappen.
E.on dürfte einen Teil der gesparten Gelder nun ausschütten, um mit einer gut gefüllten Kasse nicht selbst vom Jäger zum Gejagten in der von Megafusionen geprägten Branche zu werden. Auch wenn Bernotat diese Gefahr nach eigener Aussage angesichts der Größe von E.on nicht sieht. Analyst Ingo Becker von Kepler Equities sagte: "Ich gehe davon aus, dass E.on nun einen Teil des Geldes, den es nicht ausgeben konnte, an die Aktionäre zurückgeben wird." Er und viele seiner Kollegen bewerteten den E.on-Rückzug positiv. "Die Alternative zu der Einigung wäre gewesen, auf Jahre hinaus in einer Minderheitsposition gefangen zu sein, oder mit leeren Händen abzuziehen", sagte Becker.
Quelle: ntv.de