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Debatte um Zinssenkungen EZB-Spielraum ausgereizt?

Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht nur noch begrenzten Spielraum für Zinssenkungen in der Euro-Zone. "Wir sind dem Punkt recht nahe, an dem die Wirksamkeit von Zinsschritten ausgereizt ist", sagte der für Europa zuständige IWF-Experte Marek Belka in Paris. Die Zinsen seien nun nahe einer gewissen Untergrenze.

Diese Meinung vertraten auch die meisten Volkswirte der öffentlichen Banken. Die EZB werde in den nächsten Monaten eher alternative Instrumente der Geldpolitik nutzen, um den stockenden Kreditmarkt in Gang zu bringen, erläuterte Ulf Krauss von der Landesbank Hessen-Thüringen bei einer Veranstaltung des Bundesverbands Öffentlicher Banken (VÖB). "Der Nutzen von noch weiter sinkenden Zinsen ist begrenzt", stimmte DekaBank-Volkswirt Ulrich Kater zu. Denn Zinssenkungen der EZB würden von den Banken nur zögernd an Kunden weitergegeben. Durch den Ankauf von Anleihen vergebe die EZB aber praktisch direkt Kredite am Bankensektor vorbei: "Das ist sehr, sehr effektiv."

DZ-Bank-Experte Thomas Meißner ist anderer Ansicht: "Ich glaube, dass die EZB nicht mit einem Prozent davonkommen wird. Warum soll sie mit unkonventioneller Geldpolitik voranschreiten, wenn sie die Möglichkeiten der konventionellen Geldpolitik noch gar nicht ausgeschöpft hat." Für die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihen prognostizieren die meisten Experten der VÖB-Mitgliedsbanken für die nächsten sechs Monate einen leichten Aufwärtstrend.

Nur langsame Erholung erwartet

Bei der Wirtschaftsentwicklung in Europa erwarten die Volkswirte im nächsten Jahr eine zaghafte Erholung. "Ich glaube, dass wir den Tiefpunkt erreicht haben", sagte Helaba-Experte Krauss. "Wir werden kein Durchstarten sehen, aber eine Stabilisierung." Die Aktienmärkte, die mit ihren seit einigen Wochen wieder steigenden Kursen auf einen schnellen Aufschwung setzten, böten ein zu optimistisches Bild, urteilte auch Meißner. "Wir können uns im nächsten Jahr eine Aufwärtsentwicklung vorstellen, einen Aufschwung wird es aber mitnichten geben."

Mit der steigenden Arbeitslosigkeit und den engen finanziellen Spielräumen der Unternehmen seien keine Impulse für die Konjunktur durch privaten Konsum oder Investitionen zu erwarten, erläuterte Dirk Gojny von der HSH Nordbank. Positive Effekte brächten nur die staatlichen Konjunkturprogramme.

Die EZB hatte vorige Woche den Schlüsselzins um einen Viertelprozentpunkt auf ein Prozent gesenkt. Ob mit dem nun erreichten Niveau ein Tiefpunkt erreicht wurde, wie es Bundesbank-Chef Axel Weber mehrfach gefordert hat, ließ EZB-Präsident Jean-Claude Trichet allerdings offen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Leitzins seit dem Höhepunkt der Krise im Herbst bereits um 3,25 Prozentpunkte gekappt. Damit reagierten die Hüter des Euro jedoch zögerlicher als ihre Kollegen in den USA und Großbritannien, die bereits seit längerem im Kampf gegen die Finanzkrise auf eine Nullzinspolitik umgeschaltet haben.

Quelle: ntv.de

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