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Mini-Leitzinssenkung EZB lässt sich Luft

Die Europäische Zentralbank (EZB) hält trotz der scharfen Rezession ihr Pulver trocken und wird deshalb zur Zielscheibe massiver Kritik. Die Hüter des Euro senkten überraschend ihren Leitzins lediglich um einen viertel Prozentpunkt auf 1,25 von 1,5 Prozent. Zwar liegt der Leitzins damit so niedrig wie noch nie in der Geschichte der Währungsunion. Finanzmärkte und Öffentlichkeit hatten jedoch mit einem deutlicheren Abwärtsschritt gerechnet, nachdem sich die Konjunktur in der Euro-Zone zuletzt weiter eingetrübt hatte.

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet signalisierte bei der Pressekonferenz im Anschluss an die Entscheidung des EZB-Rats, dass die Währungshüter beim Leitzins nochmals nachlegen könnten. "Sind wir schon an der unteren Grenze angelangt? Was das Hauptrefinanzierungsgeschäft anbelangt, sage ich ganz offen, dass es nicht die Untergrenze ist. Ich schließe nicht aus, dass wir in sehr maßvoller Weise vom aktuellen Niveau nach unten gehen könnten." Die EZB sei außerdem gegebenenfalls bereit, unkonventionelle geldpolitische Maßnahmen zu ergreifen. Trichet: "Details dazu gibt es das nächste Mal (nächsten Monat)."

EZB-Vize Lucas Papademos sagte, er habe mit Äußerungen in der vergangenen Woche die Märkte nicht auf einen Kurswechsel vorbereiten wollen. Aussagen von Papademos in Brüssel hatten zu Spekulationen geführt, die EZB könne dem Vorbild der Fed und anderer Notenbanken folgen und über den Ankauf von Unternehmensanleihen und anderen Wertpapieren Milliarden in den Wirtschaftskreislauf pumpen. Viele Zentralbanken, darunter die US-Notenbank Fed, versuchen seit einiger Zeit, ihre Volkswirtschaften auf diese Weise mit Geld zu fluten, um einen Kollaps zu verhindern.

DGB nennt Schritt unverantwortlich

Kritik an der im Vergleich dazu vorsichtigen Politik der EZB kam von Gewerkschaften und aus der Finanzwirtschaft. "Es ist unverantwortlich, in der jetzigen Situation die Zinsen nicht radikal zu senken", sagte DGB-Chefvolkswirt Dierk Hirschel zu Reuters. Die EZB nehme in Kauf, dass sich die Krise dadurch weiter verschärfe. "Sie gefährdet damit Arbeitsplätze und riskiert weitere Unternehmenspleiten." Der Bundesverband Öffentlicher Banken (VÖB) kritisierte die EZB als "zu defensiv". "Ein wichtiger Beitrag zur Krisenbewältigung wäre neben einer deutlichen Zinssenkung auch eine intensivere Abstimmung unter den führenden Zentralbanken".

Am Finanzmarkt sorgte der Überraschungscoup der Frankfurter Währungshüter für Verunsicherung. Am Rentenmarkt rauschten die Kurse in den Keller. Der Bund-Future fiel um rund 100 Ticks. Am Devisenmarkt kletterte der Euro über die Marke von 1,34 Dollar. Am Geldmarkt war damit gerechnet worden, dass die EZB die Fristen ihrer Refinanzierungsgeschäfte mit den Banken auf bis zu zwölf Monaten verlängern könnte. Auch hier enttäuschte die Notenbank die Erwartungen.

Quelle: ntv.de

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