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Noch keine Normalität Ein Jahr Finanzkrise

Ein Jahr nach Ausbruch der weltweiten Finanzkrise geben die Banken und Sparkassen in Deutschland noch keine Entwarnung. Führende Vertreter des genossenschaftlichen, des öffentlich-rechtlichen und des privaten Finanzsektors weisen auf anhaltende Risiken für die Branche hin. Rekordgewinne dürften vorerst der Vergangenheit angehören. Für die meisten deutschen Institute sehen die Banker aber - anders als bei vielen ausländischen Geldhäusern - keine Notwendigkeit für eine Stärkung der Eigenkapitalbasis.

"Das Jahr 2008 wird wie schon das zweite Halbjahr 2007 insgesamt schwierig für die Banken", sagt der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, Manfred Weber. "Der Kern des Problems bleibt noch ungelöst: Die Preise am US-Immobilienmarkt geben weiter nach." Zudem stagniere die Wirtschaft in den USA. Die endgültige Belastung für die Banken in Folge der Krise sei noch immer nicht bezifferbar. Neue Wertberichtigungen seien angesichts weiter sinkender Kurse für strukturierte Anleihe-Produkte nicht auszuschließen. Allein beim Marktführer Deutsche Bank rechnen Experten mit zusätzlichen Belastungen in Milliardenhöhe.

Die Institute sind Weber zufolge gefordert, sich dem veränderten Marktumfeld anzupassen und neue Ertragsquellen erschließen. "Die Rückkehr zur Normalität wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen", stellt Heinrich Haasis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) fest. Es gebe zwar ermutigende Signale, dass das Schlimmste ausgestanden sei, aber am Geldmarkt seien die Anspannungen weiter groß. Vor allem Provisionseinnahmen aus der Entwicklung, Platzierung und Finanzierung komplexer Anleihe-Produkte sowie aus der Fusionsberatung dürften einbrechen oder ganz wegfallen.

Seit Beginn der Finanzkrise, die ihren Ursprung vor einem Jahr am US-Immobilienmarkt genommen hat, mussten Banken weltweit über 392 Mrd. Euro abschreiben. Fehlspekulationen mit Ramschhypotheken aus den USA brachten Institute wie die IKB oder die SachsenLB an den Rand des Zusammenbruchs. Über den Weiterverkauf von Subprime-Krediten in Form komplexer Anleihe-Pakete nahm die Krise globale Ausmaße an. Landesbanken sind in Deutschland besonders stark betroffen.

"Opfer einer selbst initiierten Gier nach Rendite"

Die Genossenschaftsbanken, die bis jetzt relativ glimpflich durch die Krise gekommen sind, sehen die Hauptgründe für die Probleme in einer unverantwortlichen Kreditvergabe und einer riskanten Anlagepolitik. "Wir müssen hier sicherlich von einem Versagen der Banker sprechen", sagt der scheidende Präsident des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), Christopher Pleister. Auch sein Sparkassen-Amtskollege Haasis kritisiert große Teile der Kreditwirtschaft: "Sie sind Opfer einer selbst initiierten Gier nach immer mehr Rendite geworden." Während die privaten Banken und die Genossen als Reaktion eine schärfere Kontrolle der Finanzinstitute strikt ablehnen, fordern die Sparkassen eine stärkere Regulierung von Investmentbanken.

Einig sind sich die Bankenverbände, dass die Krise die Rentabilität vieler Institute empfindlich schädigt. "Institute ohne nachhaltig profitables Geschäftsmodell werden nicht dauerhaft lebensfähig sein", sagt Weber. Derzeit gebe es aber trotz teils hoher Wertberichtigungen keine Anzeichen für weitere Schieflagen. Um die im internationalen Vergleich geringen Gewinne der deutschen Banken zu stärken, fordert der Bankenverband Zusammenschlüsse unter den Geldhäusern. Die Politik solle Rahmenbedingungen schaffen, dass auch Fusionen mit öffentlich-rechtlichen Instituten wie den Landesbanken möglich seien. Das Sparkassen-Lager sieht dies kritisch, erkennt aber in Folge der Krise grundsätzlichen Anpassungsbedarf: "Ein 'weiter so', nachdem die Schwierigkeiten überstanden scheinen, darf es nicht geben", sagt Haasis.

Quelle: ntv.de

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