Stromnetz-Debatte Eon-Boss will Netz AG
01.03.2008, 09:52 UhrEon-Vorstandschef Wulf Bernotat will der Bundesregierung in den nächsten Wochen Vorschläge für die weitere Zukunft der Stromnetze in Deutschland unterbreiten. Dazu gehöre auch die Gründung einer Netz AG, an der sich verschiedene Investoren beteiligen könnten, erläuterte Bernotat im "Spiegel". Damit bleibe "die für die Versorgungssicherheit äußerst wichtige Infrastruktur zumindest im Einflussbereich der Regierung".
Wie das Blatt weiter berichtet, hat Bernotat erst vor drei Wochen Kontakt zu EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes aufgenommen. Sie habe ihm den Vorschlag unterbreitet, die Kartellverfahren im Strombereich nicht weiterzuverfolgen, falls Eon im Gegenzug bereit wäre, sich von Stromnetzen und Kraftwerken zu trennen. Details des überraschenden Deals seien dann zwischen den beiden in den vergangenen Wochen telefonisch ausgehandelt worden.
"Ich bin weit davon entfernt, zu sagen, das war ein genialer Befreiungsschlag", sagte Bernotat. Es sei aber "unter den gegebenen Umständen" das Beste gewesen, "was wir erreichen konnten". Die Bundesregierung hatte Berichte über eine mögliche Veräußerung der Übertragungsnetze von E.ON zurückhaltend zur Kenntnis genommen. Man respektiere die unternehmerische Position von Eon, die Regierung vertrete aber eine dezidiert andere politische Haltung und werde auch weiterhin gegen die Entflechtungspläne der EU-Kommission vorgehen, hatte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg erklärt.
Der Betrieb von Stromnetzen in Deutschland lohne sich kaum noch, sagte Bernotat weiter. So müsse sein Konzern in den nächsten Jahren rund zwei Milliarden Euro für den Anschluss von Windparks in die Netze investieren. Die maximale Rendite für diese Investitionen habe die Bundesnetzagentur auf bis zu 3,6 Prozent festgelegt. "Das ist lächerlich und würde bei Neuinvestitionen sofort zu hohen Wertberichtigungen in der Bilanz führen".
Kritik der Verbraucherschützer
Unterdessen warnten Verbraucherschützer haben vor einem übereilten Stromnetzverkauf. "Mit einem kurzfristigen Verkauf an Gazprom & Co. und ohne klare Kriterien erweisen wir dem Energiemarkt und den Kunden einen Bärendienst", sagte der Vorstand der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), Gerd Billen, in einem Zeitungsinterview. Der neue Besitzer müsse in Qualität und Ausbau investieren. Die Bundesregierung sei jetzt gefordert, diese Chance zu ergreifen: Wenn die richtigen Rahmenbedingungen gesetzt würden, könnte dies am Ende mehr Qualität, mehr Wettbewerb und stabile Preise bedeuten.
Der Energieexperte des Bundesverbandes vzbv, Holger Krawinkel, ging mit der Bundesregierung hart ins Gericht: Ihr fehle ein ordnungspolitisches Konzept. Berlin habe bislang immer nur in Dimensionen nationaler Champions gedacht und deshalb gegen die von der EU geplante Entflechtung der Konzerne gekämpft. Für den jetzt von den Energiekonzernen Eonnd Vattenfall geplanten Verkauf der Hochspannungsnetze gebe es keinerlei Pläne, sagte Krawinkel der "Frankfurter Rundschau"
Quelle: ntv.de