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Russischer Milliardär übernimmt "Evening Standard" für 1 Pfund

Erstmals steigt ein russischer Ex-Spion und Milliardär in den britischen Zeitungsmarkt ein: Der Oligarch und frühere KGB-Spion Alexander Lebedew übernimmt die kriselnde Londoner Zeitung "Evening Standard" für den symbolischen Preis von einem Pfund (rund 1,1 Euro). Der 49-Jährige werde den Mehrheitsanteil der Boulevardzeitung erwerben, teilte der bisherige Eigentümer Daily Mail & General Trust (DMGT) mit. Den Restanteil von 24,9 Prozent behält die DMGT-Zeitungsgruppe Associated Newspapers, zu der auch die konservative Zeitung "Daily Mail" gehört.

Der Einstieg ist brisant, da die Beziehungen zwischen Russland und Großbritannien äußerst angespannt sind, seit der Ex- Geheimdienstmitarbeiter Alexander Litwinenko vor mehr als zwei Jahren in London ermordet wurde, und Russland den Hauptangeklagten nicht ausliefern will. Auch befürchten Kritiker eine Einflussnahme des neuen Eigentümers auf die Redaktion.

Lebedew hatte früher als Spion für den sowjetischen Geheimdienst in London gearbeitet und nach eigenen Angaben auch regelmäßig den "Evening Standard" gelesen. Er wolle aber nach seinen eigenen Worten "so gut wie gar keinen Einfluss" auf die Redaktion nehmen. "Wir unterstützen eine freie und unabhängige Presse und wir bewundern den "Evening Standard" als ikonische Publikation", versicherte Lebedew, der zuletzt auch mit dem Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow die Gründung einer russischen Oppositionspartei angekündigt hatte. DMGT-Chef Martin Morgan sagte, der Einstieg garantiere die Zukunft der verlustbringenden Zeitung.

Lebedew, der kürzlich den geplanten Kauf des deutschen Reisenunternehmens Öger Tours platzen lassen musste, hält in Russland Anteile an der regierungskritischen Zeitung "Nowaja Gaseta", für die auch die Kremlkritikerin Anna Politkowskaja vor ihrer Ermordung gearbeitet hatte. Er ist auch an Banken, Energiekonzernen und der Fluglinie Aeroflot beteiligt. Sein Vermögen wird auf 3,1 Mrd. Dollar geschätzt.

Der "Evening Standard" erscheint unter der Woche in mehreren Ausgaben am Nachmittag. Er hat eine Auflage von knapp 300.000 Stück, leidet aber seit Jahren an Anzeigenverlusten und sinkenden Umsätzen. Vor allem die Konkurrenz durch Gratisblätter, die für Pendler in den Londoner öffentlichen Verkehrsmitteln verteilt werden, macht dem Blatt zu schaffen.

Nach Angaben des bisherigen Eigentümers soll ein Redaktions- Komitee eingerichtet werden, um die journalistische Unabhängigkeit der Zeitung zu garantieren. DMGT-Chef Morgan betonte, Lebedew habe unter seinen Mitarbeitern in Russland einen guten Ruf und beeinflusse die journalistische Entscheidungen nicht. Die Übernahme soll im Februar nach Beratungen mit der Belegschaft abgeschlossen sein. Es wurde nicht bekannt, ob Stellen abgebaut werden. Der "Evening Standard" hat rund 400 Mitarbeiter. Die Zeitung wird in die neu eingerichteten Firma Evening Press übergehen, die Lebedew zusammen mit seinem Sohn Jewgeni gegründet hat.

Quelle: ntv.de

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