Wie 1996 Inflation im Rekordtief
16.04.2009, 15:18 UhrDie Inflation in der Euro-Zone ist im März auf ein Rekordtief gefallen. Verglichen mit dem Vorjahr verteuerte sich die Lebenshaltung um nur noch 0,6 Prozent, wie das Europäische Statistikamt (Eurostat) nach endgültigen Berechnungen mitteilte und damit erste Schätzungen bestätigte. Das ist die niedrigste Teuerungsrate seit Beginn der Datenerhebung 1996. Verglichen mit März stiegen die Verbraucherpreise um 0,4 Prozent. Experten erwarten für die kommenden Monate einen weiteren Rückgang der Inflation und sogar fallende Preise.
Deutschland hat durchschnittlich eine der niedrigsten Teuerungsraten in Europa. Über zwölf Monate bis einschließlich März 2009 verzeichnete die Bundesrepublik einen Durchschnittswert von 2,2 Prozent, teilte Eurostat mit. Damit liegt Deutschland zusammen mit den Niederlanden auf Platz zwei hinter Portugal mit 1,9 Prozent.
Der wichtigste Grund für den Preisverfall ist der Ölpreis, der im vergangenen Jahr die Teuerung auf das Rekordhoch von vier Prozent getrieben hat. Inzwischen kostet der wichtige Rohstoff aber ungefähr zwei Drittel weniger - und drückte damit die Inflation. Wenn man die Energiepreise herausrechnet, verteuerte sich die Lebenshaltung in der Euro-Zone um 1,6 Prozent nach 1,8 Prozent im Februar. Das deute darauf hin, dass die Rezession bereits jetzt die Inflationsrate nach unten treibe, sagte Fortis-Experte Nick Kounis. Damit steige der Druck auf die Europäische Zentralbank, ihre Geldpolitik weiter zu lockern. Die EZB sieht stabile Preise bei Teuerungsraten von knapp zwei Prozent gewährleistet.
Die Währungshüter haben ihren Leitzins bereits auf das Rekordtief von 1,25 Prozent gesenkt. Führende EZB-Banker haben eine weitere Zinssenkung in Aussicht gestellt, sind sich aber uneinig, ob der Zinssatz auch unter ein Prozent reduziert werden soll. Zudem hat EZB-Chef Jean-Claude Trichet angekündigt, sich nach der nächsten Zinsentscheidung im Mai zu Maßnahmen alternativer Geldpolitik zu äußern. Andere Notenbanken wie die US-Zentralbank Fed, die Bank von England und die Bank von Japan, haben inzwischen ihre Zinssätze in die Nähe von Null gesenkt und kurbeln die Wirtschaft mit unkonventionellen Maßnahmen wie etwa dem Kauf von Staatsanleihen an. Eine Nullzinspolitik lehnen die Währungshüter in der Euro-Zone aber ab.
Die Teuerungsraten dürften binnen weniger Monate unter null fallen, sagten Experten. "Den Tiefpunkt sollten wir im Juli mit minus 0,5 Prozent sehen", sagte Unicredit-Experte Marco Valli. Bereits jetzt sind die Verbraucherpreise in einigen Ländern der Euro-Zone rückläufig, wie in Irland, Portugal, Luxemburg und Spanien. Der Währungsraum stehe aber nicht vor einem hohen Risiko einer Deflation, sagte EZB-Direktoriumsmitglied Jose Manuel Gonzalez-Paramo in einer Internet-Diskussion, die von der spanischen Zeitung El Mundo geleitet wurde. "Die Gefahr, dass das passiert, ist im Moment nicht groß." Sinken die Preise, besteht die Gefahr, dass sich Verbraucher in der Hoffnung auf weiter fallende Preise mit ihren Einkäufen zurückhalten. Dabei kann eine Abwärtsspirale in Gang kommen, die letztlich in einer Lähmung der Wirtschaft mündet. Japan konnte sich erst vor wenigen Jahren aus einer Deflationsphase befreien, die etwa ein Jahrzehnt angedauert hat.
Quelle: ntv.de