Gedrückte Stimmung Krisentreffen in Davos
28.01.2009, 18:11 UhrZum Weltwirtschaftsforum im Schweizer Wintersportort Davos sind viele der rund 1400 Konzernchefs mit weniger Optimismus angereist als in früheren Jahren. Darauf deutet eine zur Eröffnung der Veranstaltung vorgelegte Umfrage der Unternehmensberatungsfirma PricewaterhouseCoopers hin. Die große Mehrheit der rund 1100 befragten Firmenchefs geht von einer lang anhaltenden und tiefgreifenden Rezession aus.
Ähnliche Töne waren auch von anderen Forumsteilnehmern zu hören. Die durch die Finanzkrise verursachte Wirtschaftskrise werde noch eine Weile anhalten, sagte Lars Thunnel, der Chef der Weltbanktochter International Finance Corporation (IFC). "Die Erfahrung und wissenschaftliche Studien zeigen, dass dies einige Jahre dauern kann", sagte Thunnel. Stephen Roach, der Chef des Morgan-Stanley-Asiengeschäfts, erwartet für die kommenden drei Jahre eine äußerst harte Zeit. "Wir müssen davon ausgehen, dass eine Erholung, wenn sie im Laufe des Jahres kommt, sehr blutleer ausfallen wird".
Soros für umfassende Reform
Der US-Großinvestor und Milliardär George Soros sprach sich für die Errichtung eines neuen Finanzsystems und weitere Hilfen für die Bankenbranche aus. Vor diesem Hintergrund forderte Soros auch die Errichtung von "Bad Banks".
Das gegenwärtige Finanzsystem ist seiner Ansicht nach "dysfunktional". Die Hypothese des "effizienten Marktes" sei widerlegt worden. Die weltweiten Banken benötigten trotz der bisherigen Hilfen noch weitere Kapitalspritzen in Höhe von etwa 1,5 Bio. Dollar. Soros' Einschätzung nach muss sich für eine Lösung der Finanzkrise "ein neues System entwickeln". So sollten in Zukunft Regulierer nicht nur die Geldmenge überwachen, sondern auch die Kreditversorgung. Dadurch würde vermieden, dass Fehlbewertungen wie im US-Häusermarkt sich nicht selbst verstärkten.
Währungsunion nicht in Gefahr
EZB-Präsident Jean-Claude Trichet sieht trotz des zunehmenden Renditeabstands zwischen den Staatsanleihen verschiedener Mitgliedsländer keine Gefahr für den Bestand der europäischen Währungsunion. Die Regierungen jener Staaten, deren Anleihen am Kapitalmarkt mit einer höheren Verzinsung gehandelt würden, seien aufgefordert alles zu tun, um das Vertrauen in ihre Finanzpolitik wieder herzustellen, sagte Trichet auf dem Weltwirtschaftsforum. "Ich denke nicht, dass das ein Risiko für den Fortbestand der Euro-Zone ist", sagte Trichet. "Regierungen müssen aber den Stabilitäts- und Wachstumspakt beachten."
Hintergrund der Diskussion um eine mögliche Gefährdung des Fortbestandes der rund zehn Jahre alten Währungsunion ist der zuletzt kräftig gestiegene Abstand zwischen den Renditen von Staatsanleihen einzelner Länder im Vergleich zu deutschen Bundesanleihen. Diese gelten als besonders ausfallsicher, damit besonders risikoarm und somit renditeschwach. Anleihen einiger anderer Länder, wie zum Beispiel Griechenland, werfen derzeit deutlich mehr Rendite ab, was einer höheren Risikobewertung durch Investoren entspricht. Dadurch steigen die Refinanzierungskosten der betroffenen Länder, was wiederum zu höheren Schulden und in letzter Konsequenz zum Bruch der Währungsunion führen könnte.
Quelle: ntv.de