Alle Augen auf Barclays Lehman hofft und bangt
16.09.2008, 15:48 UhrDie britische Bank Barclays steht Kreisen zufolge kurz vor der Übernahme der US-Broker-Sparte der kollabierten US-Investmentbank Lehman Brothers. Ein Abschluss der Transaktion sei aber noch nicht sicher, hieß es am Dienstag. Das "Wall Street Journal" berichtete, Barclays stehe kurz vor dem Kauf von US-Vermögenswerten Lehmans im Wert von rund zwei Milliarden Dollar.
Zuvor hatte Großbritanniens drittgrößte Bank in einer Mitteilung an die US-Aufsichtsbehörde SEC bestätigt, dass sie mit Lehman über den Kauf einzelner Sparten verhandelt. Erst am Wochenende hatte Barclays allerdings Gespräche über eine komplette Übernahme der schwer angeschlagenen US-Investmentbank platzen lassen und damit auch zum kurzfristigen Insolvenzantrag von Lehman nach US-Gläubigerschutzrecht beigetragen.
Jetzt arbeiten Vertreter beider Finanzhäuser offenbar an einem Plan, der nicht nur den Betrieb einiger Lehman-Geschäftsbereiche sondern auch viele Arbeitsplätze sichern solle. Eine Einigung sei aber noch nicht erzielt und es blieben noch viele offene Fragen, zitiert die Zeitung seinen Informanten. Noch sei beispielsweise keine Einigung über einen Preis getroffen worden.
Nach Informationen des WSJ sollen riskante Anlagen wie hypothekenbesicherte Wertpapiere zur Liquidation bei Lehman verbleiben. Mindestens 10.000 Lehman-Angestellte aus dem Broker-Dealer-Geschäft dürften zu Barclays wechseln, sollte die Transaktion zustande kommen.
Barclays an Kerngeschäften interessiert
Alle Kerngeschäfte der Lehman Brothers Holdings - also das Geschäft mit dem Underwriting von Aktien und Anleihen, die M&A-Beratung sowie der Wertpapierhandel - sollen Barclays verkauft werden, sagte einer der Informanten der Zeitung. Eine weitere, mit den Verhandlungen vertraute Person sagte, es solle "so schnell wie möglich" zur Übertragung auf die britische Großbank kommen.
Barclays hat offenbar auch ein Auge auf Lehman-Aktiva außerhalb des US-Marktes geworfen und ist etwa am Kanada-Geschäft der insolventen US-Investmentbank interessiert. Zudem erwägt die drittgrößte britische Bank den Kauf des Broker-Dealer-Segments in Großbritannien zu einem späteren Zeitpunkt. Ein Barclays-Sprecher wollte den Bericht des "WSJ" nicht kommentieren.
Bis zum Wochenende gehörte Barclays neben der Bank of America zu den potenziellen Käufern von Lehman Brothers. Am Sonntag zog sich die britische Bank jedoch zurück und erklärte nach dem Insolvenzantrag von Lehman, eine Übernahme wäre nicht im Interesse der eigenen Anteilseigner gewesen.
Da die Bank of America Übernahme von Lehman Brothers ebenfalls absagte und stattdessen die Fusion mit Merrill Lynch bekannt gab, musste Lehman Brothers am Montagmorgen Gläubigerschutz nach Chapter 11 des US-Insolvenzrechtes beantragen.
Quelle: ntv.de