Rettungsfonds sucht Opfer Merkel ermuntert Banker
01.11.2008, 12:01 UhrBundeskanzlerin Angela Merkel hat an die Banken appelliert, den staatlichen Rettungsfonds zu nutzen. Die Bundesregierung habe das Paket schnell und entschlossen geschnürt, sagte Merkel in einer im Internet veröffentlichten Video-Botschaft. "Jetzt geht es darum, dass unsere Banken und Finanzinstitutionen dieses Paket auch in Anspruch nehmen."
Die Kanzlerin betonte, die Geldhäuser müssten nun wieder "ihre ureigenen Aufgaben" wahrnehmen - Einlagen zu verwalten und Kredite zu vergeben. Dies sei gerade für mittelständische Betriebe wichtig.
Die Bundesregierung setzt weiter auf eine freiwillige Teilnahme von deutschen Banken an ihrem 480-Milliarden-Euro-Hilfsprogramm. "Es gibt aktuell keinen Anlass, die Rechtsverordnung zu ändern", sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Torsten Albig, auf Anfrage.
Albig reagierte damit auf einen Vorabbericht des "Spiegel". Das Magazin hatte zuvor berichtet, die Regierung arbeite an Veränderungen des Pakets nach britischem Vorbild. Dort müssen Banken eine Kernkapitalquote von neun Prozent vorweisen. Institute, die diese Quote auf anderen Wegen nicht erreichen können, müssen das Geld vom Staat und damit eine öffentliche Beteiligung in Kauf nehmen.
Kein Zwang zur Hilfe?
In Deutschland stehen Zwangsmaßnahmen Albig zufolge nicht auf der aktuellen Agenda: "Wir gehen davon aus, dass schon in nächster Zukunft mehrere Kreditinstitute den Rettungsschirm nutzen werden", sagte er. Finanzkreisen zufolge hat die Commerzbank Interesse, sich über den Rettungsschirm frisches Kapital zu besorgen. Darüber werde der Aufsichtsrat am Dienstag beraten, hieß es.
Neben Landesbanken hat sich bisher erst die Hypo Real Estate (HRE) aus der Deckung gewagt. Die Banken fürchten, durch eine Teilnahme an dem Fonds stigmatisiert zu werden. Allerdings diskutieren nach bisher unbestätigten Informationen mehrere Geschäftsbanken seit längerem, die staatlichen Hilfen gemeinsam zu nutzen.
Der Finanzmarkt-Stabilisierungsfonds kann Garantien von bis zu 400 Mrd. Euro für die Geldgeschäfte der Banken untereinander abgegeben. Zudem stehen für unterkapitalisierte Banken bis zu 80 Mrd. Euro an Eigenkapitalhilfen bereit.
Falsche Scham
Nachdem die HRE als erste Privatbank von dem Rettungspaket der Bundesregierung Gebrauch gemacht hat, wollten sich zunächst weder Deutsche Bank noch Commerzbank, Postbank oder Dresdner Bank dazu äußern, ob sie Bürgschaften des Staates in Anspruch nehmen wollen. "Kein Kommentar", hieß es einheitlich aus den Instituten.
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hatte deutlich gemacht, dass er einen solchen Schritt begrüßen würde. Seinen Angaben zufolge wächst inzwischen auch die Bereitschaft der Institute. Der "Financial Times Deutschland" (FTD) sagte Steinbrück am Donnerstag, es werde in den nächsten vier bis fünf Tagen eine ganze Reihe von Instituten geben, die die Hilfe in Anspruch nehmen würden. Darunter seien auch Banken, die sich zuvor öffentlich anders geäußert hätten.
Mehrere Zeitungen berichteten, es gehe dabei um einen gemeinsamen Antrag führender Privatbanken auf Garantien. Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" sind alle vier oben genannten Banken an den Verhandlungen beteiligt. Die "FTD" hatte geschrieben, der Antrag auf Kreditbürgschaften könnte nach Börsenschluss an diesem Freitag und vor Öffnung der Börsen am Montag bei der staatlichen Stabilisierungsanstalt (SoFFin) eingehen.
Quelle: ntv.de