Verwirrung um Conti Noch keine Einigung
15.08.2008, 15:19 UhrIm Übernahmekampf um Continental gibt es bei den Verhandlungen zwischen Conti und der Schaeffler- Gruppe noch keine Einigung. Von einer Einigung könne noch lange keine Rede sei, die Gespräche stünden erst am Anfang, sagten mit den Vorgängen vertraute Personen. Sie widersprachen damit anderslautenden Medienberichten. Schaeffler und Conti hatten in dem seit Wochen andauernden Übernahmekampf ihre Bereitschaft zu einer friedlichen Einigung signalisiert und weitere Verhandlungen angestrebt. Conti hatte das Schaeffler-Übernahmeangebot von 70,12 Euro pro Aktie abgelehnt.
Im Gegenzug dafür, dass der größere Dax-Konzern Conti seinen erbitterten Widerstand gegen das Familienunternehmen Schaeffler aufgibt, bessert der fränkische Wälzlagerhersteller sein Übernahmeangebot an die Aktionäre von derzeit 70,12 Euro je Aktie nach. Es könnte letztlich auf einen Preis in der Größenordnung um 75 Euro herauslaufen, sagte eine der Personen mit direkten Kenntnissen vom Stand der Verhandlungen. Damit würde Conti mit gut zwölf Milliarden Euro bewertet. Zudem sichere Schaeffler zu, nach dem Einstieg die Unabhängigkeit von Conti zu wahren und die Arbeitsplätze zu erhalten. Die Conti-Aktie stieg um mehr als 1,4 Prozent auf 74,30 Euro. Conti und Schaeffler lehnten einen Kommentar ab.
Knackpunkt Mehrheitsübernahme
"Letzte Details wollen Conti und Schaeffler über das Wochenende klären", sagte ein Insider. Ein Knackpunkt sei noch die von Conti geforderte Verpflichtung Schaefflers, auch längerfristig keine Mehrheit anzustreben, hieß es von beiden Seiten. Kurzfristig will das Schaeffler auf keinen Fall, da sich für Conti bei einem Eigentümerwechsel die Refinanzierung deutlich verteuert. Denn die Conti-Gläubigerbanken haben in so einem Fall das Recht, die Milliardenschulden aus der VDO-Übernahme im vergangenen Jahr neu zu verhandeln. Dies wäre derzeit wegen der Finanzkrise nur zu deutlich schlechteren Konditionen möglich. "Continental steht jederzeit bereit, eine Einigung zu unterzeichnen - es kann jetzt ganz schnell gehen", sagte eine weitere mit dem Vorgang vertraute Person. Schaeffler hat sich bereits acht Prozent an Conti gesichert und könnte über Derivategeschäfte weitere 28 Prozent hinzubekommen. Damit wäre den Franken die Mehrheit auf Hauptversammlungen sicher.
Einen schnellen Wechsel an der Führungsspitze bei Continental wird es Kreisen zufolge aber wohl nicht geben. Conti-Chef Manfred Wennemer habe mit seinen soliden Kurs die Börse überzeugt und würde bei einem abrupten Abgang die Anleger vergraulen, hieß es. Allerdings könnte der Einstieg von Schaeffler nach Einschätzung von Beobachtern den Rückzug von Wennemer aus dem Tagesgeschäft beschleunigen. Der 60-Jährige hatte die Franken nach ihrem Heranschleichen an Conti als "egoistisch, selbstherrlich und verantwortungslos" gegeißelt. "Es ist nicht auszuschließen, dass Wennemer in einem Jahr in den Ruhestand geht", sagte ein Insider aus dem Conti-Umfeld.
Wennemer, dessen Vertrag Ende 2011 ausläuft, hatte in diesem Frühjahr seine Nachfolge bereits in die Wege geleitet. Als Kronprinzen gelten Finanzchef Alan Hippe und Vorstand Karl-Thomas Neumann.
Kein "Weißer Ritter" in Sicht
Dass die Einigung nun anscheinend schneller kommt als von vielen erwartet, hängt auch mit der schwächer gewordenen Verhandlungsposition von Conti zusammen. Dem Konzern war es trotz der Mandatierung von neun finanzstarken Beraterbanken nicht gelungen, einen "weißen Ritter" zu präsentieren, der ein genehmeres Übernahmeangebot vorgelegt hätte. "Druck haben auch die Autokonzerne gemacht, denen sehr an einer schnellen Einigung gelegen war", hieß es in Conti-Kreisen.
Die Zusage von Schaeffler zum Erhalt des Conti-Konzerns bringt es mit sich, dass bestehende Tarifverträge erhalten bleiben. Für welchen Zeitraum Schaeffler betriebsbedingte Kündigungen ausschließen will, ist aber noch unklar. Einschnitte aufgrund einer möglichen deutlichen Verschlechterung des wirtschaftlichen Umfelds sollen allerdings nicht ausgeschlossen werden. Die Einhaltung der Zusagen soll Kreisen zufolge Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder überwachen.
Quelle: ntv.de