Angst vor Imageschäden Nokia in der Defensive
25.01.2008, 14:43 UhrDie Produktionskosten im Bochumer Nokia-Werk sind nach Darstellung des Betriebsrats geringer, als von der Chefetage des Konzerns behauptet. Nokia-Chef Olli-Pekka Kallasvuo verschweige, dass neben der Produktion mit 1400 Beschäftigten rund 900 Mitarbeiter in Forschung und Entwicklung, im Servicecenter und dem Research-Center die Personalkosten in die Höhe treiben würden. Kallasvuo vergleiche Äpfel mit Birnen, teilte Betriebsratschefin Gisela Achenbach am Freitag in Bochum mit. Würde er Produktion gegen Produktion antreten lassen, würde zwischen dem finnischen Stammwerk Salo und Bochum kein Unterschied bestehen.
Der Betriebsrat des von den Schließungsplänen betroffenen Werks will über das weitere Vorgehen am Sonntag in einer Betriebsversammlung im Bochumer Ruhrcongress beraten. Über Sozialpläne wolle der Betriebsrat mit dem Management noch nicht reden. Noch gehe es darum, die komplette Schließung zu verhindern.
Im Ringen um die Zukunft des Nokia-Standorts Bochum setzt die NRW-Landesregierung weiter auf Gespräche mit der Chefetage des finnischen Handy-Weltmarktführers. Wie die Staatskanzlei am Freitag nach einem Treffen zwischen Nokia-Betriebsrat und der Landesregierung mitteilte, werde Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) "nach Aufhebung der Gesprächsblockade des Unternehmens vor einigen Tagen" in Kürze mit Konzernchef Olli-Pekka Kallasvuo sprechen.
Sorgen um das Image
Eine Sprecherin des Konzerns kündigte am Freitag an, dass Nokia-Vorstandsvorsitzender Oli-Pekka Kallasvuo in der nächsten Woche nach Deutschland kommen wolle, um über die geplante Schließung des Werks in Bochum zu verhandeln. Für den Nokia-CEO geht es nicht zuletzt darum, das Image des Konzerns auf seinem drittwichtigsten Markt zu retten. Denn angesichts der drohenden Schließung des Nokia-Werkes wollen inzwischen offenbar immer mehr Bundesbürger ihr Einkaufsverhalten überdenken.
Gleichzeitig wehrt sich der Konzern gegen einen Zeitungsbericht, wonach der Konzern Beschäftigten des Bochumer Werks Stellen in Rumänien anbieten wolle. "Dieses Gerücht entbehrt jeder Grundlage", sagte Nokia-Sprecherin Kristina Bohlmann in Düsseldorf. Es wäre auch zynisch, so etwas anzubieten, ergänzte sie. "Was stimmt ist, dass wir ein globales Stellensystem haben. Da kann sich jeder bewerben." In der Regel würden sich Mitarbeiter dort nur für Stellen im eigenen Land bewerben.
Zuvor hatte die "Rheinische Post" berichtet, die Nokia-Führungsspitze wolle den Beschäftigten in Bochum bei ihren Vorschlägen für einen Sozialplan unter anderem einen Wechsel nach Rumänien anbieten.
Glos überprüft Fördermittel
Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) prüfen lassen, ob für die umstrittene Werksverlegung nach Rumänien EU-Gelder geflossen sind. "Die EU-Kommission hat ausdrücklich erklärt, dass Nokia für das Werk in Rumänien keine Förderung aus den EU- Strukturfonds erhalten hat. Unklar ist allerdings noch, inwiefern das Unternehmen indirekt von Vor-Beitritts-Hilfen für Rumänien profitiert hat", sagte Glos dem "Münchner Merkur". "Wir haben die zuständige EU-Kommissarin Hübner hierzu schriftlich um rasche Aufklärung gebeten", bestätigte der Minister der Zeitung.
Die nordrhein-westfälische Landesregierung lässt derzeit prüfen, ob Nokia Beschäftigungszusagen für Bochum eingehalten hat. Im Auftrag der Landesregierung geht die NRW.Bank der Frage nach, ob von Nokia Subventionen in Höhe von rund 41 Mio. Euro zurückgefordert werden können. Hierzu müsste Nokia gegen Auflagen verstoßen haben, die mit Förderungen der Jahre 1998 und 1999 verbunden waren. Das Ergebnis wird für die nächsten Tage erwartet.
Quelle: ntv.de