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"Finanzkrise hat Priorität" Paris pfeift auf Maastricht

Die französische Regierung will der Bekämpfung der Finanzkrise eine höhere Priorität einräumen als den EU-Haushaltsregeln. Die Budget-Bestimmungen seien für normale und nicht für Krisenzeiten geschaffen, sagte der französische Präsidentenberater Henri Guaino dem TV-Sender "Canal Plus".

Diese Regeln, die unter anderem die Reduzierung des Haushaltsdefizits auf unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts vorschreiben, hätten "derzeit keine Priorität", sagte Guaino. "Heute stellt sich vielmehr die Frage, ob wir die Dinge aus dem Ruder laufen lassen oder verhindern, dass das System einbricht", sagte Guaino.

"Die Priorität ist, das globale Bankensystem zu retten und die Einlagen der Bürger zu schützen", unterstrich er. Eine andere Wahl gebe es nicht. Frankreich peilt bisher ein Defizit von 2,7 Prozent in diesem und im kommenden Jahr an. Nach Einschätzung von Experten könnte die schwächere Konjunktur der französischen Regierung einen Strich durch die Rechnung machen.

Nein zum EU-Paket

Unterdessen geht die Debatte um ein europäisches Hilfspaket für die Finanzbranche an. Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker hält wie die Bundesregierung nichts von den entsprechenden französischen Überlegungen. "Ich sehe nicht die Notwendigkeit, dass wir ein derartiges Programm in Europa auflegen müssen", sagte Juncker dem Deutschlandradio Kultur, ohne dabei aber direkt den französischen Vorschlag zu nennen.

Die Krise komme aus den USA, sei dort viel tiefer und müsse vornehmlich dort und von dort gelöst werden. Deutschland hatte zuvor ebenfalls schon Ablehnung zu einem europäischen Rettungsfonds signalisiert. "Davon hält die Bundesregierung gar nichts", hatte das Finanzministerium erklärt. Bundeskanzlerin Angela Merkel wandte sich in der "Bild"-Zeitung gegen "Blankoschecks für alle Banken".

Dass die Chancen für eine Verabschiedung des US-Rettungspakets von 700 Mrd. Dollar wieder gestiegen sind, sagte Juncker. "Ich bin sehr erleichtert, dass das Paket die Hürde im Senat geschafft hat", sagte er. Er hoffe nun, dass das US-Repräsentantenhaus dem genauso schnell zustimmt und das Programm damit rasch umgesetzt werden könne. Es werde ohne Zweifel zu einer Beruhigung an den Finanzmärkten führen. Ansonsten merkte er an, dass sich die Verhältnisse im europäischen Finanzwesen von denen in den USA unterschieden.

Auf eine positive Reaktion von Juncker traf der Vorschlag von Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy für eine Art Welt-Gipfel zur Finanzmarktkrise. Er halte ein solches Treffen über den Rahmen der G8 - der acht führenden Wirtschaftsmächte - hinaus für wünschenswert. Darin einbezogen sein sollten dann auch aufstrebende Wirtschaftsnationen wie China und Indien.

Juncker, der in Luxemburg Regierungschef ist, plädierte darüber hinaus für eine intensivere Regulierung des Finanzbereichs. "Ich glaube, wir brauchen eine vernünftigere und intensivere Regulierung", sagte er. Zudem sei mehr Transparenz nötig, eine stärkere Finanzmarktintegration in Europa und eine Neubewertung der Rolle der Rating-Agenturen.

Hilfsfonds im Fokus

Die Regierungschefs der vier europäischen Mitglieder der G-8 - Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien - sollen sich nach den Plänen Frankreichs am Wochenende zu Beratungen über die Finanzkrise treffen. Bei dieser Gelegenheit will Frankreich offenbar vorschlagen, einen umfassenden Hilfefonds aufzulegen.

Nach Angaben aus europäischen Regierungskreisen soll er ein Volumen von 300 Mrd. Euro haben. Finanziert werden solle er von den EU-Staaten über jeweils drei Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts. Frankreichs Finanzministerin Christine Lagarde hatte allerdings dementiert, dass die Pläne ihrer Regierung schon so konkret seien.

Zuvor hatte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann als erster Top-Banker ein staatliches Hilfsprogramm für europäische Geldhäuser nach dem Vorbild der USA ins Spiel gebracht. "Wenn die USA ein solches Paket verabschieden, sollte Europa bereit sein, vergleichbare Lösungen zu finden", sagte der Ackermann am Rande einer Veranstaltung in Frankfurt am Main.

Quelle: ntv.de

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