Jetzt wird's persönlich Porsche-Enkel greift VW an
29.05.2008, 15:40 UhrNach dem monatelangen Streit mit dem Betriebsrat von Volkswagen nimmt Hauptaktionär Porsche nun auch die Führungsebene des Wolfsburger Konzerns auf Korn. Porsche-Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche bezeichnete den Vertrieb von Volkswagen in einem Interview des "Manager Magazin" als größte Schwachstelle: "Da weiß bisweilen die Linke nicht, was die Rechte tut", sagte er. Die sieben Marken von Europas größtem Autobauer machten sich untereinander Konkurrenz. "Auch aus kaufmännischer Sicht sollte man aufpassen, dass man sich nicht aus Prestigegründen Deckungsbeiträge kaputtmacht", mahnte der Porsche-Enkel.
VW-Chef Martin Winterkorn wies die Kritik zurück. "Wenn das so wäre, hätten wir wahrscheinlich schlechtere Ergebnisse", sagte er am Rande einer Betriebsversammlung in Wolfsburg der Nachrichtenagentur Reuters. Europas größter Autobauer hatte im vergangenen Jahr dank eines Auslieferungsrekords und der lukrativen Beteiligungen an den Lkw-Herstellern MAN und Scania einen Rekordgewinn vor Steuern eingefahren. Auch seit Jahresbeginn laufen die Geschäfte rund, vor allem dank der immensen Nachfrage aus Schwellenländern wie China, Russland und Indien.
Kritik am Cousin
Wolfgang Porsche kritisierte neben dem VW-Vorstand auch seinen Cousin, VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piech. Der habe sich in seiner Zeit als VW-Chef "das ein oder andere Kleinod" leisten können. Er nannte den von Piech vorangetriebenen Bau des Supersportwagens Bugatti mit 1001 PS und die Luxussportwagen von Lamborghini. "Wichtig ist, dass auch diese Marken Geld verdienen", sagte Porsche. Bei Lamborghini sei dies ja schon der Fall.
Piech war bis 2002 VW-Chef und hat die Zahl der Marken in seiner Amtszeit erhöht. Er verfolgte und die Strategie, dass Konkurrenz zwischen den Marken die Leistung steigere. Sein Nachfolger, der durch Piech schließlich aus dem Amt gedrängte Bernd Pischetsrieder, und der von ihm an die Konzernspitze gehievte frühere Audi-Chef Winterkorn setzen wieder stärker auf eine Abgrenzung der Marken.
"Einfach an die Bänder gehen"
Im tobenden Mitbestimmungsstreit mit dem VW-Betriebsrat riet Wolfgang Porsche: "Die Arbeiter könnten einfach an ihre Bänder gehen und arbeiten." Das habe bereits das Stuttgarter Arbeitsgericht empfohlen, als es die Klage des VW-Betriebsrats gegen die Mitbestimmungsvereinbarung in der Porsche Holding abwies.
VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh warf dem Porsche-Enkel vor rund 16.000 Teilnehmern der VW-Betriebsversammlung vor, er untergrabe mit solchen Äußerungen das Vertrauen der Belegschaft in den Großaktionär. "Wir werden uns so lange zu Wort melden, wie Porsche uns eine angemessene Mitbestimmung verweigert", betonte Osterloh. Porsche empfahl er: "Denken Sie nochmal über ihr Demokratieverständnis nach."
In dem monatelangen Tauziehen geht es um die Machtverteilung zwischen den Arbeitnehmervertretern von Porsche und Volkswagen im künftigen Konzernbetriebsrat der Porsche Holding SE. Porsche ist mit 31 Prozent größter VW-Aktionär und will noch in diesem Jahr auf mehr als 50 Prozent aufstocken. Niedersachsen hält gut 20 Prozent an dem größten Arbeitgeber in dem Bundesland.
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries pries das vom Kabinett beschlossene neue VW-Gesetz vor der Belegschaft als wichtige Errungenschaft zum Schutz der Arbeitnehmerrechte. Über die Köpfe der VW-Beschäftigten hinweg könnten weiterhin keine Standortverlagerungen beschlossen werden. "Aber diese Botschaft reicht weit über VW hinaus", sagte die SPD-Politikerin. "Wir machen deutlich, was für uns im Wirtschaftsleben wichtig ist." Es gehe auch darum, ob es in Deutschland noch gerecht zugehe.
Quelle: ntv.de