Massiver Schrumpfungsprozess Rezession voll ausgebrochen
13.02.2009, 15:15 UhrDeutschland steckt in der schwersten Rezession seit 1949. Sinkende Exporte und Investitionen sorgten Ende des vergangenen Jahres für den stärksten Einbruch der Wirtschaftsleistung seit der Wiedervereinigung 1990. Dazu trug auch die Kaufzurückhaltung der Verbraucher bei. Eine schnelle Erholung ist nicht in Sicht. "Wir werden frühestens im zweiten Halbjahr wieder Wachstum sehen", sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrates, Bert Rürup. Die Wende soll das 50 Mrd. Euro schwere Konjunkturpaket bringen, dem der Bundestag zustimmte.
Das Bruttoinlandsprodukt sank von Oktober bis Dezember unerwartet deutlich um 2,1 Prozent im Vergleich zum dritten Quartal, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. "Das war der größte Rückgang im wiedervereinigten Deutschland und zugleich der dritte in Folge", sagte ein Statistiker. Analysten hatten im Schnitt lediglich mit einem Rückgang von 1,8 Prozent gerechnet. Der bisherige Negativrekord lag bei minus 1,2 Prozent im Auftaktquartal 1993.
Von der Lokomotive zum Bremsklotz
Exportweltmeister Deutschland leidet stärker als andere Länder unter der Weltwirtschaftskrise und entwickelte sich deshalb von der Lokomotive zum Bremsklotz des Euro-Raums. Wegen der Talfahrt in der größten Volkswirtschaft des Kontinents brach das Bruttoinlandsprodukt mit 1,5 Prozent so stark ein wie noch nie seit Bestehen der Währungsunion. Deutschland wies das größte Minus aus. Aber auch in den beiden anderen großen Ländern Frankreich (-1,2 Prozent) und Italien (-1,8 Prozent) ging es steil nach unten.
Rürup erwartet in diesem Jahr einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um bis zu 2,5 Prozent. "Wir stecken in der schwersten Rezession der Nachkriegsgeschichte", sagte Rürup. Ohne das Konjunkturpaket der Bundesregierung sei sogar ein Minus von drei Prozent zu befürchten. 2008 hatte es wegen des starken Jahresauftakts noch zu einem Plus von 1,3 Prozent gereicht. Zu Jahresbeginn gab es ein Wachstum von 1,5 Prozent. Im Frühjahrs- und Sommerquartal ging es jeweils um 0,5 Prozent nach unten.
Massive Exporteinbrüche
Die Ausfuhren werden nach Prognose des Branchenverbandes BGA in diesem Jahr erstmals seit 1993 sinken. Bereits am Jahresende gab es wegen der Rezession im Euro-Raum, den USA, Japan und anderen wichtigen Handelspartnern so starke Exporteinbrüche wie noch nie. Betroffen waren mit der Autoindustrie und den Maschinenbauern zwei Schlüsselbranchen. Wegen der ungewissen Zukunft investierten die Unternehmen weniger, was den Abschwung noch verschärfte. Auch die Verbraucher hielten sich angesichts der Hiobsbotschaften aus der Wirtschaft zurück und gaben weniger Geld aus.
Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn erwartet bis zur Bundestagswahl im September bis zu 700.000 mehr Arbeitslose im Vergleich zum gleichen Zeitpunkt vor einem Jahr. DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben warnte jedoch vor Schwarzmalerei. Auch in stark vom Abschwung betroffenen Branchen sei in den Betrieben kein radikaler Personalabbau geplant, sagte Wansleben: "Viele setzen auf Kurzarbeit. Dies zeigt, dass auch am Arbeitsmarkt nicht alle Dämme brechen werden".
Schlechte Werte für die Eurozone
Unterdessen ist auch die Wirtschaft der Eurozone im vierten Quartal 2008 stärker als erwartet geschrumpft. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sei im Vergleich zum Vorquartal um 1,5 Prozent gesunken, teilte die europäische Statistikbehörde Eurostat in Luxemburg auf Basis vorläufiger Zahlen mit. Volkswirte hatten ein Minus von 1,2 Prozent erwartet.
Im zweiten und dritten Quartal war die Wirtschaftsleistung noch um je 0,2 Prozent zurückgegangen. Der wirtschaftliche Abschwung hat sich damit zum Jahresende deutlich verstärkt. Auch in der gesamten EU mit 27 Mitgliedstaaten lag das Minus im Schlussquartal bei 1,5 Prozent.
Für das Gesamtjahr 2008 ergab sich laut Eurostat eine Wachstumsrate von 0,7 Prozent für die Eurozone und von 0,9 Prozent in der gesamten EU. Im Vergleich zum Vorjahresquartal schrumpfte die Wirtschaft des Euroraums im vierten Quartal um 1,2 Prozent. Experten hatten zwar mit einer negativen Rate gerechnet, diese aber auf lediglich 1,0 Prozent veranschlagt. Im dritten Quartal war die Wirtschaftsleistung im Jahresvergleich noch um 0,6 Prozent gewachsen.
Quelle: ntv.de