EZB spurt nicht Sarko macht Druck
21.07.2008, 14:13 UhrDer politische Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB) steigt. Nachdem in der vergangenen Woche bekannt wurde, dass EU-Parlamentarier bei der geldpolitischen Strategie der Notenbank in Zukunft stärker mitreden wollen, reitet nun auch Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy eine neue Attacke gegen die EZB. Nach einem Bericht der "Financial Times" will er erreichen, dass die EZB künftig Protokolle ihrer Zinssitzungen veröffentlicht. Damit will er die Notenbank zu mehr Transparenz zwingen. Die Bundesregierung hält nichts von dem Vorstoß, auch Analysten sehen keinen Sinn darin.
Die EZB publiziert im Gegensatz etwa zur US-Notenbank Federal Reserve (Fed) die Mitschriften der Sitzungen ihres geldpolitischen Rates nicht. Stattdessen gibt EZB-Präsident Jean-Claude Trichet im Anschluss in einer Pressekonferenz Auskunft. Zudem veröffentlicht die europäische Notenbank einen monatlichen Bericht, der aber keine Rückschlüsse auf Interna der Sitzungen oder gar das Abstimmungsverhalten im EZB-Rat erlaubt. Bei einer Publikation der Protokolle befürchtet die Zentralbank, dass sich die Mitglieder des EZB-Rates in ihren Herkunftsländern für ihr Abstimmungsverhalten rechtfertigen müssen.
Keine Unterstützung aus Deutschland
Der als scharfer Kritiker der EZB bekannte Sarkozy lässt der FT zufolge einen Dreipunkte-Plan ausarbeiten, der neben der Veröffentlichung der Sitzungsprotokolle des EZB-Rates auch ein permanentes Sekretariat der Finanzminister der Euro-Zone und einen intensiveren Kontakt zwischen Euro-Gruppe und Notenbank vorsieht. Sarkozy wirft der EZB seit längerem vor, mit ihrer rein auf Preisstabilität ausgerichteten Geldpolitik das Wachstum in den Ländern der Währungsunion zu belasten. Frankreich hat derzeit die Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union inne.
Auf Unterstützung aus Deutschland kann Sarkozy nicht hoffen. Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums beantwortete die Frage, ob die Bundesregierung den Anstoß Sarkozys nachvollziehen könne, knapp mit: "Nein." Auch professionelle EZB-Beobachter sind skeptisch. So sagte Michael Schubert von der Commerzbank: "Mehr Information heißt nicht bessere Information." Die EZB könne immer Möglichkeiten finden, Fakten, die sie nicht preisgeben wolle, zurückzuhalten. Wenn bekannt würde, welcher Notenbanker wie gestimmt habe, berge dies zudem Streitpotenzial zwischen den Mitgliedsländern der Europäischen Währungsunion.
Trichet wehrt sich
Druck auf die EZB kommt auch von Volksvertretern. Ende vergangener Woche war ein Entwurf des EU-Parlaments für einen Bericht über die Zukunft der Währungsunion bekanntgeworden. Darin wird die Strategie der EZB attackiert. Die Initiatoren, darunter der deutsche EU-Abgeordnete Werner Langen, wollen eine weniger strikte Definition, was Preisstabilität bedeutet, und fordern die EZB auf, ihr Inflationsziel in eine Inflationsspanne zu ändern. Die Zentralbank sieht bei einer Teuerungsrate von knapp zwei Prozent auf mittlere Sicht stabile Preise gegeben.
EZB-Präsident Trichet hat Angriffe auf die Unabhängigkeit der Notenbank stets mit scharfen Worten zurückgewiesen. Die EZB ist auch in der Ausgestaltung ihrer Strategie frei. Ihr Auftrag nach dem EG-Vertrag ist es lediglich, stabile Preise zu garantieren. Im Gegensatz zur Fed muss sie dabei nicht auf die Konjunktur oder den Arbeitsmarkt Rücksicht nehmen. Anders als die US-Fed hatte die EZB den Schlüsselzins für die Versorgung der Banken mit Zentralbankgeld im Juli wegen Inflationsgefahren erhöht, ungeachtet der Anzeichen für einen Abschwung, der in machen Ländern - etwa Spanien - bereits Züge einer Rezession trägt.
Quelle: ntv.de