Unverbrauchte Agrarmilliarden Seehofer streitet mit Brüssel
23.09.2008, 09:56 UhrIm Ringen um Millionenhilfen für Deutschlands Milchbauern beharrt Landwirtschaftsminister Horst Seehofer auf zusätzlichem Geld aus der EU-Kasse. "Wenn die Milchquote auslaufen soll im Jahr 2015, brauchen wir einen Milchfonds", sagte Seehofer am Rande eines Treffens mit seinen EU-Kollegen im französischen Annecy.
Deutschland sei in Europa der größte Milchproduzent. "Deshalb brauchen wir in den Regionen, wo die Milchproduktion zu Weltmarkt-Bedingungen nicht möglich ist, etwa im Alpenraum oder in Grünlandregionen, den Milchfonds", forderte der Minister und fügte hinzu: "Uns wäre es am liebsten, wenn nicht verbrauchte Agrarmittel verwendet würden." EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel weigert sich bislang, zusätzliche Mittel für einen Milchfonds freizugeben.
Es gebe insgesamt 4,6 Mrd. Euro, die als nicht verbrauchte Agrarmittel für andere politische Zwecke eingesetzt werden sollten, etwa für die Entwicklungshilfe, so Seehofer. "Wenn die Kommission vorhat, den Bauern in aller Welt zu helfen, dann glaube ich, ist es ein berechtigtes Anliegen, wenn wir sagen, den deutschen Milchbauern muss geholfen werden."
Milchfonds statt Entwicklungshilfe?
Fischer Boel schlägt vor, Gelder aus der geplanten höheren Umverteilung der Direktbeihilfen für Landwirte in den Fördertopf für Projekte zur ländlichen Entwicklung zu nehmen. "Das wäre die zweitbeste Möglichkeit", sagte Seehofer.
Die Umverteilung ist Kern der geplanten Korrektur ("Gesundheitscheck") der EU-Agrarreform von 2003. Auf ihrem Treffen wollen die Agrarminister Kompromisse ausloten, um das Programm auf ihrem Rat im November in Brüssel unter Dach und Fach bringen zu können.
Den deutschen Großbauern drohen Einbußen von mehr als 400 Mio. Euro, weswegen die Bundesregierung ein Entgegenkommen von einem Schutzprogramm für die Milchbauern abhängig gemacht hat. Mit dem Milchfonds sollen die Produzenten fitgemacht werden für das für 2015 vorgesehene Auslaufen der Milchquote, mit der die EU seit 1984 versucht, Überschüsse ("Milchseen") zu vermeiden.
Quelle: ntv.de