Folgen der Lehman-Pleite Sicherungsfonds in Not?
17.09.2008, 10:22 UhrAuf den Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) kommt wegen des Zusammenbruchs der US-Investmentbank Lehman Brothers ein Schadenfall in Milliardenhöhe zu. Welche Folgen das für die Branche haben könnte, ist auch für Experten noch nicht absehbar.
Auch wie hoch der endgültige Schaden für den Fonds der privaten deutschen Geschäftsbanken ist, kann noch nicht beziffert werden. Bislang schätzt die Finanzbranche, dass allein der Kollaps von Lehman Brothers den Sicherungsfonds mit bis zu sechs Mrd. Euro belasten könnte. Nach Informationen des "Handelsblattes" ist die deutsche Tochter von Lehman Brothers dem Sicherungsfonds mit einer Deckungssumme in dieser Höhe angeschlossen.
Der BdB kommentiert diese Zahlen auf Anfrage allerdings nicht, ebenso wenig werden Angaben darüber gemacht, welchen Umfang der Fonds insgesamt hat. Branchenschätzungen schwanken zwischen 4,0 und 9,0 Mrd. Euro. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums beträgt das Volumen des Sicherungsfonds 4,6 Mrd. Euro. Tatsächlich dürfte der Fonds aber noch zahlungskräftiger sein. Davon darf man wohl ausgehen, denn hinter dem Fonds steht die versammelte deutsche Bankenlandschaft. Und die dürfte wohl Geld nachschießen, wenn es ernst wird.
Wer muss was bezahlen?
Die Finanzaufsicht BaFin hatte die Kundenverbindlichkeiten des Sicherungsfonds am Dienstag mit elf Mrd. Euro beziffert. Die Differenz erklärt sich daraus, dass nicht jede Kundenforderung gegen Lehman durch den Einlagensicherungsfonds garantiert wird. Je Kunde wird "nur" bis zu 285 Mio. Euro abgesichert.
Konkretere Angaben dazu, was die Lehman-Pleite die Banken kosten könnte, gab es bisher lediglich von der KfW und der UBS. Die bundeseigene KfW-Bank bezifferte ihr Engagement bei Lehman mit einem "mittleren dreistelligen Millionenbetrag" und bestätigte damit einen Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAZ). Die KfW habe mit Lehman bei Wertpapieren und Finanzmarkttermingeschäften (Swaps) zusammengearbeitet, sagte ein Sprecher.
Wie hoch der Verlust am Ende tatsächlich ausfalle, lasse sich aber noch nicht abschätzen. Das sei auch abhängig davon, was die Bankengruppe aus der Konkursmasse der Investmentbank zurückerhalte. Die Schweizer UBS gab am Mittwoch bekannt, dass die Lehman-Pleite sie bis zu 300 Mio. US-Dollar kosten könnte.
Panne bei der KfW
Noch am Montag, als die Insolvenz von Lehman bereits absehbar gewesen sei, hat die KfW fälschlicherweise bei einem komplizierten Finanzmarktgeschäft noch 300 Mio. Euro an Lehman überwiesen. Das bestätigte eine Sprecherin am Mittwoch. Es habe eine fehlerhaft ausgelöste Swap-Zahlung am Montag gegeben, deren Umstände durch die Innenrevision geprüft werden. Das Bundesfinanzministerium forderte von der KfW Aufklärung.
Laut BdB müssen sich Anleger und Sparer in Deutschland aufgrund der aktuellen Finanzmarktturbulenzen keine Sorge um ihre Ersparnisse haben. Die Sicherungssysteme hierzulande griffen, erklärte der Verband. Die Banken seien robust.
Regierungsparteien wollen handeln
Unterdessen gibt es in der großen Koalition Pläne für eine schärfere Finanzmarktkontrolle. Der finanzpolitische Sprecher der Union, Otto Bernhardt (CDU), sagte der "Frankfurter Rundschau": "In meiner Partei wächst die Überzeugung, dass der Markt es allein nicht richten kann."
Noch im Herbst werde seine Fraktion ein Konzept für eine schärfere Aufsicht vorlegen. So wolle die Union mit einer Änderung der Bilanzierungsvorschriften sicherstellen, dass künftig alle wichtigen Risiken auch in der Bilanz auftauchen und nicht etwa in Zweckgesellschaften versteckt werden, sagte Bernhardt. Zweitens mache sich die Union für eine bessere Aufsicht der Ratingagenturen stark.
Beide Forderungen sind dem Blatt zufolge auch in einem Papier einer SPD-Arbeitsgruppe unter Leitung von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) enthalten. Der SPD-Finanzpolitiker Florian Pronold sagte der Zeitung: "Wir setzen auf internationale Regulierungen, da wir es mit einem globalen Problem zu tun haben." Die vom SPD-Vorstand eingesetzte Arbeitsgruppe werde ihre Ergebnisse in Kürze vorlegen.
Selbstregulierung funktionierte nicht
Handlungsbedarf sehen auch die Grünen. "Die Selbstregulierung der Finanzbranche hat versagt", sagte der grüne Finanzpolitiker Gerhard Schick dem Blatt. "Diese Aufgabe muss wieder der Staat übernehmen." Er forderte, eine europäische Finanzaufsicht zu schaffen, die ähnlich wie in den USA bei einer Krise rasch handeln könne. Auch müsse der Handel mit spekulativen Papieren auf öffentlichen Handelsplätzen und nicht in versteckten Märkten stattfinden.
Quelle: ntv.de