Hohe Preise Stromkonzernen droht Ärger
10.11.2007, 15:01 UhrEU-Kommission und Bundesregierung haben den Druck auf die deutschen Stromkonzerne abermals verstärkt. EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes kritisierte in einem Zeitungsinterview überhöhte Energiepreise und schloss weitere Kartellverfahren gegen deutsche Energiekonzerne nicht aus. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) drohte den Stromriesen mit Zerschlagung. Auch aus der Union hielt die Kritik an hohen Preisen an. Fraktionschef Volker Kauder(CDU), sagte, nötig sei mehr Wettbewerb.
EU-Kommissarin Kroes sagte der "Bild am Sonntag", die Kommission hege über die gegen RWE und Eon laufenden Verfahren hinaus Verdachtsmomente gegen weitere Firmen. "Wir haben Razzien durchgeführt in verschiedenen Unternehmen, weil wir wettbewerbsfeindliches Verhalten vermuten. Weitere Verfahren könnten folgen", sagte Kroes. Zudem verwies sie auf einen neuen Bericht externer Experten im Auftrag der Kommission. Die Expertise lege nahe, dass die Strompreise in Deutschland höher seien, "als man in einem Markt mit echtem Wettbewerb erwarten dürfte". Eine Sprecherin von Vattenfall Europe betonte in einer Reaktion auf die Äußerungen von Kroes: "Wir sehen keine Hinweise auf ein Verfahren gegen uns." Ein Sprecher des Versorgers EnBW sagte auf Anfrage: "Uns ist nichts bekannt."
Die Kommissarin bekräftigte ihre Forderung nach einer Trennung von Energieproduktion und -netzen. "Ein Hauptproblem ist der grundlegende Interessenkonflikt, wenn ein Unternehmen Strom oder Gas produziert und zugleich das Leitungsnetz besitzt", sagte sie.
Auch Umweltminister Gabriel bekräftigte, eine stärkere Trennung von Energieerzeugung und Netzbetrieb sei nötig. Noch wolle die Bundesregierung dazu keine eigentumsrechtliche, sondern nur eine organisatorische Trennung mit einer starken Aufsicht, sagte der SPD-Politiker dem "Spiegel". Für den Fall, dass die Energiekonzerne nicht zu Zugeständnissen bereit sind, schloss er aber auch eine Zerschlagung der Konzerne nicht aus. "Die müssen liefern. Wenn sie dies nicht tun, wird uns am Ende als Ultima Ratio nichts anderes übrigbleiben, als gemeinsam mit der EU-Kommission eine Eigentumsentflechtung von Netz und Betrieb zu erzwingen", sagte Gabriel. Nun seien zunächst die Unternehmen am Zug, eigene Vorschläge zu unterbreiten, wie die Preisgestaltung transparenter zu gestalten ist.
Die Energieunternehmen sind seit Wochen unter erheblichem Druck, ihre Preise zu senken. Die Bemühungen der Wettbewerbshüter um niedrigere Strom- und Gaspreise für Privathaushalte haben nach Erkenntnissen der Kontrolleure bisher keine Wirkung gezeigt. Die Tarife stiegen nach Angaben der Bundesnetzagentur aus der vergangenen Woche trotz der gesetzlich angeordneten Reduzierung der Gebühren für die Durchleitung von Strom und Gas sogar weiter an. Die Versorger hätten die Strompreise für Haushaltskunden bis April binnen einen Jahres im Schnitt um sechs und die Gaspreise um 1,8 Prozent erhöht, berichtete der Chef der Netzagentur, Matthias Kurth. Die Entwicklung hatte den Ruf nach einer transparenten Preispolitik der marktbeherrschenden Konzerne lauter werden lassen.
Quelle: ntv.de