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Wissmann übernimmt VDA kriegt neuen Chef

Der CDU-Politiker und frühere Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann wird neuer Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA). Das VDA-Präsidium wählte Wissmann in Berlin. Er tritt sein neues Amt am 1. Juni an.

Wissmann löst Bernd Gottschalk ab, der vor zwei Wochen wegen Kritik an seiner Verbandsarbeit zurückgetreten war. Der 57-Jährige, der bisher Vorsitzender des Europaausschusses im Bundestag war, soll die Präsenz der wichtigsten deutschen Industriebranche in Berlin und Brüssel verbessern.

Die deutsche Autoindustrie steht in der Klimaschutzdebatte mehr denn je unter Druck. Die Branche ist in die Defensive geraten, seitdem es aus Brüssel und Berlin Vorwürfe hagelt, die Autoindustrie mache beim Umweltschutz zu wenig Tempo. Jetzt setzen die Hersteller auf ein modernes Öko-Marketing und stellen sich politischer auf. Wissmann soll nun dafür sorgen, dass Branchengrößen wie Audi, BMW, DaimlerChrysler und Co. ihr Image als Klimakiller los werden.

Das Zaudern beim Umweltschutz hatte seinen Vorgänger Bernd Gottschalk das Amt gekostet. Kritiker werfen der deutschen Autoindustrie seit Jahren vor, wichtige Themen wie Rußfilter und Hybridantrieb verschlafen zu haben. In der Klimaschutzdebatte soll dies nun anders werden. "Wissmann ist eine gute Wahl, weil er sich auf dem politischen Parkett gut bewegt und weiß, wie man in Brüssel agiert", sagt der Leiter des Center Automotive Research (CAR) an der Fachhochschule Gelsenkirchen, Ferdinand Dudenhöffer. Der ehemalige Verkehrsminister gilt als gut vernetzt unter Politikern und Managern und pflegt als Schwabe enge Kontakte zu Porsche und Daimler. Als Vorsitzender des Europaausschusses im Bundestag kennt er die EU-Szene, die beim Klimaschutz Druck auf die Autoindustrie ausübt.

"Ein Außenseiter aus der Politik ist die bessere Wahl", sagt Autoexperte Christoph Stürmer vom Prognoseinstitut Global Insight. "Wissmann muss mit politischem Gespür eine Strategie entwickeln und die Meinung der Autoindustrie nach außen repräsentieren." Zugleich benötigt der neue Cheflobbyist aber auch Fingerspitzengefühl für die Empfindlichkeiten der großen Autohersteller und 500 Zulieferer. "Im VDA gibt es sehr unterschiedliche Interessen, zwischen denen Welten liegen. Der Verband muss sich als ernst zu nehmender Gesprächspartner zwischen den mächtigen Herstellern etablieren", sagt Stürmer. Das waren die Autobosse von Daimler, VW und Porsche bisher nicht gewohnt - der VDA hatte keine Eigendynamik.

Allerdings besteht nach Ansicht von Experten da kein allzu hohes Risiko. Wissmann gilt bei Insidern als der ewige Hoffnungsträger, der bislang nur verhalten Karriere gemacht hat und es nicht schaffte, Wirtschaftsminister zu werden. Er vertrat in aller Regel Meinungen, die in der Industrie verbreitet waren. In den 90er Jahren machte er sich bei der Autoindustrie beliebt und lehnte als Verkehrsminister ein Tempolimit ab, weil es den Wirtschaftsaufschwung gefährde. "Für solch einen Posten kriegt man eben keinen hochkarätigen Spitzenpolitiker oder Unternehmenslenker", sagt Dudenhöffer.

Das Image der deutschen Hersteller in der Umweltfrage ist immer noch verheerend. Im Gegensatz zu japanischen und französischen Herstellern gelten als ihr Aushängeschild schnelle, komfortable Karossen, die viel Sprit schlucken. Dabei haben die deutschen Hersteller durchaus eine Palette an verbrauchsarmen Modellen vorzuweisen - es hapert nach Expertenansicht nicht an der Technik, sondern an der Kommunikation. "Die deutschen Autobauer versagen als PR-Strategen völlig", schreibt die Branchenzeitschrift "auto-motor- sport".

Als erstes legte die EU-Kommission im Februar den Herstellern die Daumenschrauben an und verkündete, dass der Kohlendioxid-Ausstoß von Neuwagen bis 2012 auf nur noch 130 Gramm pro Kilometer reduziert werden müsse - für die deutschen Premiumhersteller ein schwer erreichbares Ziel. Dann sagte Bundespräsident Horst Köhler, beim Umweltschutz habe die Autoindustrie "kein Ruhmesblatt" geschrieben. Einen Tag vor Wissmanns Wahl machte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) Druck und sagte, er stehe für Gespräche zur Senkung des CO2-Ausstoßes bereit.

Die Zeit drängt: im September steht die nächste IAA in Frankfurt bevor, dann wollen Medien und Politik Antworten auf die drängenden Umweltfragen hören. Eine wochenlange Führungskrise konnte sich die Autoindustrie in dieser Situation nicht leisten.

Quelle: ntv.de

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