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Ungeliebtes Ritual bei MusterungBundeswehr setzt weiter auf "Eierkontrollgriff"

18.11.2025, 17:15 Uhr
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Wer als Mann mit der Truppe durch Wald und Wiese stapfen will, muss sich auch weiterhin den Griff in den Intimbereich gefallen lassen. (Foto: picture alliance/dpa)

Noch ist die Bundeswehrreform nicht in trockenen Tüchern, doch auf junge Menschen dürfte in Zukunft wieder der Gang zur Musterung zukommen. Eine wenig beliebte Prozedur wird es dabei weiterhin geben: Den Griff in den Intimbereich.

Die Bundeswehr setzt auch in Zukunft auf den ungeliebten "Eierkontrollgriff" bei der Musterung junger Männer für die Truppe. Die Hodenuntersuchung soll weiterhin durchgeführt werden, sagte eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums dem "Spiegel".

Im Rahmen der Wehrpflichtreform dürfte diese Prozedur zukünftig wieder auf viele Männer zukommen. Die Pläne des Verteidigungsministeriums sehen einen freiwilligen Dienst in der Truppe vor, dem aber eine verpflichtende Musterung aller jungen Männer vorausgehen soll, um zukünftig einen Überblick über den Gesundheitszustand der Deutschen zu haben.

Beim Abtasten der Hoden und der Leistengegend geht es darum, Probleme wie Leistenbrüche, nicht erkannte Fehlanlagen oder auch einen Hodenhochstand zu erkennen. Auch auf möglichen Hodenkrebs sollen die Männer so untersucht werden. Entsprechende Probleme würden einer Verwendung in der Truppe entgegenstehen.

Auch bis zur Aussetzung der Wehrpflicht im Jahr 2011 war das Thema bereits im Bundestag kritisch diskutiert worden. 2009 fragte die damalige Bundestagsabgeordnete der Grünen Monika Lazar in einer schriftlichen Frage nach der Notwendigkeit der Prozedur. In der Antwort auf die Anfrage der Leipziger Bundestagsabgeordneten wurde auf die medizinischen Erkenntnisse des Griffs an die Hoden verwiesen. Damit sei die "Aufdeckung von ansonsten in diesem Stadium nicht erkannten Hodentumoren" möglich, erklärte der zuständige parlamentarische Staatssekretär zu der Thematik und verwies auf die Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Urologie.

Allerdings wird in Fachkreisen inzwischen von allgemeinen Screenings abgeraten. "Somit scheint auch theoretisch kein oder allenfalls ein minimaler Nutzen für Männer möglich, während auf der anderen Seite neben dem erheblichen Aufwand auch mögliche Nachteile (falsch-positive Ergebnisse, Ängste der Männer und Schäden durch diagnostische Testverfahren) zu berücksichtigen sind", heißt es in der "Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Keimzelltumoren des Hodens" im Leitlinienprogramm Onkologie.

Darüber hinaus werden Kinder und Jugendliche in der Regel bereits im Rahmen der U- und J-Untersuchungen von Ärzten begutachtet. Dabei können Probleme, wie entsprechende Fehlstellungen, bereits lange zuvor erkannt werden.

Keine Untersuchung der Genitalregion bei Frauen

Die Kontrolle im Intimbereich bleibt zukünftig wie bisher auf Männer beschränkt. "Bei weiblichen Personen werden keine Untersuchungen der Genitalregion durchgeführt - und auch die weibliche Brust wird grundsätzlich nicht untersucht", so die Sprecherin des Verteidigungsministeriums.

Neben dem Griff in den Intimbereich erwarten die zur Musterung geladenen Personen verschiedene körperliche Untersuchungen. Dabei kommt es zu einem Seh- und Hörtest, Gelenke und Körperhaltung werden überprüft und der körperliche Zustand anhand des "Waist-to-Height-Ratio" festgestellt. Dieser wird als Nachfolger des Body-Mass-Index verwendet und beschreibt das Verhältnis von Taillenumfang zur Körpergröße. Anhand einer Urinprobe wird die zu musternde Person auch auf chronische Krankheiten und Drogenkonsum untersucht.

Grundsätzlich werden die bei der Musterung untersuchten Personen in verschiedene Tauglichkeitsstufen eingeteilt:

  • T1 - voll verwendungsfähig

  • T2 - verwendungsfähig mit Einschränkung für bestimmte Tätigkeiten

  • T3 - verwendungsfähig mit Einschränkung in der Grundausbildung und für bestimmte Tätigkeiten

  • T4 - vorübergehend nicht dienstfähig

  • T5 - dauerhaft nicht dienstfähig

Quelle: ntv.de, lme