Kampf der Karies Nanomaterial hilft bei Zahnpflege
04.07.2010, 14:53 UhrBei der täglichen Zahnpflege und zur Vorbeugung von Karies spielen Nanomaterialien eine zunehmend große Rolle. Es sind bereits Zahncremes oder Mundspülungen erhältlich, die mit Hilfe von Nanopartikeln die Bildung von kariesfördernden, bakteriellen Biofilmen erschweren oder einen angegriffenen Zahnschmelz remineralisieren, berichten deutsche Zahnmediziner im Journal "Nature Nanotechnology". Karies-Löcher könnten die Nanopartikel indes noch nicht stopfen, alle Entwicklungen in dieser Richtung befänden sich noch im Experimentierstadium. Die Wissenschaftler geben einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen in dem Bereich.
Karies wird von bakteriellen Biofilmen auf der Zahnoberfläche verursacht. Die Bakterien – es sind hauptsächlich Streptokokken und Lactobacillen – bilden beim Abbau von Zucker Säure, die den Zahnschmelz angreift und zersetzt. Um Biofilme zu bilden, binden die Bakterien an eine Pellikel genannte Schicht auf der Zahnoberfläche. Diese besteht aus Proteinen, Fetten und anderen organischen Bestandteilen. Gelingt es nun, die Bildung von Biofilmen zu verhindern, lässt sich auch die Entstehung von Karies frühzeitig aufhalten, schreiben Matthias Hannig vom Universitätshospital der Saarland Universität und Christian Hannig von der Medizinischen Fakultät der Universität Dresden.
Dazu seien zum einen bereits Oberflächenbeschichtungen mit Nanopartikeln entwickelt worden, die beim Putzen das Ablösen der Bakterien von der Zahnoberfläche erleichtern. Sie könnten als Versiegelung eingesetzt werden, etwa bei Patienten, die aufgrund einer Fehlfunktion der Speicheldrüsen nicht genügend Speichel bilden. Dadurch haben sie ein besonders hohes Karies-Risiko. In Versuchen seien auch bereits Zahnpflegeprodukte getestet wurden, die bestimmte Nanokomplexe enthalten und die Anlagerung der Bakterien an die Zahnoberfläche verhindern, schreiben die beiden Wissenschaftler.
Noch in der Erforschung: Zahnschmelz-Imitate
Ebensolche Komplexe, CPP-ACP genannt, eignen sich Versuchen zufolge auch zur Remineralisierung und Reparatur von winzigen Rissen im Zahnschmelz. Diese Verletzungen gehen der Bildung von Karies-Löchern voraus. In einer klinischen Studie mit mehr als 2700 Kindern zeigte sich etwa, dass durch das regelmäßige Kauen eines Kaugummis mit CPP-ACP-Nanokomplexen das Wachstum der Miniatur-Löcher gebremst wird, oder diese sich sogar zurückbilden. Zahnpflege-Produkte mit diesen Nanokomplexen seien bereits erhältlich. Ebenso gebe es bereits Produkte, die mit Hilfe von Carbonat-Hydroxylapatit-Nanopartikeln den Zahnschmelz reparieren. In Laborexperimenten seien diese Mittel erfolgreich getestet worden, klinische Versuche stünden aber noch aus.
Zum Füllen von echten Karies-Löcher lassen sich Nanopartikeln derzeit hingegen noch nicht verwenden, erklären die Forscher. Es gebe bereits eine Reihe erfolgversprechender Versuche, in denen Wissenschaftler Zahnschmelz mit Hilfe von Nanopartikeln nachgebildet haben. Solche Zahnschmelz-Imitate könnten einst die Kunststoffe ersetzen, die bisher für Füllungen verwendet werden. Derzeit seien aber vor allem die Stabilität und die mechanischen Eigenschaften der Nanoimitate noch nicht ausgereift. Auch dauere die Bildung der Strukturen bisher noch Stunden oder Tage. Eine klinische Anwendung sei deshalb noch nicht in Sicht. Und selbst wenn es einst soweit sein sollte – um‘s Zähneputzen wird man vorerst nicht herum kommen, schreiben die Wissenschaftler. Auch Zahnschmelz-Imitate können Karies bekommen.
Quelle: ntv.de, dpa