Winnenden-Prozess beginnt Vater des Amokläufers vor Gericht
16.09.2010, 08:03 Uhr
Ein Polizist vor der Schule.
(Foto: dpa)
Der Amoklauf von Winnenden im März 2009 löste bundesweit Entsetzen aus. Nun steht der Vater des Täters vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Verstoß gegen das Waffengesetz vor.
Vor dem Landgericht Stuttgart hat der Prozess gegen den Vater des 17-jährigen Amokläufers von Winnenden begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 51-jährigen Jörg K. vor, die Pistole, die sein Sohn Tim für die Bluttat nutzte, unverschlossen im Schlafzimmer aufbewahrt zu haben. Der Unternehmer ist deshalb wegen fahrlässiger unerlaubter Überlassung einer Schusswaffe angeklagt. Darauf steht eine Geld- oder Bewährungsstrafe.
Tim K. hatte im März 2009 bei seinem Amoklauf 15 meist junge Menschen und dann sich selbst erschossen. An dem Verfahren sind 41 Hinterbliebene als Nebenkläger beteiligt. Sie wollen erreichen, dass Jörg K. wegen fahrlässiger Tötung verurteilt wird.
"Angst vor der Waffenlobby"
Die Grünen setzen sich aus Anlass des Prozesses für eine Verschärfung der Waffengesetze ein. Nötig sei vor allem ein Verbot von Schusswaffen in Privathaushalten, sagte Parteichef Cem Özdemir der "Frankfurter Rundschau". Zudem sei es nach wie vor zu leicht, an einen Waffenschein und an Schusswaffen zu gelangen. Auch sei die Altersgrenze für das Sportschießen zu niedrig.

Einschusslöcher in der Scheibe eines Autohauses in Wendlingen. Auf dem Hof des Autohauses endete der Amoklauf.
(Foto: dpa)
Özdemir warf sowohl der früheren Bundesregierung aus Union und SPD als auch der heutigen Koalition aus Union und FDP vor, "aus Angst vor der Waffenlobby" das Thema nicht angepackt zu haben.
Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach widersprach den Forderungen der Grünen. Bei n-tv äußerte Bosbach seine Bedenken, was es in der Praxis bedeuten würde, wenn man Sportschützen und Jägern verbieten würde, Munition oder Waffen zu Hause aufzubewahren. "Wir müssten quer durch die Republik Waffenlager anlegen – wir schätzen die Zahl etwa bei zehn Millionen legalen Schusswaffen in Deutschland. Diese dezentralen Waffenlager müssten wir streng schützen." Wenn in diesen Lagern ein Überfall stattfände, könnten mit einem Schlag tausende von Waffen erbeutet werden, so Bosbach. "Wer soll das leisten? Soll das der Staat organisieren? Die Schützenvereine liegen ja oft auch ganz bewusst am Stadtrand oder in ländlichen Gegenden. Es müsste also mit einem enormen Aufwand an Personal und Technik für Schutz gesorgt werden und das ist praktisch nicht leistbar."
Auch der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, spricht sich gegen schärfere Waffengesetze aus. Deutschland habe eines der schärfsten Waffengesetze der Welt, sagte Wendt im n-tv Interview. Es gehe darum, dieses Waffengesetz auch umzusetzen. "Schon heute werden die Waffen sehr viel besser aufbewahrt als bislang. Es ist in der Bevölkerung ein Bewusstsein dafür vorhanden, dass man sich an die Vorschriften halten muss." Es gebe auch ein großes Verständnis für Kontrollen. Im Allgemeinen seien die legalen Waffenbesitzer wie Sportschützen, Jäger und andere in Deutschland, sehr verantwortungsbewusst und gingen mit ihren Waffen auch vorschriftsmäßig um.
Quelle: ntv.de, ppo/dpa/AFP