Politik

Öffentliche Stuttgart-21-Schlichtung Geißlers Mission beginnt

Mission Impossible: Geißler will den Streit zu schlichten.

Mission Impossible: Geißler will den Streit zu schlichten.

(Foto: dpa)

Keine Predigten, Glaubensbekenntnisse oder historischen Seminare: Mit eindringlichen Appellen an Befürworter und Gegner von Stuttgart 21 startet Geißler die Schlichtungsgespräche. Vor den Augen der Öffentlichkeit will er die Fronten aufweichen. Die Stuttgart-21-Gegner sind aber skeptisch: Der Bahnhof könne nur unter die Erde kommen oder man bleibe oben.

Nach den monatelangen Auseinandersetzungen um das Bahnprojekt Stuttgart 21 haben die Schlichtungsgespräche begonnen. Erstmals sitzen Befürworter und Gegner an einem Tisch, sagte der Schlichter Heiner Geißler zum Auftakt der ersten Runde. "Wir machen was Neues, um die Bevölkerung in die Lage zu versetzen, jederzeit selbstständig zu denken." Die Diskussion wird im Fernsehen und im Internet, auch bei n-tv.de, live übertragen. Thema der ersten Runde: die Leistungsfähigkeit der geplanten unterirdischen Durchgangsstation anstelle des bisherigen Kopfbahnhofs.

Der mehr als vier Milliarden Euro teure Umbau des Stuttgarter Kopfbahnhofs in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof soll in insgesamt sieben Runden bis Ende November im Stuttgarter Rathaus aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet werden. Seit Monaten gibt es große Demonstrationen, die von teils umstrittenen Polizeieinsätzen begleitet werden. Geißler sagte, in dieser Schlichtung könne kein neuer Bahnhof erfunden werden. Deshalb ginge es in der ersten Runde zunächst um die strategische Bedeutung und Leistungsfähigkeit des neuen Bahnknotens.

Die Befürworter: Stuttgarts OB Wolfgang Schuster (links), Ministerpräsident Mappus und Umweltministerin Tanja Gönner vor Beginn der Gespräche.

Die Befürworter: Stuttgarts OB Wolfgang Schuster (links), Ministerpräsident Mappus und Umweltministerin Tanja Gönner vor Beginn der Gespräche.

(Foto: dpa)

Geißler ermahnte die Teilnehmer eindringlich, während der Gespräche sachlich zu bleiben. Es ginge nicht um Predigten, Glaubensbekenntnisse oder historische Seminare. "Wenn wir uns darauf einlassen, ist die Schlichtung zum Scheitern verurteilt. Es geht uns um die Sache", sagte der CDU-Politiker, der von beiden Seiten als Vermittler gewünscht worden war.

Grüne sind skeptisch

Vor Beginn der Runde hatte der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus eingeräumt, dass solche Schlichtungen künftig bei Großprojekten eine stärkere Rolle spielen könnten, um die Bürger besser zu informieren. Mappus führt das Lager der Befürworter an.

Der Schlichter und ein Gegner: Geißler begrüßt den Grünen-Politiker Palmer.

Der Schlichter und ein Gegner: Geißler begrüßt den Grünen-Politiker Palmer.

(Foto: dpa)

Die Zeichen für eine Einigung stehen allerdings nicht besonders gut. Der Landtagsfraktionsvorsitzende der Grünen, Winfried Kretschmann, bezweifelte im SWR einen Kompromiss. Der Bahnhof könne nur unter die Erde kommen oder man bleibe oben. Der eigentliche Wert der Gespräche bestehe deshalb in der Erprobung eines neuen Modells für eine moderne Bürgergesellschaft, sagte der Grünen-Politiker. Nach diesem Vorbild werde künftig "eine so gigantische Polarisierung" wie bei Stuttgart 21 nicht mehr möglich sein, weil Großprojekte nicht mehr im bisherigen Stil durchgesetzt werden könnten.

Auch der Grüne Boris Palmer, der Kretschmann am Freitag bei der Schlichtung vertritt, hält ein einvernehmliches Ergebnis für unvorstellbar. "Dafür müssten sich sehr viele mir zugängliche Informationen als falsch erweisen. Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen", sagte Palmer der "Leipziger Volkszeitung". Er selbst sei bereit, seine Meinung zu ändern, wenn sich die Faktenlage ändert. "Das hoffe ich auch von der anderen Seite."

Bahnchef hofft auf Einsicht

Bahnchef Rüdiger Grube erhofft sich dagegen von der Schlichtung einen Meinungsumschwung zugunsten des Milliarden- Projekts. Er sagte: "Ich bin sehr zuversichtlich, dass ein Abwägen der Argumente in der Öffentlichkeit - insbesondere was Stuttgart betrifft - eine entsprechende Änderung in der öffentlichen Meinungsbildung bringt." Der Bahnchef unterstrich, dass er auch große Zustimmung zu dem umstrittenen Vorhaben bekomme. "Ganz viele wollen es."

Geißler hatte zuvor ein Demonstrationsverbot während der Gespräche ausgeschlossen. "Wir können das Demonstrationsrecht doch nicht abschaffen", sagte Geißler im ZDF. Schließlich sei dies "ein heiliges demokratisches Recht", das nicht nur von den Gegnern des Bauprojekts, sondern auch von dessen Befürwortern in Anspruch genommen werde. Vorwürfe, er stehe den Projektgegnern näher als den Befürwortern, wies Geißler zurück. Davon könne "überhaupt nicht die Rede sein".

n-tv.de überträgt die Schlichtung live: zum Livestream

Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts

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