Amnesty beklagt Zwangsräumungen China jagt Bauern fort
11.10.2012, 09:58 Uhr
Bauern in China müssen stets fürchten, entrechtet und vertrieben zu werden.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
In China haben Bauern und Mieter einen schweren Stand: Wenn die örtlichen Behörden Geld brauchen, dann verkaufen sie einfach die Nutzungsrechte für das Land, auf dem die Menschen leben. Wer nicht weichen will, wird kurzerhand gewaltsam vertrieben. Dabei gibt es regelmäßig Tote. Laut Amnesty International nimmt diese Praxis stetig zu.
Die Menschenrechtsgruppe Amnesty International prangert die steigende Zahl gewaltsamer Vertreibungen von Bauern und Mietern in China an. In den vergangenen zwei Jahren seien sowohl auf dem Land als auch in den Städten zunehmend Chinesen aus ihren Häusern oder von ihrem Land vertrieben worden, schrieb die Organisation. Wenn sich die Betroffenen widersetzten, würden sie oft geschlagen, inhaftiert und in bestimmten Fällen auch in den Tod getrieben.
Bei 9 der 40 näher untersuchten Fälle habe es Tote gegeben, schrieb Amnesty. Mehrfach hätten sich Betroffene aus Verzweiflung selbst in Brand gesetzt. Laut der Organisation haben die Immobilienentwickler meist den Rückhalt der örtlichen Behörden, die durch den Landverkauf die Zinsen für ihre kreditfinanzierten Entwicklungsprojekte decken wollten. "Die Umwandlung von Land, um Straßen, Fabriken oder Wohnanlagen zu bauen, wird als direktestes Mittel gesehen, um konkrete Ergebnisse zu erreichen, egal was es kostet", schrieb Amnesty.
Amnesty rief die regierende Kommunistische Partei in China auf, umgehend die gewaltsame Räumung von Land zu beenden. Zudem müsse sie Anreize streichen, mit denen Beamte zur Umwidmung von Land ermutigt werden. In China gehört alles Land dem Staat und den Kommunen. Privatbesitz gibt es nicht, doch können Bürger Nutzungsrechte für bis zu 70 Jahre erhalten. Seit Jahren sind Landkonflikte in China eine der Hauptgründe für Proteste gegen die Behörden, die, wenn überhaupt, nur geringe Entschädigungen zahlen.
Westerwelle besucht China
Gerichte nehmen nur selten Beschwerden gegen Zwangsräumungen an und urteilen dann meist nicht zugunsten der Betroffenen. Immer wieder kommt es bei den Räumungen zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit den Handlangern der Immobilienentwickler. Im September wurde ein Chinese, der sich in der nordöstlichen Provinz Liaoning aus Protest gegen die Zerstörung seines Hauses selbst in Brand setzte, von einem Polizisten erschossen. Zuvor war sein Vater durch Polizisten, welche die Räumung absicherten, angeschossen worden.
Laut Amnesty International hat sich die chinesische Regierung bereits bewegt. Die getroffenen Regelungen gehen der Menschenrechtsorganisation allerdings nicht weit genug. "Diese Bestimmungen beziehen sich nur auf den städtischen Raum", sagt China-Expertin Verena Harpe. China sei als Mitglied des UN-Sozialpakts verpflichtet, einen umfassenden Schutz vor Zwangsräumungen zu gewährleisten.
Die Amnesty-Vorwürfe kommen zeitgleich zum Besuch des deutschen Außenministers Guido Westerwelle in China. Im Mittelpunkt seiner Visite stehen der Ausbau der "strategischen Partnerschaft" zwischen Berlin und Peking, die Feiern zum 40. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen sowie internationale Krisen wie in Syrien und die Atomstreitigkeiten mit dem Iran und Nordkorea. Westerwelle will laut Regierungskreisen aber auch Menschenrechtsfragen ansprechen.
Quelle: ntv.de, jog/AFP