Politik

Streit um Ägyptens Verfassung Mursi deutet Verschiebung an

Die Demonstranten drangen bis zu den Außenmauern des Palastes vor.

Die Demonstranten drangen bis zu den Außenmauern des Palastes vor.

(Foto: AP)

Ägyptens Staatschef Mursi ist bereit, den Volksentscheid über den umstrittenen Verfassungsentwurf zu verschieben. Allerdings müsse dies rechtlich abgesichert werden, heißt es aus seinem Umfeld. Die Verschiebung dürfe ihm nicht als Verfahrensfehler angekreidet werden. Zuvor überwinden Demonstranten in Kairo die Absperrungen zum Präsidentenpalast. Der Angriff wird abgewehrt.

Zehntausende nahmen an der Großdemo in Kairo teil. Abgesehen von einigen Zwischenfällen blieb es bis zum Abend meist friedlich.

Zehntausende nahmen an der Großdemo in Kairo teil. Abgesehen von einigen Zwischenfällen blieb es bis zum Abend meist friedlich.

(Foto: AP)

Nach tagelangen Massenprotesten gegen Ägyptens Prä sident Mohammed Mursi gibt es Anzeichen für eine Verschiebung des umstrittenen Verfassungsreferendums der Islamisten. Entsprechende Signale kamen aus der Wahlkommission. Mursis Stellvertreter Mahmud Mekki äußerte sich ebenfalls entsprechend.

In Kairo, Alexandria und mehreren Provinzstädten protestierten Zehntausende Demonstranten gegen die Machtpolitik der Muslimbrüder.  Erneut kam es dabei zu Gewalt. Augenzeugen berichteten von Toten und Verletzten.

Die Gegner Mursis überwanden bei einer Großdemonstration vor dem Präsidentenpalast in Kairo die Stacheldrahtbarrieren. Wie Reporter berichteten, verhinderten Soldaten das Vordringen der Demonstranten auf das Gelände des Präsidentenpalastes. An der Demonstration beteiligten sich mehr als 10.000 Ägypter. Panzer waren im Einsatz. Demonstranten sprühten Sprüche wie "Verschwinde!" auf die äußeren Mauern des Gebäude-Komplexes.

Die staatlichen Medien meldeten am Freitagabend, die ursprünglich für diesen Samstag geplante Abstimmung der im Ausland lebenden Ägypter werde nun doch erst am Mittwoch beginnen. Die Wahlkommission habe einem entsprechenden Vorschlag zugestimmt, hieß es. Ob auch der Termin für die Abstimmung in Ägypten verschoben wird, wie Beobachter vermuteten, blieb unklar. Das von den Islamisten initiierte Verfassungsreferendum sieht weitreichende Vollmachten für Mursi bis zum Inkrafttreten einer neuen Verfassung vor. Bislang ist der 15. Dezember als Termin vorgesehen.

Demonstranten zeigen die "Rote Karte"

Die Kundgebungen standen unter dem Motto "Rote Karte für Mursi". Auf dem Tahrir-Platz hielten einige Demonstranten Transparente mit der Aufschrift "Wir sind gegen die Muslimbrüder, nicht gegen den Islam" hoch.

Nach Informationen des Nachrichtensenders Al-Arabija wurden zudem in Kafr al-Scheich und Al-Bahaira Einrichtungen der Islamistenbewegung angegriffen.

Der Vorsitzende der Partei der Muslimbrüder, Saad al-Katatni, bezeichnete die Proteste als "Verschwörung", bei der im Hintergrund die Überbleibsel des alten Regimes von Präsident Husni Mubarak aktiv seien. Gleichzeitig betonte er, seine Bewegung sei bereit, "alle Vorschläge" für eine Beilegung der Krise anzuhören.

Mursi wird mit Mubarak verglichen

Mursi während seiner TV-Ansprache am Donnerstag.

Mursi während seiner TV-Ansprache am Donnerstag.

(Foto: REUTERS)

Inzwischen fühlen sich auch einige Oppositionelle  an die Ära des früheren ägyptischen Machthabers Husni Mubarak erinnert. Sie warfen Mursi vor, er habe in seiner Rede an die Nation am Donnerstagabend die gleichen Klischees und Verschwörungstheorien bemüht wie sein Vorgänger. Mursi hatte in einer Fernsehansprache erklärt, es werde keine Änderungen an dem Verfassungsentwurf geben, der von den Islamisten formuliert worden war. Auch der Termin für das Referendum werde nicht verschoben. Er lud die Oppositionellen zu einem Dialog an diesem Samstag ein.

Die Jugend-Revolutionsbewegung 6. April und mehrere maßgebliche Oppositionsparteien erklärten, sie wollten auf diesen Dialog verzichten. Er sei nur ein PR-Gag. Zu ihnen gehörte der linke Politiker Hamdien Sabahi. Er sagte nach Angaben des staatlichen Nachrichtenportals "Al-Ahram": "Unsere Revolution hat friedlich begonnen und so wird sie auch enden."

Der Koordinator der Nationalen Rettungsfront, Mohammed ElBaradei, erklärte: "Mursi hat die Tür zugeschlagen." Ein Dialog mit dem Präsidenten sei nicht mehr möglich, da dieser nicht bereit sei, Kompromisse zu schließen.

Vor den Toren der Media Production City in Kairo demonstrierten mehrere hundert Anhänger des Salafisten-Predigers Hasem Abu Ismail. Sie forderten die "Säuberung der privaten Fernsehsender", weil diese zu negativ über die Islamisten berichteten.

UN verurteilen Verfassungsentwurf

UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay sieht eine Reihe von besorgniserregenden Elementen in dem von den Islamisten formulierten Entwurf für Ägyptens neue Verfassung. Der Text verbiete zum Beispiel nicht ausdrücklich Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Religion und Herkunft, sagte Pillay in Genf. Die Verfassung würde einige Menschenrechte garantieren, doch gebe es auch "einige sehr besorgniserregende Auslassungen und Unklarheiten."

Quelle: ntv.de, dpa

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