Zusammenbruch der Sowjetunion Kremltreue wollen Klage gegen Gorbatschow
10.04.2014, 12:08 Uhr
Michail Gorbatschow erklärt im Dezember 1991 seinen Rücktritt.
(Foto: picture alliance / dpa)
Hat Michail Gorbatschow den Zusammenbruch der UdSSR absichtlich herbeigeführt? Russische Parlamentarier sind davon überzeugt und wollen den ehemaligen Staatschef deshalb vor Gericht sehen.
Für Russlands Präsident Wladimir Putin ist der Zusammenbruch der Sowjetunion die "größte geopolitische Katastrophe des Jahrhunderts". Abgeordnete des Parlaments sehen das offenbar ähnlich und machen den damaligen Generalsekretär der KPdSU, Michail Gorbatschow, für die Ereignisse im Jahre 1991 verantwortlich. Sie fordern den russischen Generalstaatsanwalt auf, die Rolle des Friedensnobelpreisträgers zu untersuchen und ihn anzuklagen.
Fünf Abgeordnete der Duma aus drei verschiedenen Parteien haben ein entsprechendes Gesuch unterzeichnet, wie die "Iswestja" berichtet. Ihre Argumentation: Die damalige sowjetische Führung habe illegalerweise das Referendum vom März 1991 ignoriert, bei dem sich die Einwohner der Sowjetunion für die staatliche Einheit aussprachen.
"Die Folgen der Ereignisse von 1991 ernten wir bis heute", zitiert die "Stimme Russlands" einen Abgeordneten der Liberaldemokraten von Wladimir Schirinowski. "In Kiew werden weiterhin Menschen sterben, und das durch das Verschulden jener, die vor vielen Jahren im Kreml beschlossen hatten, das Land zugrunde zu richten."
Das Anliegen sei "völliger Schwachsinn", sagte Gorbatschow. Die Abgeordneten wollten sich nur wichtig machen. "Ihnen gefällt es, dass über sie geredet wird, dass ihre Namen genannt werden", ergänzte der 83-Jährige.
Staatsstreich verhinderte Vertrag
Das Referendum vom März 1991 hatte den einzelnen Republiken mehr Eigenständigkeit zugesichert. Gorbatschow wollte am 20. August 1991 mit Vertretern der Sowjetrepubliken einen entsprechenden neuen Staatsvertrag unterzeichnen. Dazu kam es allerdings nicht. Denn einen Tag putschten sowjetische Hardliner, darunter der Verteidigungs-, der Innenminister und der Geheimdienstchef. Sie sahen in der von Gorbatschow eingeleiteten Politik von "Glasnost" (Transparenz) und "Perestroika" (Umgestaltung) den Grund für den Niedergang der UdSSR. Mit militärischer Gewalt sollte das Auseinanderfallen der Union verhindert werden.
Der Staatsstreich scheiterte - und verstärkte die Fliehkräfte in dem Riesenreich. So erklärte Estland seine Unabhängigkeit von der Sowjetunion. Im August 1991 folgte die Ukraine, danach weitere Republiken. Der russische Präsident Boris Jelzin, der ukrainische Präsident Leonid Krawtschuk und Weißrusslands Parlamentschef Stanislaw Schuschkjewitsch besiegelten am 8. Dezember 1991 das Ende der UdSSR und hoben den lockeren Staatenbund Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) aus der Taufe. Gorbatschow - nunmehr entmachtet - trat wenig später zurück.
Gorbatschow hatte sich im vergangenen März für einen Beitritt der Krim zu Russland ausgesprochen. Die Halbinsel sei einst auf Beschluss von Ex-Staatschef Nikita Chruschtschow der Ukraine zugeschlagen worden, ohne dass die Krim-Bevölkerung selbst gefragt worden wäre, sagte Gorbatschow. "Jetzt haben die Menschen auf der Krim beschlossen, diesen Fehler zu korrigieren."
Quelle: ntv.de