Politik

Kartennummern, Adressen, Kontaktdaten Russland fordert Daten von EU-Bürgern

Zeigt her eure Daten: Russlandreisenden wird in Zukunft womöglich mehr abgefragt, als dem Pass zu entnehmen ist.

Zeigt her eure Daten: Russlandreisenden wird in Zukunft womöglich mehr abgefragt, als dem Pass zu entnehmen ist.

(Foto: picture-alliance / dpa)

Wer künftig aus der EU nach Russland reist, von dem verlangen die dortigen Behörden die Übermittlung sämtlicher bei der Reisebuchung anfallenden Daten. Andernfalls droht den europäischen Fluggesellschaften ein Flugverbot. EU-Parlamentarier kritisieren die Forderung - zumal der Umgang mit solchen Daten nicht einmal innerhalb der EU abschließend geregelt ist.

Das Gipfeltreffen zwischen der Europäischen Union und Russland in Jekaterinburg wird durch einen Streit über die Weitergabe persönlicher Daten von Russlandreisenden belastet. Wie die "Süddeutsche Zeitung" mitteilt, soll ein entsprechendes Dekret vom russischen Transportministerium vorliegen. Dem zufolge sollen alle Fluggesellschaften, die über russisches Hoheitsgebiet fliegen oder dort starten beziehungsweise landen wollen, den Behörden alle bei der Buchung des Tickets anfallenden Daten mitteilen. Dies beinhaltet sowohl Kreditkartennummern als auch Sitzplatzwünsche sowie Adressen und weitere Kontaktdaten am Zielort in Russland. Das zum 1. Juli in Kraft tretende Dekret betrifft jedoch nicht nur Flugreisende, sondern ebenso Passagiere von Schiffen, Zügen oder Bussen.

Der Sprecher von EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström sagte, man sei "äußerst besorgt". Sollte Moskau nicht zum Einlenken bereit sein, gerieten europäische Fluggesellschaften in einen Konflikt zwischen Normen der EU und der Russischen Föderation. In letzter Konsequenz drohe das Verbot, russische Flughäfen und russischen Luftraum zu nutzen. Fluggesellschaften dürfen nach EU-Recht persönliche Daten ihrer Passagiere nicht ohne Weiteres an Drittstaaten weitergeben. Denkbar wäre das nur auf der Basis eines Datenschutzabkommens, wie es beispielsweise 2012 die EU und die USA über Fluggastdaten geschlossen haben.

Im April hatte ein Ausschuss des Europaparlaments noch einen Vorschlag der Europäischen Kommission abgelehnt, nach welchem die Daten von in die EU Ein- und Ausreisenden bis zu fünf Jahre zentral gespeichert werden sollen. Eine endgültige Entscheidung steht jedoch weiterhin aus. Die christdemokratischen Parteien, auf deren Betreiben die Pläne ausgearbeitet wurden, hoffen nach Prüfung durch ein Gremium auf eine Abstimmung im Parlament.

Russland will gleiche Behandlung wie die USA

Der Europaabgeordnete Knut Fleckenstein (SPD) sagte, er sei von besorgten und ratlosen Vertretern diverser Fluggesellschaften aufgesucht worden. Malmströms Sprecher zufolge gestaltet sich die Kommunikation mit Russland zäh. Die Kommission sei nicht vorab informiert worden, ein Brief vom 15. März sei unbeantwortet geblieben. Zu den Hintergründen wird in Brüssel daher nur spekuliert. Einerseits dürfte Russland die Forderung wie die USA mit der Abwehr von Terrorismus und Schwerverbrechen begründen. Andererseits will Moskau wohl von der EU nicht anders behandelt werden als die Amerikaner.

Fleckenstein sagte, die russischen Ansprüche auf Fluggastdaten seien im Rahmen der lange stockenden Verhandlungen über Visums-Erleichterungen aufgekommen. Wenn die Russen "nun auf der Schlussgeraden dieser Verhandlungen einen ganzen Baumstamm in den Weg legen", stelle sich die Frage, wie groß das Interesse an einer Einigung sei. Die Kommission könne hier keine Zugeständnisse machen. Er forderte Moskau auf, das Dekret vorübergehend aufzuheben, um den Weg für Verhandlungen über ein Datenschutzabkommen zu ebnen. EU-Diplomaten zufolge dürfte über ein solches Moratorium gesprochen werden. Derweil gibt es weitere Länder mit Begehrlichkeiten. Der Grünen-Europaabgeordnete Jan-Philipp Albrecht sagte, auch Katar und Saudi-Arabien wollten Fluggastdaten haben.

Neben dem Visa-Thema werden beim EU-Russland-Gipfel der Syrien-Konflikt und die Energiepolitik eine Rolle spielen. Der Gipfel beginnt am Montag mit einem Dinner und wird am Dienstag beendet. Der EU-Delegation gehören unter anderen Kommissionschef José Manuel Barroso und Energiekommissar Günther Oettinger an.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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