Politik

Deutschland legt Protest ein Teheran lässt Merkel kreisen

Regierungssprecher Seibert (3.v.l.) informiert an Bord des Flugzeugs über den Vorfall.

Regierungssprecher Seibert (3.v.l.) informiert an Bord des Flugzeugs über den Vorfall.

(Foto: dpa)

Deutschland nimmt die "Respektlosigkeit" Teherans nicht hin, sagt Außenminister Westerwelle und bestellt den iranischen Botschafter ins Auswärtige Amt. Hintergrund ist der Eklat mit dem Regierungs-Airbus "Konrad Adenauer". Der Maschine mit Bundeskanzlerin Merkel an Bord werden die zuvor erteilten Überflugrechte entzogen - und in Neu Delhi muss Premier Singh auf seinen Gast aus Deutschland stundenlang warten.

Der "Airshow-Monitor" zeigt auf dem Flug von Berlin nach Neu Delhi im neuen Regierungsflugzeug "Konrad-Adenauer" die Flugroute über den Iran an.

Der "Airshow-Monitor" zeigt auf dem Flug von Berlin nach Neu Delhi im neuen Regierungsflugzeug "Konrad-Adenauer" die Flugroute über den Iran an.

(Foto: dpa)

Aus Protest gegen die Verweigerung von Überflugrechten für die Maschine von Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) den iranischen Botschafter in Berlin, Ali Resa Scheich Attar, einbestellt. "Die Behinderung der Reise der deutschen Bundeskanzlerin durch den Iran ist absolut inakzeptabel", erklärte Westerwelle. "Das ist eine Respektlosigkeit gegenüber Deutschland, die wir nicht hinnehmen werden."

Bei dem Gespräch mit dem iranischen Botschafter werde er "in großer Klarheit unterstreichen, dass ein solcher Verstoß gegen alle internationalen Gepflogenheiten von Deutschland in keiner Weise akzeptiert werden wird", betonte Westerwelle.

Der Zwischenfall bringt für Journalisten und Diplomaten mehr Arbeit, ...

Der Zwischenfall bringt für Journalisten und Diplomaten mehr Arbeit, ...

(Foto: dpa)

Der Iran hatte mit dem Vorfall für einen diplomatischen Eklat gesorgt. Kurz nachdem der Regierungs-Airbus 340 "Konrad Adenauer" in den iranischen Luftraum geflogen war, entzog der Iran der Maschine die zuvor erteilten Überflugrechte wieder. Das Flugzeug musste zurück in die Türkei fliegen und dort kreisen. Erst nach mehr als einstündigen Verhandlungen, in die auch die Türkei und das Auswärtige Amt in Berlin einbezogen wurden, revidierte die iranische Seite ihre Entscheidung, so dass Merkel wieder Richtung Indien fliegen konnte. Dort nimmt sie zusammen mit einigen Ministern an Regierungskonsultationen teil.

Genehmigung in letzter Minute

... für andere Mitglieder der Regierungsdelegion eine zusätzliche Mütze voll Schlaf.

... für andere Mitglieder der Regierungsdelegion eine zusätzliche Mütze voll Schlaf.

(Foto: dpa)

Die Neuerteilung der Überflugrechte geschah offenbar in letzter Minute, denn ansonsten hätte der neue Airbus 340 wegen Treibstoffmangels in der Türkei zwischenlanden müssen. Ein zweites deutsches Regierungsflugzeug mit etlichen Bundesministern an Bord, das etwas früher aus Berlin losgeflogen war, konnte Iran dagegen offenbar problemlos überqueren. Verteidigungsminister Thomas der Maiziere, Innenminister Hans-Peter Friedrich, Wissenschaftsministerin Annette Schavan und Verkehrsminister Peter Ramsauer erreichten Indien planmäßig.

"Einen solchen Vorfall hat es noch nicht gegeben", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Offene Kritik an Iran äußerte er nicht. Der Vorfall sei aber "zumindest ungewöhnlich". Die EU hatte erst vor wenigen Tagen neue Sanktionen gegen Iran im Zusammenhang mit dem umstrittenen Atomprogramm verhängt.

Jungfernflug mit Merkel

Es ist der Jungfernflug der neuen Kanzlerinnen-Maschine mit dem Namen "Konrad Adenauer". Inzwischen ist Merkel mit mehr als zwei Stunden Verspätung in der indischen Hauptstadt angekommen. "So etwas habe ich noch nicht erlebt", sagte die Kanzlerin zu dem Vorfall. "Die Piloten auch nicht."

Kanzlerin wirbt für Eurofighter

Indiens Premier Manmohan Singh musste etwas auf die deutsche Regierungschefin warten.

Indiens Premier Manmohan Singh musste etwas auf die deutsche Regierungschefin warten.

(Foto: AP)

Hauptthemen der deutsch-indischen Regierungskonsultationen sind die Energie-, Wirtschafts- und Finanzpolitik. Die Kanzlerin stellte sich bei ihrem Besuch ungewöhnlich deutlich hinter die Offerte des Luftfahrtkonzerns EADS, Indien 126 Kampfflugzeuge des Typs "Eurofighter" zu verkaufen. "Wir sind von unserem Angebot überzeugt", sagte sie nach einem Treffen mit Ministerpräsident Manmohan Singh. Zugleich betonte Merkel, die Bundesregierung wolle aber nicht in den Vergabeprozess eingreifen. "Wir werden keinerlei Einfluss ausüben und sind überzeugt, dass der Prozess in völliger Transparenz abläuft", sagte sie. "Im Bewusstsein, dass wir ein gutes Produkt haben, warten wir ab."

Die indische Regierung will Ende des Jahres entscheiden, welche Kampfflugzeuge sie kauft. Im Rennen ist derzeit neben dem Eurofighter noch das französische Kampfflugzeug "Rafale". Merkels Bemerkung der Nicht-Intervention dürfte sich auf die Erfahrung eines U-Boot-Auftrages in Indien beziehen, bei dem die französische Regierung hinter den Kulissen massiven politischen Druck ausgeübt hatte, damit der französische Wettbewerber zum Zuge kommt.

EADS hofft auf den Großauftrag, der ein Volumen von mehr als zehn Milliarden Euro haben könnte. Teil des möglichen Geschäfts ist auch eine Option auf weitere 63 Flugzeuge sowie umfangreiche Wartungsverträge.

Auch erneuerbare Energien Thema

Indien wird nach Aussage von Ministerpräsident Singh an seinem ehrgeizigen Programm zum Ausbau der Atomenergie festhalten. "Auf absehbare Zeit ist dies unverzichtbar", sagte Singh nach dem Treffen mit Merkel. Während die Kanzlerin die Möglichkeit der engen Zusammenarbeit bei erneuerbaren Energien anbot, sagte Singh: "Wir wollen unsere Atom-Kapazität bis 2020 auf 20 Gigawatt steigern." Dies würde eine Vervierfachung der jetzigen Atommeiler-Kapazitäten in dem Schwellenland bedeuten. "Es ist ganz klar, dass Indien seine Emissionsziele (für Treibhausgase) nur erreichen kann, wenn es die Kernenergie einsetzt", sagte Singh angesichts von Wachstumsraten der Wirtschaft, die derzeit auf mehr als acht Prozent geschätzt werden.

Merkel betont, jedem Land stehe es frei, selbst über seinen Energiemix zu bestimmen. Deutschland habe sich für einen Ausstieg innerhalb von zehn Jahren entschieden.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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