Präsident bei Wahl bestätigt Tunesien bleibt autoritär regiert
26.10.2009, 17:22 UhrMit seinen 73 Jahren tritt der tunesische Präsident Ben Ali nach seinem deutlichen Sieg bei den jüngsten Wahlen seine vermutlich letzte Amtszeit an. Kritiker bemängeln, dass das Land erneut die Chance verpasst habe, sich von dem mit harter Hand regierenden Ben Ali zu trennen.
Der tunesische Präsident Zine el Abidine Ben Ali ist erwartungsgemäß mit großer Mehrheit für eine fünfte Amtszeit wiedergewählt worden. Auf den seit 22 Jahren autoritär regierenden Staatschef entfielen aber erstmals weniger als 90 Prozent der Stimmen, wie das Innenministerium mitteilte. Die gleichzeitig abgehaltene Parlamentswahl gewann Ben Alis Partei Konstitutionelle Demokratische Versammlung (RCD) ebenfalls klar.
Führende Vertreter der Opposition boykottierten die Wahl. "Die Regierung hat eine weitere Chance auf einen demokratischen Wandel in Tunesien vergeben", sagte Rachid Kechana von der Oppositionspartei PDP. Menschenrechtsgruppen hatten ein repressives Klima während des Wahlkampfs kritisiert. Laut amtlichem Endergebnis erreichte Ben Ali 89,62 Prozent der Stimmen. Abgeschlagen auf dem zweiten Platz landete Mohamed Bouchiha von der Partei der Volkseinheit (PUP) mit rund fünf Prozent der Stimmen, Dritter wurde Ahmed Inoubl von Unionistische Demokratische Einheit (UDU) mit knapp vier Prozent. Beide Kandidaten galten als regierungsnah.
"Echter demokratischer Wandel" gefordert
Ahmed Brahim von der Partei Ettajdid (Erneuerung), der als einziger ein tatsächlich oppositionelles Programm vertrat, kam den Angaben zufolge nur auf 1,57 Prozent. Brahim sagte, Tunesien benötige einen "echten demokratischen Wandel". Knapp 90 Prozent der 5,3 Millionen Wahlberechtigten hatten laut Innenministerium ihre Stimme abgegeben.
Bei den Parlamentswahlen holte die seit der Unabhängigkeit von Frankreich 1956 regierende RCD 161 der 214 Mandate. Sechs kleinere Parteien teilen sich die restlichen Sitze, darunter die PUP mit zwölf und die UDU mit neun Abgeordneten.
Menschenrechtler bemängeln Repressalien
Zuletzt war der heute 73-jährige Ben Ali 2004 mit mehr als 94 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt worden. Theoretisch dürfte sein fünftes Mandat nun auch sein letztes sein, denn die Verfassung begrenzt das Alter des Staatschefs auf 75 Jahre. Ben Ali hatte seinen Vorgänger Habib Bourguiba, den früheren Führer im Kampf gegen die französische Kolonialmacht, 1987 wegen "Senilität" für abgesetzt erklärt und regiert das Land seitdem mit harter Hand.
Menschenrechtler bemängeln Einschnitte bei Presse- und Meinungsfreiheit sowie Repressalien gegen Oppositionelle und starke staatliche Überwachung. Auch von Folter politischer Gefangener und fortgesetzter Isolationshaft ist die Rede. Unter dem Vorwand des Anti-Terror-Kampfs gegen islamistische Gruppen habe die Repression zum Teil sogar noch zugenommen. Als "Wall gegen den Islamismus" genießt die Regierung unter Ben Ali einen gewissen Bonus bei westlichen Demokratien. Tunesien gilt als eines der ruhigsten Länder in der arabischen Welt. Das Wirtschaftswachstum liegt bei drei Prozent. Der wirtschaftliche Erfolg und die weitgehend stabilen Verhältnisse locken auch viele ausländische Investoren an.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa