Wembleytorschütze frotzelt über Deutsche England testet Tortechnik, DFL bremst
12.08.2013, 15:20 Uhr
An Torlinientechniken mangelt es nicht, vier Anbieter gibt es. Dafür mangelt es in Deutschland am Willen und Vertrauen in die Technologie.
(Foto: dapd)
Nach dem "Torklau in Hoffenheim" flammt die Debatte um die Einführung der Torlinientechnik in Deutschland neu auf. In England wird sie in dieser Saison schon getestet - endlich, sagt Wembleytorschütze Geoff Hurst. Er hätte sich gern 50 Jahre deutsches Gejammere erspart.
Der Sonntag war ein guter Tag für den englischen Fußball, fand zumindest Sir Geoff Hurst. Denn an diesem Tag wurde die Torlinientechnik beim englischen Supercup zwischen Meister Manchester United und Pokalsieger Wigan Athletic getestet. Endlich, wie der Schütze des bis heute umstrittenen Wembleytores bei der WM 1966 anschließend meinte.
Drin oder nicht? Mit moderner Torlinientechnik hätte sich die ewige Frage zum Wembleytor wahrscheinlich korrekt beantworten lassen.
(Foto: picture alliance / dpa)
"Wenn wir dieses System schon vor 50 Jahren gehabt hätten, hätte es sehr klar gezeigt, dass mein Schuss mindestens einen Fuß hinter der Linie war", witzelte der frühere Nationalspieler im "Daily Telegraph". Hurst hatte im damaligen WM-Finale gegen Deutschland (4:2) drei Treffer erzielt, darunter auch das 3:2 - das als Wembleytor in die Geschichte eingegangen ist. Nun sagte Hurst: "Die Deutschen haben den Treffer immer angezweifelt." Hätte man damals schon die Torlinientechnik gehabt, hätte man sich die jahrzehntelangen Klagen der Deutschen ersparen können.
Klagen der Deutschen wegen fehlender Tortechnik gibt es auch im Moment wieder, mit England hat das allerdings nur bedingt zu tun. Hauptgrund ist der "Torklau" von Hoffenheim am vergangenen Samstag: das reguläre Tor von Kevin Volland in der 45. Minute, das Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer nicht anerkannte. Er hatte nicht gesehen, dass der Ball die Linie deutlich überquert hatte.
DFL mauert weiter
Eine schnelles Ende der Klagen ist nicht zu erwarten. In der Debatte um eine sofortige Einführung der Technik, die durch die Premiere in England befeuert wurde, hat die Deutsche Fußball Liga (DFL) ihren Standpunkt vehement verteidigt. Der lautet: "Derzeit gibt es nach unserer Einschätzung noch kein perfekt ausgereiftes System, welches diese tiefgreifende und möglicherweise dann endgültige Entscheidung einer sofortigen Einführung rechtfertigt." Das sagte DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig in der "Bild"-Zeitung. Heißt im Klartext: Torlinien-Technologie ja, aber frühestens zum 1. Juli 2015.
DFL-Vorstandsmitglied Heribert Bruchhagen, gleichzeitig Vorstandsboss von Eintracht Frankfurt, rechtfertigte die Haltung der DFL im "Kicker" mit scheinbar objektiven Argumenten. Die lauten unter anderem: "Alle Systeme der vier Anbieter bieten noch keine hundertprozentige Sicherheit." Dass die Fehlentscheidung in Hoffenheim mit Torlinientechnik verhindert worden wäre, sei "hypothetisch".
Zweifel an der Zuverlässigkeit
Zudem mache die Popularität des Fußballs ja auch aus, "dass in allen Klassen von der Bundesliga bis zur Kreisebene unter gleichen Voraussetzungen gespielt wird". Allein schon aus Kostengründen könne die Technologie nur in der Bundesliga und 2. Liga eingeführt werden. Das allerdings ist im Tennis auch so, wo das "Hawk-Eye" nur bei bestimmten Turnieren und dort auch nur auf den großen Plätzen eingesetzt wird.
Trotzdem hat man sich dort entschieden, zumindest einige technisch korrigierbare Fehlentscheidungen auszumerzen - ein Weg, den nun auch die englische Premier League geht. Das "Hawk-Eye-System" wird auch in der kommenden Saison eingesetzt, als Testphase. Damit könnte es der DFL als Vorbild dienen - und Argumente für eine Einführung schon vor 2015 liefern.
Ob die bei der DFL verfangen? Die Abwehrhaltung der DFL scheint unaufweichbar. Bruchhagen weist beispielsweise darauf hin: "Es gibt einen Risikobereich von bis zu drei Zentimetern. Was passiert denn, wenn trotz Einführung einer Technik ein Treffer nicht angezeigt wird?" Die simple Antwort lautet: Dann ist die Entscheidung schlimmstenfalls genauso falsch wie ohne Technik.
Quelle: ntv.de, cwo/dpa/sid