Fußball

In den Händen von "Richter Knallhart" Ulrich H. kämpft um sein Vermächtnis

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(Foto: picture alliance / dpa)

Es wird einer der spannendsten Prozesse der letzten Jahre: Uli Hoeneß steht ab kommenden März vor Gericht. Ihm droht im schlimmsten Fall eine Haftstrafe. Die drängendste Frage bleibt, wie lange der Aufsichtsrat des FC Bayern München ihn noch an seiner Spitze halten kann.

"Der Rechtsstaat nimmt seinen Lauf." Regierungssprecher Steffen Seibert fasste die Nachrichten in der Steueraffäre Uli Hoeneß wenige Minuten nach ihrem Bekanntwerden schon so kurz und knackig zusammen, man könnte meinen, der Mann sei Journalist. "Ulrich H.", wie der Präsident des FC Bayern in der Pressemitteilung heißt, muss sich ab März 2014 vor dem Oberlandesgericht München II verantworten. Die Anklage lautet auf Einkommensteuerhinterziehung. Alles erwartbar soweit, und doch gibt es eine besondere Note.

Der Aufsichtsrat des Fußball-Bundesligisten FC Bayern München hat eine Erklärung abgegeben. Der Vorsitzende dieses Aufsichtsrates heißt Uli Hoeneß, und das solle so bleiben, heißt es da. Ein Gutachten untermauere diese Position. Rechtsexperten seien demnach der Ansicht, es liege "im Rahmen des den Mitgliedern des Aufsichtsrats zustehenden Ermessens", Hoeneß das Vertrauen auszusprechen. Weil sie also dürfen, halten all die Sponsoren, die im Aufsichtsrat sitzen, an Hoeneß fest. Schwergewichte wie Adidas, Volkswagen und die Deutsche Telekom, akzeptieren also einen Steuersünder an der Spitze des Bayern-Aufsichtsrates. Das ist bemerkenswert - und ruft Kritiker auf den Plan.

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Soll Uli Hoeneß zurücktreten?

"Das ist eine Frage von Anstandsregeln, Anstandsbewusstsein, von moralisch sittlichem Empfinden. Und da habe ich offenkundig andere Maßstäbe als die Herren (...)", sagte Joachim Poß, Vize-Fraktionschef der SPD, bei n-tv. "Hoeneß sollte jetzt zurücktreten", sagte Unternehmensführungs-Experte Christian Strenger der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Für Sylvia Schenk von Transparency International stellt sich eine moralische Frage: "Braucht es an der Spitze eines Vereins wie dem FC Bayern München einen Menschen, der glaubwürdig für Fairness und Regeleinhaltung steht?"

Selbstanzeige reicht nicht aus

Die wohl größte lebende Instanz in jeglichen geistlichen und weltlichen Angelegenheiten hat Hoeneß schon längst vergeben: "Ich denke, wir sollten niemanden verurteilen, der mal einen Fehler gemacht hat. Selbst die katholische Kirche gewährt eine zweite Chance", sagte Franz Beckenbauer. Nun gehört aber dies genau zu den Aufgaben des Oberlandesgerichtes München: Menschen verurteilen, die einen so schwerwiegenden Fehler gemacht haben, dass sie dabei das Gesetz gebrochen haben.

Hoeneß reiste mit dem Team nach Plzen - den Kameras entkam er nicht.

Hoeneß reiste mit dem Team nach Plzen - den Kameras entkam er nicht.

(Foto: REUTERS)

Welchen Fehler hat Hoeneß gemacht? Er hat ein Konto bei der Vontobel Bank in der Schweiz nicht korrekt angezeigt. Mit dem Geld spekulierte der Bayern-Präsident an der Börse, die Erträge versteuerte er aber nicht korrekt. Insgesamt geht es noch um 3,2 Millionen Euro. Er selbst zeigte sich an – ein Versuch, sich noch vor der Strafverfolgung zu retten.

Den Ermittlern reichte das nicht. Zu Hoeneß' Verwunderung, wie er nun in der "Sport Bild" sagt: "Ich bin sehr überrascht, dass unsere Selbstanzeige vom 17. Januar bis jetzt von den Behörden nicht für wirksam erklärt wird." Mit seiner Überraschung dürfte Hoeneß allerdings alleine stehen. Schon kurz nach dem 17. Januar drangen Gerüchte in die Öffentlichkeit, die Akten seien unvollständig. So unvollständig, dass Hoeneß selbst eine zweite Selbstanzeige nachlegte – die allerdings erfolgte zu spät, weil zu diesem Zeitpunkt bereits Ermittlungen gegen den Bayern-Präsidenten liefen. Sogar einen Haftbefehl hatten die Strafbehörden schon ausgestellt, aus dem sich Hoeneß herauskaufte, mit einer Kaution von 500.000 Euro.

Hoeneß halten – um jeden Preis?

Uli Hoeneß hat also Steuern hinterzogen – in dem Prozess ab März geht es nur noch darum, wie teuer das für ihn wird. Mit Nachsicht vom zuständigen Richter Rupert Heindl sollte er nicht rechnen, der trägt den Spitznamen "Richter Knallhart". Hoeneß zeigt sich noch kämpferisch: "Ich werde mit den Anwälten in den nächsten Monaten sehr hart daran arbeiten, dass unsere Argumente das Gericht überzeugen", sagte er der "Sport Bild". Hoeneß droht eine Geld- oder sogar eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren. Und sein Vermächtnis beim FC Bayern München könnte Schaden nehmen - wenn sich nämlich der Aufsichtsrat doch gezwungen sieht, ihren als Steuersünder verurteilten Chef durch die Hintertür zu verabschieden.

Die Mitglieder des Vereins FC Bayern München, das führt der Aufsichtsrat in seinem Statement an, stehen laut Umfragen hinter Uli Hoeneß, der ihr Präsident ist. Aber der Aufsichtsrat führt nicht den Verein, sondern die Geschäfte der AG, letztlich also das Unternehmen FC Bayern. Das kann sich eigentlich nicht dem Ruch der Steuerkriminalität aussetzen.

Zwar betont Hoeneß stets, er habe als Privatmann das Gesetz gebrochen, und die Steueraffäre habe nichts mit dem Verein zu tun. Allerdings ist bei Führungskräften von millionenschweren Unternehmen der Anspruch an den persönlichen Lebenswandel sehr hoch. Den Fiskus um Millionen betrügen, und trotzdem Chef von Siemens bleiben? Schwer vorstellbar. Zwar betont der Aufsichtsrat in seinem Statement, es gebe auch bei einer strafrechtlichen Verurteilung kein Amtsverbot. Allerdings gibt es die "Mechanismen der Branche", von denen man im Fußball immer dann hört, wenn ein Trainer kurz vor dem Rauswurf steht. Diese Mechanismen könnten spätestens greifen, wenn der Rechtsstaat ab März seinen Lauf nimmt.

Quelle: ntv.de, mit sid/dpa

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