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Drei- oder Vierzylinder? BMW 2er Active Tourer - sportliche Qual der Wahl

Im Vergleich zum Vorgänger ist der neue BMW 2er Active Tourer ein ganz anderes Auto geworden. Nicht nur optisch, auch was Technik und Antrieb betrifft. Platz bietet er aber immer noch.

Im Vergleich zum Vorgänger ist der neue BMW 2er Active Tourer ein ganz anderes Auto geworden. Nicht nur optisch, auch was Technik und Antrieb betrifft. Platz bietet er aber immer noch.

(Foto: Fabian Kichbauer)

Vans ziehen keinen mehr hinter dem Ofen hervor? Vorsicht! Manchmal findet doch ein Hersteller einen Weg, dieses Segment noch einmal auf ganz eigene Art und Weise attraktiv zu machen. BMW könnte das mit dem neuen 2er Active Tourer gelingen, wie eine erste Ausfahrt nahelegt.

Der Van ist eigentlich out. Mehr oder weniger haben sich die Hersteller inzwischen dazu entschieden, dem SUV, von dem der Kunde gar nicht genug bekommen kann, den Vorzug zu geben. Doch siehe da, zwei Premiumhersteller sind bereit, mit recht unterschiedlichen Designkonzepten den verbleibenden Fans der hoch bauenden Platzriesen eine Alternative zum SUV zu bieten. Mercedes hat vor knapp drei Jahren seiner B-Klasse ein neues Outfit und eine entsprechende Dynamik verpasst. In München zieht man jetzt mit dem 2er Active Tourer nach. Und da ist es natürlich absolut klar, dass man, was Fahrdynamik betrifft, bei BMW keine Abstriche macht und den Schwaben hier schon gar nicht ohne Kampfansage das Feld überlassen wird.

Betrachtet man das Heck des BMW 2er Active Tourer, dann erinnert das eher an ein SUV als an einen Van.

Betrachtet man das Heck des BMW 2er Active Tourer, dann erinnert das eher an ein SUV als an einen Van.

(Foto: Fabian Kirchbauer)

Doch bevor wir dazu kommen, ob das gelungen ist, seien noch ein paar Worte zur Aufmachung des Active Tourers verloren. Denn ganz anders als in Stuttgart hat BMW seinen Van in die Richtung SUV bewegt. Tatsächlich sieht der 2er Active Tourer in der Front- und Heckansicht wie ein Sport Activity Vehicle (SAV), wie man es in Bayern nennt, aus. Auch in der Seitenansicht ist man sich ob der wuchtigen Räder nicht ganz sicher, ob es sich um einen Van oder einen Hochbeiner handelt. Anders, wenn man den Wagen aus einem schrägen Blickwinkel betrachtet. Jetzt könnte es auch ein 1er sein, nur wie ein schnöder Van sieht der Active Tourer von keinem Blickwinkel aus. Und das ist gut, denn er fährt sich auch nicht so.

Fährt nicht wie ein Van

Und dabei ist es auch völlig egal, ob man zur ersten Testfahrt den 220i mit seinem Reihendreizylinder und 170 PS oder den 223i mit Vierzylinder und 218 PS besteigt. Beide übrigens mit 48-Volt-Technologie, bestechen sie durch die BMW-typische spitze Lenkung, die bei kleinsten Bewegungen am Volant das Auto zielgenau dorthin führt, wo man es haben will. Das gelingt einmal mehr, wenn man dem 2er Active Tourer das optionale adaptive M-Fahrwerk mit frequenzselektiver Dämpfung und Tieferlegung um 15 Millimeter unterschnallt. Der Clou ist übrigens, dass es sich hierbei um ein mechanisch gesteuertes System handelt. Zusatzventile, die wie ein Bypass im Dämpfer platziert sind, sorgen bei geringen Fahrbahnunebenheiten, zum Beispiel Querfugen oder Besenrillen dafür, dass mehr Öl in den Dämpfer fließt und die Druckspitzen so geglättet werden. Konsequenz daraus: Man spürt eigentlich nichts, wähnt sich fast in einem Auto mit Luftfederung.

BMW hat dem 2er Active Tourer einiges an technischen Finessen mitgegeben, damit man schnell und sicher ums Eck kommt.

BMW hat dem 2er Active Tourer einiges an technischen Finessen mitgegeben, damit man schnell und sicher ums Eck kommt.

(Foto: Fabian Kirchbauer)

Auch sonst geizt BMW beim 2er Active Tourer nicht bei der Ausstattung. Zur Serie gehören das Navigationssystem, eine 2-Zonen-Klimaautomatik, eine automatische Hecklappe, eine ganze Reihe von Fahrassistenzsystemen, der Parkassistent mit Rückfahrkamera und die jüngste Generation des Bediensystems iDrive. Der Einstiegspreis liegt hier bei 34.750 Euro für den 218i mit 136 PS starkem Dreizylinder. Und selbst dem kann man ein Feature verpassen, mit dem man in Stuttgart stark in die Öffentlichkeit gegangen ist. Dort heißt es Augmented Reality, BMW nennt es Augmented View. Die Funktion ist dieselbe: Die Kartendarstellung des Navis wird durch einen auf dem Curve-Display über der Mittelkonsole eingeblendeten Live-Videostream der Frontkamera und darin befindlichen Zusatzinformationen angereichert. So kann zum Beispiel an einer Kreuzung oder Autobahnabfahrt ein animierter Richtungspfeil dafür sorgen, dass die richtige Abzweigung erwischt wird.

Ist der 223i die erste Wahl?

Das sind feine Beigaben, aber die verraten natürlich nichts darüber, wie der neue 2er Active Tourer sich fährt. Das ist nicht uninteressant, denn gerade der 223i mit einer schon erwähnten Systemleistung von 218 PS trägt einen völlig neu entwickelten Vierzylinder unter der Haube. Gemeinsam mit dem E-Motor schaufelt der Mild-Hybrid dann auch 360 Newtonmeter an die Antriebsräder, die übrigens wie beim 220i ein fehlerfrei arbeitendes Doppelkupplungsgetriebe über sieben Stufen weiterreicht. Wer hier den Kickdown probt, beschleunigt das Gefährt dann auch in 7,0 Sekunden auf Tempo 100 und wird bis zu 241 km/h schnell. Eine Geschwindigkeit, die im spanischen Andalusien unmöglich zu fahren ist. Dafür kann man aber ganz hervorragend durch das bergige Hinterland fahren und den Wagen hier auf Herz und Nieren prüfen.

Die Sportsitze sind im M-Paket für den BMW 2er Active Tourer als Option enthalten.

Die Sportsitze sind im M-Paket für den BMW 2er Active Tourer als Option enthalten.

(Foto: Fabian Kirchbauer)

Und da ist das Gesamtbild ein äußerst stimmiges. Denn abseits des außer Frage stehenden Fahrwerks sorgt nicht nur der Vierzylinder mit E-Unterstützung für ausreichende Leistungsentfaltung, sondern eine Antischlupfregelung, die in die Motorsteuerung integriert ist, für kurze Signalwege zur Stabilitätskontrolle (DSC) und damit für extrem kurze Regeleingriffe an die Traktion verlierenden Antriebsräder. Was einfach nur zur Folge hat, dass sich der 223i im Test durch eine sehr gute Kurvenstabilität auszeichnet und auch beim Spurt oder auf rutschiger Fahrbahn keine Schwächen zeigt. Einzig die Gedenksekunde, die sich der Antrieb im Zusammenspiel mit der E-Unterstützung gönnt, bis er auf vollen Schub schaltet, mag dem einen oder anderen negativ aufstoßen. Aber auch nur dann, wenn man es ganz eilig hat. Wer recht beschwingt durch das Hinterland in Andalusien fährt, der wird beim flotten Lauf ums Eck auch die Bremsen des Active Tourers schätzen lernen. Ein kompaktes Modul sorgt hier nämlich dafür, dass die Bremsbestätigung, die Bremskraftverstärkung und die Bremsregelung praktisch eins werden. Was nichts anderes heißt, als dass mithilfe eines elektrischen Aktuators an entsprechender Stelle der Bremsdruck verstärkt wird, so dass die Fahrstabilitätsregelung deutlich schneller eingreifen kann. Kurz gesagt: Der BMW 2er Active Tourer lässt sich ausgesprochen sportlich fahren.

Voller Spaß mit drei Zylindern

Nun kostet so ein 223i aber schon 41.000 Euro, was mit Blick auf das Konkurrenzumfeld immer noch recht preiswert, aber auch kein wirkliches Schnäppchen mehr ist. Lohnt es sich da vielleicht, alternativ den stärkeren Dreizylinder in Form des 220i, der ja ebenfalls mit einer 48-Volt-Unterstützung unterwegs ist, ins Auge zu fassen? Auf jeden Fall. Gar nicht so in puncto Verbrauch. Hier geben sich beide Triebwerke ausgesprochen zurückhaltend. In der ersten Ausfahrt ging der 223i mit 7,3 Litern, der 220i mit 6,8 Litern jeweils über die Distanz von 158 Kilometern. Allerdings gilt es hier die Topografie des bergigen Hinterlands in die Rechnung mit einzubeziehen. Wer auf planer Strecke verhalten fährt, sollte mit Leichtigkeit deutlich geringere Verbräuche einfahren.

Die Größe des Kofferraums hängt beim BMW 2er Active Tourer von der Antriebsart ab.

Die Größe des Kofferraums hängt beim BMW 2er Active Tourer von der Antriebsart ab.

(Foto: Fabian Kirchbauer)

Doch der verhaltene Durst soll gar nicht den Vergleich anführen. Vielmehr geht es hier um die Leistungsdaten und den Kampf Drei- gegen Vierzylinder. Und da schlägt sich der Sechszylinder des kleinen Mannes mit E-Unterstützung ganz hervorragend. Nein, nicht im Sprint, denn der 220i braucht eine Sekunde mehr, um Landstraßentempo zu erreichen und auch bei der im Datenblatt angegebenen Endgeschwindigkeit ist der 223i knapp 20 km/h schneller. Aber im bergigen Kurvengewirr lässt der Dreiender einfach mal nichts anbrennen. Er beschleunigt souverän und ohne große Verzögerung. Die mit E-Unterstützung generierten 280 Newtonmeter Drehmoment an der Vorderachse ziehen den 1,5 Tonnen schweren Bayern ohne Probleme die Berge hoch und reichen auch für einen passablen Sprint. Am überraschendsten ist aber, dass die nicht jedem genehme Geräuschkulisse des Dreizylinders in keiner Sekunde aufdringlich oder unangenehm wirkt.

Sie sind nicht alle gleich

Wer hier also abseits von Leistungsdaten, Zylinderzahl und Höchstgeschwindigkeit nur auf den Preis guckt, kann getrost auf den 220i setzen und gut 6000 Euro sparen. Denn alle anderen Beigaben, die BMW für den 2er Active Tourer bereithält, die gibt es ohnehin für alle Motorvarianten, zu der in Zukunft übrigens auch ein Plug-in-Hybrid zählen wird, der sich in einer ersten Ausfahrt als echter Sparmeister mit 90 Kilometern rein elektrischer Reichweite präsentiert hat. Der Grund dürfte wohl auch sein, dass er von Technologien profitiert, die vorerst nur dem iX und dem i4 vorbehalten waren. Da es sich bei der Fahrt im PHEV aber noch um eine Fahrt mit Prototypen handelte, soll hier gar nicht weiter über den 230e xDrive berichtet werden, der mit seinen 326 PS Nennleistung für den Moment dann auch die Leistungsspitze bilden dürfte.

Noch ist der Plug-in-Hybrid des BMW 2er Active Tourer ein Prototyp, aber selbst der zeigte sich auf einer ersten Ausfahrt von einer guten Seite.

Noch ist der Plug-in-Hybrid des BMW 2er Active Tourer ein Prototyp, aber selbst der zeigte sich auf einer ersten Ausfahrt von einer guten Seite.

(Foto: Fabian Kirchbauer)

Was letztlich wieder alle 2er Active Tourer eint, ist das großzügige Raumgefühl, das mit mehr Kopf-, Schulter- und Ellbogenfreiheit als im Vorgänger einhergeht. Hinzu kommt eine im Verhältnis 40:20:40 zu teilende Fondsitzlehne. Allerdings ist das Stauvolumen abhängig vom Modell. Der 218i und der 218d bieten mit 470 und bis zu 1455 Litern den größten Platz. Gefolgt vom 220i und 223i mit 405 und 1405 Litern. Der Plug-in-Hybrid hat mit 406 und 1370 Litern bauartbedingt das kleinste Gepäckabteil.

Gleich ist hingegen der mit reichlich Ablageflächen gesegnete Innenraum. Da gibt es neben dem klassischen Handschuhfach ein in die seitlich aufklappende Armauflage integriertes Fach, das zugegebenermaßen recht flach ist. Wirklich pfiffig ist aber der Ablagebereich für das Smartphone in der Mittelkonsole. Nicht nur, dass es sich aufrecht hinstellen lässt, so dass jederzeit das Display zu sehen ist, es kann auch induktiv geladen und mit einer Spange arretiert werden. Echt clever.

Quelle: ntv.de

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