Ist er so gut, wie er aussieht?BMW iX3 muss sich beweisen - Testfahrt mit dem Serienmodell
Von Patrick Broich, Málaga
Mit der Neuen Klasse möchte BMW einen radikal neuen Weg einschlagen. Dabei ist der iX3 ziemlich konventionell. Aber schon anders natürlich und mit dem Zeug gesegnet, der E-Mobilität einen Boost zu verpassen. ntv.de war mit dem Serienmodell unterwegs.
Wer ein bisschen in der Händlerszene horcht, bekommt gesagt, dass der iX3 ganz gut angenommen wird. Sie wollen gleich zum Marktstart ein Auto haben? Das könnte knapp werden. Klar, die Leute können den ersten Vertreter der Neuen Klasse ja bereits seit Anfang September genau studieren. Und die historische Niere in schmaler Designsprache mit LED-Beleuchtung plus Signatur auf modernem 2025er-Level ist eben einfach wirklich ein Statement. Und auch aus der Heckperspektive wirkt der Newcomer futuristisch mit den großen LED-Leuchteinheiten, die ein bisschen an menschliche Augenbrauen erinnern.
Aber ist der iX3 auch ein Gamechanger in der Elektromobilität? Nicht unbedingt dort, aber in der BMW-Kultur ziemlich sicher. Ja, dass die Entwickler quasi auf dem weißen Blatt Papier eine neue Plattform aus dem Boden gestampft haben, ist die eine Sache (das merkt man zunächst nicht unbedingt). Die andere Sache sind Features, die sofort sichtbar werden, wenn man einsteigt und ein bisschen herumspielt.
Ein neues Display, das sich innen über die komplette Front erstreckt. Neue Software, schnelle Bedien-Mooves, praktische Shortcuts für die sowieso schon überkomplexe Assistenz - aber man muss auch so ehrlich sein und zugeben, dass die gesamte Funktionalität schlicht zu komplex ist, um innerhalb von zwei oder drei Stunden erfasst werden zu können, wenn man das Auto in dieser Zeit zudem noch fahrerisch begreifen soll. Kleiner Spoiler übrigens: Die Spatzen pfeifen von den Dächern, dass das runderneuerte Infotainment auch in andere, bereits bestehende Modellreihen Einzug halten soll.
Sehnsuchtsfahrwerk an Bord
Aber dass der Münchener nur noch vier Steuergeräte besitzt, jetzt deutlich schneller Signale an die Motoren schickt, um mit Methoden wie Torque-Vectoring die Querdynamik beeinflusst, das muss man schon herausfahren können. Was aber schon auf den ersten Metern mit dem SUV definitiv auffällt, ist das harmonische Zusammenspiel zwischen präziser, aber dennoch leichtgängiger Lenkung sowie dem auf den Punkt abgestimmten Fahrwerk, das Dynamik wie Komfort gleichermaßen kann.
Nun war BMW ein klein wenig gemein, die Testrunde Richtung Sierra Bermeja zu lenken. Ein kleines Stück Autobahn war natürlich enthalten, um neue automatisierte Fahrfunktionen ausprobieren zu können. Aber dann geht es stramm gen Gebirge mit echtem Potenzial, den Magen überzustrapazieren, wenn man mit 449 PS und 645 Newtonmetern unterwegs ist.
Das Ganze sieht so aus: Fahrpedal niederdrücken, den iX3 mit schwindelerregendem Druck nach vorn preschend erleben, linkes Pedal lupfen, einlenken und den 2,4-Tonner um die Ecke bugsieren - runder geht es nicht. Dabei fühlt sich der 4,78 Meter lange Allradler deutlich leichter an, als er eigentlich ist. Außerdem schaffen die Fahrwerker den Kompromiss zwischen sanftem Anfedern und kontrolliertem Lastwechsel ohne Technik-Schnickschnack à la E-Stabi oder Luftbalg mit adaptiver Regelung.
Und wo wird es erst richtig interessant? Bei der Reichweite. Beim Einsteigen zeigt der Bordcomputer sogar surreale 1000 Kilometer an - wie bitte? Okay, nach Herstellen der Fahrbereitschaft schmelzen schon mal 200 Kilometer dahin. Wären immer noch rund 800 Kilometer. Klingt zu schön, um wahr zu sein, oder? Gut, dazu muss man wissen, dass milde 22 Grad Celsius erstens Wohlfühlstimmung pur bedeutet für den 109 kWh großen Akku. Zweitens sparen Landstraßen mit wechselhafter topografischer Gegebenheit Reichweite - man fährt zunächst hoch und rekuperiert bei der Bergabfahrt wieder, was die Energiebilanz verbessert. Richtig spannend wird es also auf einer ausgedehnten Autobahntour bei Temperaturen um den Gefrierpunkt herum. Solche Bedingungen herrschen hier und heute eben nicht vor.
Effizienz steht an erster Stelle
Grundsätzlich hat BMW den Antriebsstrang schon clever designt. Die hauptsächlich angetriebene Hinterachse bestücken die Ingenieure mit einer sogenannten stromerregten Synchronmaschine (326 PS und 435 Newtonmeter Drehmoment). Diese Motorenart glänzt mit einem hohen Wirkungsgrad und kommt außerdem ohne das Seltenerdmetall Neodym aus, das hauptsächlich aus China bezogen werden muss. Den meist abgekoppelten Frontmotor mit bloß 167 PS legen die Techniker als Permanentmagnet-Maschine aus. Er lässt sich widerstandsarm mitschleppen (wichtig für den Schubbetrieb) und bringt eine hohe Rekuperationsleistung auf.
Demnach soll sich der kombinierte Stromverbrauch bei 15,1 bis 17,9 kWh je 100 Kilometer einpendeln. Für die Disziplin Autobahn weist das Blatt maximal 22,7 kWh aus, was immer noch im Rahmen wäre für ein Auto mit einer so großen Stirnfläche. Dann allerdings käme man mit der angegebenen Mindestreichweite von 679 Kilometern nicht mehr hin. Hier wird die Praxis in Zukunft Aufschluss bringen. Immerhin präsentiert sich der neue iX3 ladestark und soll mit bis zu 400 kW ziehen. Für das Ladefenster von 10 bis 80 Prozent nennt der Hersteller lediglich 21 Minuten - da fließen dann schon gewaltige Stromengen bei dieser Batteriegröße.
Ob man unbedingt das Topmodell, braucht sei dahingestellt, günstigere Einstiegsvarianten folgen jedenfalls. Wer als Erster mit von der Partie sein will, muss mindestens 68.900 Euro berappen - jede Menge Holz. Schön wäre, wenn der iX3 generell einen Beitrag zur Akzeptanz von Elektromobilität leisten würde.