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Die Musik des Augenblicks Honda Jazz - die Kunst der Improvisation

Mit dem Honda Jazz Crosstar werten die Japaner den kleinen Universalkünstler noch einmal auf.

Mit dem Honda Jazz Crosstar werten die Japaner den kleinen Universalkünstler noch einmal auf.

(Foto: Holger Preiss)

Seit 17 Jahren improvisiert Honda mit dem Jazz. Seine glanzvollen Zeiten hatte der kleine Japaner im Jahr 2006. Jetzt präsentiert sich der Jazz in der vierten Generation mit ganz eigenem Antrieb und ebenso neuen und kunstvollen Improvisationen.

Jazz als Musikstil zu erklären ist extrem schwierig. Zu mannigfach sind die Einflüsse aus anderen Richtungen, zu frei interpretierbar das Klangbild, zu virtuos das Können der Musiker, die Jazz-Musik spielen. Insofern ist die wohl treffendste Erklärung die, dass Jazz die Musik des Augenblicks ist, eben eine Improvisation. Ob das auch die Intention von Honda war, als sie die Erstauflage ihres Kleinwagens im Jahr 1983 so nannten, ist nicht belegt, scheint aber irgendwie passend. Vor allem mit Blick auf die nunmehr vierte Generation, die unterdessen hierzulande zu den Händlern rollt.

Nicht nur in der Variante des Crosstar verfolgt der Honda Jazz das Konzept des "Yoo no bi".

Nicht nur in der Variante des Crosstar verfolgt der Honda Jazz das Konzept des "Yoo no bi".

(Foto: Holger Preiss)

Allein das Design ist, wie die Jazz-Musik für viele Hörer, gewöhnungsbedürftig. Hier wie dort erkennen wahrscheinlich nur die Liebhaber die Vielfalt und die Variationsmöglichkeiten der Tonfolgen. Der Honda jedenfalls steht mit seiner Schmolllippe, der extrem kurzen Motorhaube, einer riesigen Windschutzscheibe und einer Van-artigen Karosserie ganz im Sinne der Improvisationen beim Jazz. Oder wie es die Designer bei Honda formulieren: Der Jazz folgt dem japanischen Konzept des "Yoo no bi". Das "würdigt die Schönheit alltäglicher und im Laufe der Zeit immer weiter perfektionierter Gegenstände".

Ein Motoren-Konzept nur für den Jazz

Und ob einem der Honda Jazz nun gefällt oder nicht, dem ist nicht zu widersprechen. Allein das Antriebskonzept wurde speziell für den Kleinwagen entwickelt und ist eine wahrlich kunstvolle Improvisation. Das sogenannte e:HEV-System besteht aus zwei kompakten Elektromotoren, einem 1,5-Liter-Vierzylinder Benzinmotor, einer Lithium-Ionen-Batterie und einem Direktantrieb mit intelligenter Steuereinheit. Jetzt könnte der Kenner meinen: Ist doch gar nicht so virtuos, das kennt man doch auch von anderen Hybriden. Nicht ganz: Der Elektromotor, der seine Energie aus dem Akku schöpft, treibt den Jazz mit 109 PS direkt an. Der Benziner ist ebenfalls für den Vortrieb zuständig. Er ist aber nicht direkt, sondern über eine Überbrückungskupplung mit den Antriebsrädern verbunden. Hinzu kommt, dass er ebenfalls den zweiten Elektromotor betreibt, der als Generator fungiert und so die Energie für den elektrischen Antriebsmotor produziert. Verstanden? Nein? Das ist eben Jazz.

Trotz dreier Motoren ist der Honda Jazz keine Rennmaschine.

Trotz dreier Motoren ist der Honda Jazz keine Rennmaschine.

(Foto: Holger Preiss)

Lassen wir die Musik in der Praxis spielen: Während der Fahrt wechselt der Jazz für den Fahrer kaum merklich zwischen Elektro- und Hybrid-Antrieb. Wer also die Höchstgeschwindigkeit von 175 km/h erreichen will, wird vorrangig mit den 89 PS des Verbrenners unterwegs sein. Der E-Motor ist jetzt nur noch als Unterstützer mit einer Boost-Funktion dabei. Das ist dem Umstand geschuldet, weil, wie bei allen Hybrid-Fahrzeugen, der Akku nicht besonders groß ist. Längere Strecken rein elektrisch zurückzulegen, ist nicht möglich. Insofern kann man im digitalen Zentraldisplay auch recht plastisch verfolgen, wie sich der Akku während der Fahrt entleert. Andererseits generiert er ähnlich flott Energie. Zum einen eben durch die Rekuperation beim Rollen und Bremsen, zum anderen durch den zweiten E-Motor.

Nun könnte man glauben, dass der Honda Jazz aufgrund dieser Antriebsvielfalt und einem genannten Drehmoment von 253 Newtonmetern ein kleiner Rennwagen ist. Mitnichten ist er das. Wer teutonisch das Gaspedal ins Blech prügelt, wird schwer enttäuscht sein. Das Einzige, was hier nämlich passiert, ist ein verblüfft aufheulender Verbrenner und eine mit solcher Gewalt überforderte Elektronik. Anders der, der mit japanischer Gelassenheit und leichtem Fuß den Jazz zum flotten Gange zwingt. Tonlos schiebt er an und drängt in 9,5 Sekunden sanft nach vorn, um zuerst Landstraßentempo und dann, mit deutlichen Windgeräuschen, die Höchstgeschwindigkeit zu erreichen. Der Sturm kommt übrigens nicht von ungefähr. Honda hat zugunsten der Übersichtlichkeit die Frontscheibe vergrößert. Hatte der Vorgänger noch eine Rundumsicht von 69 Prozent, liegt sie bei der Neuauflage bei 90 Prozent. Im Jazz hat man also definitiv den Durchblick.

Der Jazz lädt zum Platzkonzert

Die Sitze im Honda Jazz sind neu entwickelt. Die zweite Reihe ist aber virtuos wie eh und je.

Die Sitze im Honda Jazz sind neu entwickelt. Die zweite Reihe ist aber virtuos wie eh und je.

(Foto: Holger Preiss)

Wer also unter dem Motto "In der Ruhe liegt die Kraft" im Honda Jazz unterwegs ist, wird sich am Ende auch über einen sehr kommoden Verbrauch freuen. Bei der ersten Ausfahrt im Taunus lag er bei knapp 5,2 Liter über 100 Kilometer. Doch noch etwas wurde dort deutlich: Echte Steigungen mag das Motorengespann nicht. Hier fühlt es sich etwas überfordert an und der Benziner tut das auch kund. Was hingegen Abrollkomfort, Kurvenstabilität und Lenkung betrifft, überrascht der Jazz positiv. In der Summe sorgt es dafür, dass man den Japaner auch mal flott ums Eck zirkeln kann und auf Holperpisten nicht mit jedem Stein oder Schlagloch konfrontiert wird. Und das ist kein Standard in dieser Fahrzeugklasse.

Da wir nun schon die Improvisation von Optik und Antrieb geklärt haben, werfen wir noch einen Blick in den Innenraum. Und da ist der lediglich vier Meter lange Jazz ein ganz Großer. Nicht nur, dass er ein Maß an Platz bietet, das für einen Kleinwagen ungewöhnlich ist - er wirkt auch ausgesprochen klar und aufgeräumt. Natürlich muss man das mögen. Denn zum Beispiel das waagerechte, absolut schnörkellose Dashboard dürfte nicht jedermanns Sache sein. Auch bei den Materialien wird es Kritiker geben. Die sind nämlich der Praktikabilität und Funktionalität geschuldet. Dazu gehören auch die wasserabweisenden Stoffe auf den neuen, gut ausgeformten Sitzen.

Im Innenraum folgt der Honda Jazz einer ganz klaren Struktur.

Im Innenraum folgt der Honda Jazz einer ganz klaren Struktur.

(Foto: Holger Preiss)

Die Bedienung des in allen Modellen serienmäßig angebotene Sieben-Zoll-TFT auf der Instrumententafel ist logischerweise an die eines Tablets angelehnt und scheint auf den ersten Blick intuitiv. Dadurch, dass die Einheit aber nicht dem Fahrer zugeneigt ist, lässt sie sich nicht unter allen Lichtverhältnissen optimal ablesen. Ein echtes Highlight sind jedoch die Drehsteller für die Klimaanlage. Nicht nur, dass sie haptisch angenehm sind, sie erfreuen auch durch feine Rastpunkte beim Drehen. Auch sonst hinterlassen die analogen Tasten an Lenkrad und Dashboard einen sehr guten Eindruck.

Die Magie des Jazz

Über die lassen sich zum Teil auch die kleinen Helferlein wie zum Beispiel die adaptive Geschwindigkeitsregelung oder der aktive Spurhalteassistent, der sinnvollerweise erst ab Tempo 72 arbeitet, steuern. Letztgenannter warnt den Fahrer jetzt auch, wenn er sich dem Grünstreifen oder einem entgegenkommenden Fahrzeug nährt. Auch wer ohne den Blinker die Spur verlässt, wird wieder in die Bahn gebracht. Mithilfe der neu entwickelten Verkehrszeichenerkennung können jetzt zudem Geschwindigkeiten automatisch angepasst werden.

Der Kofferraum des Honda Jazz mag auf den ersten Blick nicht groß wirken, aber der Japaner ist ein Lademeister.

Der Kofferraum des Honda Jazz mag auf den ersten Blick nicht groß wirken, aber der Japaner ist ein Lademeister.

(Foto: Holger Preiss)

Ebenso wenig wie die Assistenzsysteme ist auch der 40 Liter fassenden Tank im Jazz unsichtbar. Anders als bei anderen Autos wurde der aber unter den Vordersitzen verbaut. Ein Kniff, der es im Jazz möglich macht, die sogenannten "Magic Seats" in der zweiten Reihe unterzubringen. Die lassen sich nämlich je nach Transportgut und -wunsch hochklappen oder im Boden versenken. Bei letztgenannter Variante kann sogar ein Fahrrad aufrecht in den Jazz geschoben werden. Apropos Kofferraum: Das Volumen beträgt bei aufrechter Sitzreihe 304 Liter, im stylischen - ein wenig als SUV getarnten - Jazz Crosstar sind es 298. Ist die Sitzbank umgelegt, sind es 1205 respektive 1199 Liter.

Alles in allem könnten Funktionalisten hier zu echten Jazz-Liebhabern werden. Allerdings müssen die wenigstens 22.000 Euro mitbringen, denn so viel verlangt Honda für die Einstiegsvariante. Wer gar mit einem Crosstar in der höchsten Ausstattungslinie Executive liebäugelt, muss mindestens 26.250 Euro an die Japaner überweisen. Das sind Summen, die vor allem die hier angesprochenen sehr sachlichen Menschen ins Grübeln bringen dürften. Aber vielleicht lassen die sich ja durch die Improvisation in den Bann ziehen. Wie in der Jazz-Musik eben.

Quelle: ntv.de

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