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Erste Reiseenduro mit KTM-Genen Husqvarna Norden 901 - bis ans Ende der Welt?

Die Husqvarna Norden 901 ist zwar in großen Teilen eine KTM 890 Adventure R, hat aber dennoch einen eigenen Charakter.

Die Husqvarna Norden 901 ist zwar in großen Teilen eine KTM 890 Adventure R, hat aber dennoch einen eigenen Charakter.

(Foto: Husqvarna)

Wenn es nach den Machern der Husqvarna 901 geht, dann soll man mit ihr bis ans Ende der Welt kommen. Und dabei ist es völlig egal, ob die Wege über Straßen oder Stock und Stein führen. Wichtig ist, dass auf der Reise niemand auf Komfort verzichten muss. Ein hoher Anspruch.

Weiter in den Atlantik hinaus als zu den Azoren geht es innerhalb Europas nicht. Auf der zu Portugal gehörenden Inselgruppe zelebrierte die zu KTM gehörende, ursprünglich in Nordschweden gegründete Marke Husqvarna die Präsentation ihrer ersten Reiseenduro.

Mit ihrem Hubraum von 889 Kubikzentimetern und einer Maximalleistung von 105 PS kann die Husqvarna Norden 901 aus den Vollen schöpfen.

Mit ihrem Hubraum von 889 Kubikzentimetern und einer Maximalleistung von 105 PS kann die Husqvarna Norden 901 aus den Vollen schöpfen.

(Foto: Husqvarna)

Norden 901 heißt das Motorrad, dessen Prototyp auf der Eicma 2019 hohe Wellen schlug. Jetzt beginnt die Produktion der Serienfahrzeuge. Optisch unterscheiden lediglich Details das Endprodukt vom Prototyp. Das technische Gerüst der Norden stammt von der vor Jahresfrist auf den Markt gekommenen KTM 890 Adventure R. Wirklich neu an der Husqvarna Norden ist demzufolge das Design des Motorrads, aber auch die Abstimmung der verwendeten Komponenten wurde teils stark verändert.

In vielen Punkten eine KTM

Mit einem Hubraum von 889 Kubikzentimetern und einer Maximalleistung von 105 PS ist der Norden-Paralleltwin in allen Details identisch mit dem der KTM. Es erstaunt also nicht, dass das Triebwerk sowohl besten Durchzug als auch hohe Drehfreude liefert. 100 Newtonmeter maximales Drehmoment sichern souveräne Fahrleistungen. Angesichts dessen registriert der Fahrer schnell, dass noch mehr Leistung im praktischen Leben auf Land-, Berg- und zumeist tempobeschränkten Schnellstraßen angesichts des vorteilhaft geringen Gewichtes von 219 Kilogramm außer Überfluss nichts bringen würde. Auf nicht asphaltierten Straßen, Wegen und Pfaden ist das Leistungsangebot ohnehin dermaßen üppig, dass der Fahrer stets aus dem Vollen schöpfen kann. Prima, dass der Quickshifter zum kupplungslosen Schalten serienmäßig geliefert wird. Gangwechsel im Stehen und in kniffligen Offroad-Situationen fallen dadurch deutlich leichter.

Das Regelwerk der Husqvarna Norden 901 kommt komplett von KTM.

Das Regelwerk der Husqvarna Norden 901 kommt komplett von KTM.

(Foto: Husqvarna)

Husqvarna verlässt sich voll und ganz auf das elektronische Regelwerk der Konzernmutter KTM und setzt auch auf ein prima ablesbares TFT-Display im Cockpit. Die Traktionskontrolle arbeitet in den beiden Straßenmodi "Street" und "Rain" schräglagenabhängig, das ABS verdaut selbst starke Neigungswinkel. Im Offroad-Modus ist der Fahrer gefordert, denn die Systeme halten sich dezent im Hintergrund. Technisch tiefer eingreifen kann der Fahrer, wenn er den aufpreispflichtigen "Explorer"-Modus geordert hat. Nur durch ihn lässt sich beispielsweise die Traktionskontrolle in neun Stufen einstellen.

Zugriff hat der Fahrer auch auf die ABS-Einstellung; eifriges Knöpfchendrücken links am Lenker ermöglicht beispielsweise den Wechsel zum Offroad-ABS, in dem der Regeleingriff am Vorderrad später erfolgt und das Hinterrad sogar frei blockieren darf. Wer freilich im Lauf des Tages mehrfach von Straße auf Offroad wechselt und jedes Mal die passende ABS-Einstellung parat haben will, ist gezwungen, entsprechend oft die Einstellungsprozedur zu absolvieren. Es ist nämlich unmöglich, das Offroad-ABS alleine mit dem Explorer- oder dem Offroad-Modus zu verknüpfen.

Dynamisch und handlich

Das Fahrwerk der Husqvarna Norden 901 kann auch ganz ohne Elektronik überzeugen.

Das Fahrwerk der Husqvarna Norden 901 kann auch ganz ohne Elektronik überzeugen.

(Foto: Husqvarna)

Ohne Elektronik kommt das Fahrwerk aus. Schon die Serieneinstellung gefällt. Wer spezielle Wünsche an das Ansprechverhalten von Federung und Dämpfung hat, findet viele Möglichkeiten. 22 Zentimeter Federweg sind eine Menge, sodass auch grobes Geläuf mit anständigen Reserven absolviert werden kann. Der an den Flanken tief nach unten gezogene Tank trägt zum niedrigen Schwerpunkt der Maschine bei. Der gebotene Fahrkomfort ist dank einer softeren Fahrwerksabstimmung merklich höher als auf der KTM-Schwester.

Hilfreich auf solchem Untergrund sind natürlich auch die Raddimensionen: Das 21-Zoll-Speichenrad vorne ist schmal gehalten, das 18-Zoll-Hinterrad ebenfalls nicht überbreit. Die montierten Universalpneus überzeugen bei Trockenheit sowie bei Nässe auf dem Asphalt als auch mit ihrem relativ groben Profil auf losem Untergrund. Lediglich die Seitenführung gerät auf Sand, Geröll oder im Schlamm schnell an ihre Grenzen. Für noch bessere Leistungen auf solchem Böden bedarf es der Montage von Spezialgummis. Der Höchstgeschwindigkeit der Norden 901 in Höhe von 200 km/h stehen die Reifen nicht im Wege und bewältigen damit einen erstaunlichen Spagat.

Das Sitzpolster, das Husqvarna auf die Norden 901 gepackt hat, erfreut die rückwärtigen Dienste des Fahrers und seiner Begleitung.

Das Sitzpolster, das Husqvarna auf die Norden 901 gepackt hat, erfreut die rückwärtigen Dienste des Fahrers und seiner Begleitung.

(Foto: Husqvarna)

Ebenfalls erstaunlich ist der Sitzkomfort: Das Polster ist nicht wirklich voluminös, die Sitzhöhe von 85 oder wahlweise auch 87 Zentimetern absolut angemessen. Für diese Kombination sitzt man am Ende dann doch recht kommod. Weniger gut ist die Leistung des dunkel getönten Windschilds. Diesbezüglich könnten Zubehörlösungen hilfreich sein. Ansonsten ist die Ausstattung der Norden insgesamt gut, aber nicht ohne Widersprüche: So sind zwar die wichtigsten Lenkerschalter hinterleuchtet und auch die beiden Zusatzscheinwerfer sind serienmäßig, aber es gibt keine Warnblinkanlage. Die Sozius-Haltegriffe sind großzügig dimensioniert, es gibt einen Tempomat und zahlreiches Zubehör, auch Softbags und Alukoffer.

Nach Angaben von Husqvarna war es der Anspruch der Entwickler, ein dynamisches, handliches und zugleich komfortables Reisemotorrad sowohl für weite Strecken auf als auch jenseits fester Wege zu erschaffen. Das ist gelungen: Motorleistung, Fahreigenschaften und auch die Reichweite bremsen den Fahrer nicht ein. Als Normwert für den Verbrauch gibt der Hersteller 4,5 Liter pro 100 Kilometer an, im sehr fahraktiven Modus kamen wurden nach 360 gefahrenen Kilometern laut Bordcomputer 4,7 Liter abgelesen. Dank 19-Liter-Tank sind selbst unter diesen Umständen etwa 350 Kilometer ohne Nachtanken möglich.

Fazit: Wer ein robustes Motorrad mit Nehmerqualitäten sucht, vor der schwergewichtigen als auch leistungsmäßig extremen Oberklasse aber zurückschreckt, findet hier eine Alternative. Bislang hält sich der Vertrieb bei der Angabe der Preise noch bedeckt, aber die Komponenten sind hochwertig, die Ausstattung ebenfalls. Und die Produktion in Mitteleuropa will ebenfalls bezahlt sein. Das KTM-Schwestermodell kostet rund 14.300 Euro, was am Ende heißt, dass die Norden 901 noch etwa teurer werden dürfte.

Quelle: ntv.de, Ulf Böringer, sp-x

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