
Das Seven Concept von Hyundai will in Los Angeles einen Ausblick auf die Mobilität der Zukunft geben.
(Foto: Holger Preiss)
Irgendwie hat wohl für den Achtzylinder auch in den USA das letzte Stündlein geschlagen. Nicht auf den Straßen, da böllert es noch laut und gut hörbar, aber auf der Los Angeles Auto Show. Selbst eine Bastion wie der F-150 bröckelt.
Irgendwie gab es die Hoffnung, dass die Los Angeles Auto Show eine Art Neubeginn für die Messen rund um die vierrädrige Mobilität würde. Das Interesse der Journalisten an den zwei Pressetagen war jedenfalls groß, der Auflauf der Autohersteller hingegen klein. Einziger deutscher Teilnehmer in Kalifornien war Porsche, der Rest - VW, BMW und Mercedes - übte sich in Verzicht. Insofern war die Bühne frei für Ford, die L.A. als eine Art Homerun betrachten können und den Platz in der Westhalle so ausgiebig nutzen, dass das Publikum dort sogar Probefahrten machen kann. Auch mit der kommenden Wachablösung des meistverkauften Pick-ups in den USA, dem F-150 Lightning.

Wo einst Verbrennermotoren ihre Arbeit verrichteten, hat der Ford F-150 Lightning jetzt einen Kofferraum.
(Foto: Holger Preiss)
Der fährt natürlich rein elektrisch und Ford verspricht je nach Konfiguration eine Reichweite zwischen 370 und 480 Kilometern. Die Zuladung liegt bei knapp einer Tonne, während weitere 4,5 Tonnen an den Haken genommen werden können. Bei 426 beziehungsweise 563 PS dürfe hier auch genug Kraft vorhanden sein, um die Massen zu bewegen. Spannend ist, dass Ford bereits 160.000 Vorbestellungen für den E-Truck haben will, der im Frühling 2022 ab 40.000 US-Dollar bei den Händlern stehen soll. Spannend dürfte aber auch sein, wie sich der F-150 Lightning gegen den im Januar kommenden Jahres auf der CES in Las Vegas präsentierten ewigen Rivalen und dann ebenfalls elektrifizierten Chevrolet Silverado oder gegen einen GMC Hummer mit Stromantrieb behaupten wird.
Hyundais kommende Wohlfühloase
Spannen ist aber auch die recht abgefahrene Studie Seven Concept von Hyundai. Mal davon abgesehen, dass das Innen- und Außendesign mit Sicherheit polarisieren wird, soll die Studie einen Blick auf den "nachhaltigen Mobilitäts- und Lebensstil" künftiger Kunden werfen. So präsentiert sich der Innenraum als eine Art rollende und natürlich ausschließlich nachhaltig gefertigte Lounge. So findet sich im Seven neben den Sitzplätzen eine verschiebbare Konsole und ein multifunktionales, 27 Zoll messendes Display, das Hyundai in Summe als "Smart Hub" bezeichnet. Insofern dürfen natürlich Ambientelicht und ein Kühlschrank nicht fehlen.

Das Hyundai Seven Concept sieht sich in allen Belangen als eine Wohlfühloase. Das eigentliche Fahren steht nicht mehr im Vordergrund.
(Foto: Holger Preiss)
Als technische Basis des Seven dient die Electric Global Modular Platform (E-GMP) der Koreaner, die explizit für batterieelektrische Fahrzeuge konzipiert wurde. Das verspricht eine Reichweite von mehr als 480 Kilometern und kurze Ladezeiten. An einer 350-Kilowatt-Schnellladestation soll sich der Seven in knapp 20 Minuten von 10 auf 80 Prozent aufladen lassen. Während Antrieb und Plattform glaubhaft sind: Dass sich das Fahrzeug über einen Kontrollstick steuern lässt, der am Fahrersitz angebracht ist, wird wohl über kurz oder lang ins Reich der Legenden verbannt werden. Der Stick verschwindet bei Nichtbenutzung in der Armlehne des Sitzes.
Natürlich ist dieses Fahrzeug angesichts der pandemischen Lage auch eine fahrende Sicherheitszelle. Nicht nur, dass das "Hygiene Airflow System" die Luft durch spezielle Einlässe in der Dachreling in den Innenraum führt, sie wird auch wieder ausgelassen. Was im Endeffekt nichts anderes heißt, als dass die Übertragung von Erregern zwischen den Passagieren kaum stattfinden kann. Zudem ist das System auch im Stand aktiv und es schaltet sich eine UVC-Sterilisierung ein, bei der mithilfe von UV-Strahlen Bakterien und Viren unschädlich gemacht werden.
Kia EV9 - von der Natur inspiriert

Kia hat es sich mit dem Concept EV9 zur Aufgabe gemacht, die Umwelt zu schützen und Fahrspaß zu vermitteln.
(Foto: Holger Preiss)
Weit näher an der näheren Zukunft dürfte die Studie Concept EV9 von Kia sein. Natürlich betont auch die Hyundai-Tochter, dass es sich bei dem rein elektrisch angetriebenen SUV um eine "nachhaltige Mobilitätslösung" handelt, aber irgendwie wirkt das Ganze doch etwas realitätsnäher. Wie beim Cupra Born, der schon zu haben ist, nutzt Kia für den EV9 upgecycelte Materialien, die aus im Meer treibenden Kunststoffabfällen gewonnen wurden. Nimmt man Design und Maße der Studie zur Grundlage, dann könnte das SUV die elektrische Ablösung für einen Sorento werden. Mit 4,93 Metern Länge, 2,05 Metern Breite und einer Höhe von 1,79 Metern steht er jedenfalls auf Augenhöhe mit dem Verbrenner. Der Radstand von 3,10 Metern verspricht viel Platz im Innenraum, die Reichweite orientiert sich an den momentanen Batteriekapazitäten der Koreaner und wird von Kia mit 438 Kilometern angegeben. Auch bei den Ladezeiten sind Hyundais Seven Concept und der EV9 identisch.
Doch anders als beim Seven geht der Fahrer hier noch mit einem Lenkrad ums Eck und eiert nicht mit einem Stick rum. In die gleiche Richtung haben die Koreaner gedacht, als sie den "Active Mode" erfanden. Hier steht ein optimales Fahrerlebnis für den Piloten und die Passagiere im Mittelpunkt. Erst im "Pause Mode" wird der Innenraum nach dem Willen der Erfinder zu einer "luxuriösen Lounge". Die Sitzformation lässt sich jetzt so ändern, dass die Passagiere direkt miteinander agieren können. Ob die Idee funktioniert, dass nach dem Öffnen der Heckklappe und der Verwandlung der zweiten Sitzreihe zu einem Tisch der EV9 zum Pausenraum wird und zur Interaktion mit der Außenwelt einlädt, darf gerne bezweifelt werden. "Enjoy Modus" nennt Kia diese Einstellung.

In allen Belangen ist das Concept EV9 von der Natur und vor allem vom Wasser beeinflusst worden.
(Foto: Holger Preiss)
Natürlich ist die Studie inspiriert. Inspiriert von der Natur. Deren Schlichtheit und Perfektion bildet letztlich die Grundlage für alle Elemente des EV9. Hier spielt auch Wasser eine entscheidende Rolle. Das nasse Element war es, das die Designer dazu brachte, Eigenschaften wie Gelassenheit, Ruhe und Wohlbefinden für den Wagen zu definieren. Und hier führen die Koreaner dann auch Design und Nachhaltigkeit zusammen, indem sie den Bodenbelag aus recycelten Fischnetzen fertigen lassen. Und wie der größte Teil der Hersteller wird auch Kia in der Zukunft keine Tierleder mehr für die Bezüge seiner Sitze verwenden. Hier werden Plastikflaschen recycelt und Wollfasern.
Nimmt man die Ideen zusammen, den Willen zur CO2-Neutralität der Unternehmen, verbunden mit einer flächendeckenden E-Mobilität, kann diese Welt nur noch schöner und besser werden. Der Kia Concept EV9 ist jedenfalls ein Ausblick auf das nächste mögliche Hightech-Elektromodell der Marke und man darf gespannt sein, was in der Realität am Ende auf vier Rädern stehen wird.
Quelle: ntv.de