Besinnung auf den Luxus Mercedes verbannt die A-Klasse aus dem Programm
27.06.2022, 09:27 Uhr Artikel anhören
Mercedes-Chef Ola Källenius forciert die Rückbesinnung des Autobauers auf seine feste Positionierung im Luxus-Segment. Källenius will künftig mit weniger Autos mehr verdienen. Das bedeutet nun offenbar das Aus für eine erfolgreiche Modell-Familie.
Der Autobauer Mercedes-Benz will einem Medienbericht zufolge in den kommenden Jahren seine A-Klasse aus dem Programm streichen. Das "Handelsblatt" berichtete unter Berufung auf Konzernkreise, die A-Klasse solle um das Jahr 2025 herum komplett eingestellt werden. Weder für die Variante als Schrägheck noch als verlängerte Limousine werde es einen Nachfolger geben. Dem Bericht zufolge lässt der Stuttgarter Autobauer auch seine B-Klasse auslaufen. Demnach gelten beide Modellreihen als unrentabel. Die Veränderungen werden laut "Handelsblatt" zu höheren Einstiegspreisen für einen Mercedes führen, von derzeit unter 30.000 Euro auf rund 40.000 Euro.
Das Aus für die Kompakt-Modelle im Konzernportfolio passt dann auch zur von Konzernchef Ola Källenius ausgerufenen Konzentration auf das Hochpreissegment: "Wir sind ein Luxusunternehmen", verkündete Källenius im Mai bei einer Investorenkonferenz. Die A-Klasse ist in Europa ein Verkaufsschlager, von keiner anderen Modell-Familie verkauft Mercedes jährlich mehr Autos. Doch das große Geld will Mercedes künftig nicht über Absatzzahlen, sondern über höhere Margen verdienen, der Anteil der Topmodelle an den Autoverkäufen insgesamt soll von 2019 bis 2026 um 60 Prozent zulegen.
Er rechne damit, so sagte der Schwede im Mai, dass die Zahl reicher Menschen in der Welt steigt. Deshalb gebe es Chancen, künftig mehr Luxusmodelle wie S-Klasse, Maybach oder AMG zu verkaufen. Damit lasse sich die operative Gewinnmarge bis zur Mitte des Jahrzehnts noch stärker erhöhen als bisher geplant - bei guten Bedingungen stellte Källenius bei einem "Strategy Update" sogar 14 Prozent in Aussicht. Mit der A-Klasse, die auf den wichtigen Märkten USA und China kaum Anklang finden, sind diese Zahlen nicht zu erreichen.
"Den Rest überlasse ich Ihrer Vorstellungskraft"
Drei von sieben Kompaktwagen werde man aus dem Portfolio streichen, sagte Källenius im Mai, das Ende von A- und B-Klasse hatte er seinerzeit aber noch offen gelassen: "Ich überlasse den Rest Ihrer Vorstellungskraft", sagte er auf konkrete Nachfragen. Keinen Raum für Fantasie ließ jedoch schon die Investitionsplanung des Konzerns: Mercedes will künftig mehr als 75 Prozent der Investitionen für die Fahrzeugentwicklung auf die Fahrzeugkategorien im Top-End-Bereich (mit der Luxusmarke Maybach, der Sportwagentochter AMG und die S- und G-Klasse mit ihren jeweiligen Elektro- und SUV-Ablegern) und das Kernangebot (mit den absatzstärksten Modellen rund um C- und E-Klasse) konzentrieren. Im 1. Quartal 2022 musste Mercedes mit 487.008 verkauften Pkw einen Absatzrückgang von 10 Prozent hinnehmen. Der Umsatz bei den Pkw stieg dennoch um 8 Prozent.
"Ich halte diese Strategie für einen Fehler, das wird auch zu Akzeptanzproblemen führen, wenn man nur noch für Reiche und Superreiche Autos baut", zitiert das "Handelsblatt" Winfried Hermann, grüner Verkehrsminister in Baden-Württemberg. Der Leiter Verkehrspolitik bei der Umweltorganisation BUND, Jens Hilgenberg, kritisierte bereits im Mai die Strategie der Stuttgarter. Große Limousinen und schwere SUV seien kein nachhaltiger Luxus, auch nicht in der E-Variante. Nötig seien hingegen Autos mit einem minimalen Bedarf an Energie, Ressourcen und Flächen. Källenius hielt dem entgegen, auch die größeren Autos würden mehr und mehr elektrifiziert.
Die A-Klasse war seit 1997 Teil der Mercedes-Familie, für Aufsehen sorgte das neue Modell allerdings zunächst mit einer spektakulären Panne: Beim sogenannten "Elchtest" kippte ein Testwagen medienwirksam um - für den Konzern bedeutete der "Umfall" ein PR-Desaster. Dem Erfolg der A-Klasse tat das keinen Abbruch: Schon 1998 wurden 120.000 Fahrzeuge verkauft - frisch überarbeitet und mit dem Elektronischen Stabilitätsprogramm ESP aufgerüstet. 2021 setzte der Konzern weltweit knapp 185.000 Fahrzeuge ab.
Quelle: ntv.de, ter/AFP