Auto

Interview mit Mini-Chef Körber "Mini ist wie Frodo aus Herr der Ringe"

ntv.de im Gespräch mit Mini-Chef Bernd Körber.

ntv.de im Gespräch mit Mini-Chef Bernd Körber.

(Foto: Bernhard Filser)

Man muss die Feste feiern, wie sie fallen und so wird aus 62 Jahren Mini schon mal der 60. Jahrestag. Was ja prinzipiell auch gar nicht verkehrt ist, denn der Mini Cooper S wird tatsächlich dieser Tage 60 Jahre alt. Ein guter Zeitpunkt also, sich mit Mini-Chef Bernd Körber über die Zukunft der Marke zu unterhalten. Denn gerade die kleine Submarke des BMW-Konzerns ist nicht nur im Zuge der allgemeinen Elektrifizierung gezwungen, immer neue Wege zu finden, ohne dabei mit neuen Fahrzeugen den Charakter als Kult-Marke einzubüßen.

ntv.de: Herr Körber, wo sehen Sie die Marke Mini in 60 Jahren?

Für Bernd Körber (l.) muss sich Mini seine ganz eigene Kultur im BMW-Konzern bewahren.

Für Bernd Körber (l.) muss sich Mini seine ganz eigene Kultur im BMW-Konzern bewahren.

(Foto: Bernhard Filser)

Bernd Körber: Das Wichtigste: Mini bleibt Mini, auch in 60 Jahren. Doch für die nächsten Jahre - und das kann ich eher absehen - ist die Frage wichtig, wie wir als Team im Konstrukt des BMW-Konzerns etwas Besonderes bleiben. Das ist bereits jetzt jeden Tag eine Herausforderung. Du musst ganz eigene Wege finden, wie du Entscheidungen bekommst, wie du dein Team zusammenhältst und du musst innerhalb des Konzerns eine eigene Kultur haben und diese auch leben. Der Witz ist nämlich: Wenn du diese eigene Kultur nicht hast und verständlich machen kannst, bekommst du nicht die Fahrzeuge, die am Ende Mini sind.

Da setzt man dann wohl eher auf die Strategie, die auch andere Konzerne bevorzugen, Gleichteile?

Genau! Es wäre auch bei BMW viel einfacher, zu sagen, da haben wir den Baukasten, daraus nehmen wir die Teile und dann passt das schon. Aber das würde alles verwässern und wäre am Ende auch nicht mehr Mini. Die größte Herausforderung ist also, zu sagen: Wir bleiben Mini, wir haben eine eigene Identität und eine eigene Kultur, die am Ende auch die Fahrzeuge der Marke ausmacht. Aber bei all dem muss man natürlich im Blick haben, dass Mini seit 62 Jahren von einem Modell geprägt wurde. Insofern ist es auch ein wirtschaftlicher Anspruch für die Zukunft, neue Produkte zu bringen und dabei zu wachsen.

Aber besteht nicht die Gefahr, dass mit neuen, mit anderen Produkten Mini den eben besprochenen Kult-Charakter verliert?

Ein gutes Beispiel zum Erhalt des Ikonischen ist für Körber der 911er von Porsche.

Ein gutes Beispiel zum Erhalt des Ikonischen ist für Körber der 911er von Porsche.

(Foto: Bernhard Filser)

Die Anforderung ist schon, das dann auch glaubhaft zu machen. Ein Beispiel, was ich an dieser Stelle immer ganz gerne bringe, ist Porsche mit seinem 911er. Die haben es geschafft, über ein ikonisches Produkt in neue Segmente zu gehen. Nicht sofort, sondern über ein bis zwei Generationen, waren dann aber am Ende sehr erfolgreich damit. Wenn man das jetzt auf Mini umsetzt, steht die Frage, ob die neuen, größeren Modelle, die kommen werden, immer noch angenommen werden. Haben die einen eigenen Charakter? Sind sie authentisch Mini?

Wichtig ist aber, dass das alles dann auch glaubhaft vermittelt wird.

Natürlich. Eine Ikone kann auch ein Fluch sein. Denn du musst dir immer die Frage stellen: Wie weit kannst du dich in diesem Rahmen bewegen? Machst du einen Sprung? Und wie groß darf der dann sein?

Das leuchtet alles ein, aber wie habe ich mir Mini jetzt in Zukunft vorzustellen? Was ist Mini mit den zu erwartenden Modellen dann noch und was bleibt von dem jetzt viel besprochenen Ikonischen übrig?

Foto des getarnten Prototyps der neuen Mini-Generation.

Foto des getarnten Prototyps der neuen Mini-Generation.

(Foto: Mini)

Wir werden immer einen starken Fokus auf das Kernmodell legen. Das spielt hier die Rolle, wie der schon erwähnte 911er. Der Markenanker muss also bleiben. Die Herausforderung ist, ihn vorsichtig weiterzuentwickeln, ihn zu modifizieren und dabei unverkennbar zu machen. Also: Kriege das Kernmodell so hin, dass es nach wie vor ein Mini ist. Weil andere Fahrzeuge davon beeinflusst werden. Und hier bleiben wir auch den alten Tugenden treu: ein cleveres Raumkonzept, das Design und das Go-Kart-Feeling. Was wir nach 20 Jahren ergänzen wollen, ist, dass wir wieder State of the Art in Bezug auf Technologie und Konnektivität werden. Und das meine ich vor allem mit Blick auf das Rundinstrument. Hier brauchen wir für den Mini jetzt dringend einen Sprung in die Modernität.

Mit dem Rundinstrument fassen Sie ein echtes Markenzeichen an. Aber reicht das am Ende aus, um sich für die Zukunft aufzustellen?

Die Chancen stehen gut. Wenn ich mir die Trends und Herausforderungen ansehe, dann bringt Mini - vom Rundinstrument abgesehen - viel mit, was in den nächsten Jahren wichtig wird. Wir sind per Definition klein. Selbst die großen Minis waren im Verhältnis zu anderen Autos immer noch klein. In Kernregionen wie Europa ist der Trend zum Kleinwagen ungebrochen. Jedes Jahr wird genau dieser Segmentanteil immer größer. Wenn Mini hier wie mit dem Countryman ein Fahrzeug bringt, das auch familientauglich ist, decken wir in Europa theoretisch 60 bis 70 Prozent des Marktes ab. Ja, wir sind immer noch Premium, aber von dem, was der Kunde braucht, haben wir mit drei Fahrzeugen den Markt abgedeckt.

Wenn das so einfach wäre, dann könnte Mini ja bereits jetzt Marktführer sein. Aber es ist ja doch eine ganz eigene Klientel, die sich für die Marke entscheidet.

Körber sieht für Mini eine ganz eigene Klientel, die es mit neuen Modellen zu erweitern gilt.

Körber sieht für Mini eine ganz eigene Klientel, die es mit neuen Modellen zu erweitern gilt.

(Foto: Bernhard Filser)

Was nicht heißt, dass man diese Klientel nicht erweitern kann und sollte. Hier kommt der Marke, finde ich, ihr Zeitgeist entgegen. Nach den ganzen Konflikten, die wir haben, wird es auch ein großes Bedürfnis nach einer Marke geben, die Optimismus ausstrahlt. Die einem das Gefühl von Community, von Heimat gibt. Wenn du deinen Mini siehst, dann siehst du etwas Nettes. Das ist nicht aufdringlich, ist auch ein bisschen demütig und vor allem nicht großspurig in seinem Anspruch, die Welt komplett verändern zu wollen. Irgendwie ist Mini in meinen Augen ein wenig der Frodo aus "Herr der Ringe".

Der arme Kerl, der den Ring der Knechtschaft tragen muss und das ganze Leid mit sich schleppt, bevor er das Ding im Schicksalsberg vernichten kann?

Man kann diese Perspektive einnehmen. Meine ist, dass Frode im Grundsatz jemand ist, der sehr mutig ist, aber dabei auch sehr demütig und liebenswürdig. Und genau dadurch schafft er es, Gefährten zu finden, die ihm helfen und ihn befähigen, das Schicksal, das der Ring für die Menschen mit sich bringt, abzuwenden. Mini ist auch immer so etwas wie der Underdog gewesen, eine Rolle, aus der wir aber auch sehr viel Kraft gewonnen haben. Und das ist etwas, was man sich erhalten muss. Immer mit der Frage: Was hat man und wo kommt man eigentlich her? Vergisst man das, könnte aus Mini ganz schnell eine schnöde Kleinwagenmarke werden.

Apropos Kleinwagen. Der neue Countryman steht ja auf der Plattform des BMW X1. Das bedeutet ja auch, dass der deutlich größer wird als die anderen Fahrzeuge von Mini.

Der nächste große Aufschlag wird für Mini nach Körbers Aussage ein SUV auf Basis des BMW X1 sein.

Der nächste große Aufschlag wird für Mini nach Körbers Aussage ein SUV auf Basis des BMW X1 sein.

(Foto: Bernhard Filser)

Ja, das wird ein vollwertiges Kompakt-SUV und damit auch ein Mini, der erstwagentauglich ist.

Aber bricht man damit nicht aus dieser von Ihnen angesprochenen Mini-Idee, aus der Mini-Community aus und stellt Mini an eine Stelle, an der man die Marke eigentlich nicht vermutet?

Die umgekehrte Konsequenz wäre, dass wir die nächsten 60 Jahre weiterhin nur den kleinen Mini Dreitürer machen. Das ist für mich aber keine Alternative. Natürlich ist das in der ersten Ausbaustufe die Grenze. Wir werden jetzt nicht noch drei größere Minis hinterherschieben. Dann wäre eine Situation erreicht, wo der Schwerpunkt der Marke nicht mehr zu erkennen wäre. Also, Mini zu sein, klein zu sein muss immer Teil der Marke bleiben.

Es wird künftig auch drei Plattformen geben, auf denen die Mini-Modelle stehen werden. Für Verbrenner, Plug-in-Hybride und rein elektrisch betriebene Fahrzeuge. Wäre es nicht konsequenter, Mini zu einer Elektromarke zu machen?

Ab 2030 wird auch Mini nur noch rein elektrisch fahrende Autos anbieten.

Ab 2030 wird auch Mini nur noch rein elektrisch fahrende Autos anbieten.

(Foto: Bernhard Filser)

Nein. Ich denke, dass diese drei Plattformen sehr gut zu Mini passen. Es gibt einfach Kunden und Märkte, wo die Infrastruktur oder gar das Interesse an E-Mobilität gegen null tendiert. Das gilt natürlich nur bis 2030, dann wird Mini definitiv vollelektrisch werden. Aber die Zeit ab 2023 über sieben Jahre in die rein elektrische Welt zu transformieren, die brauchen die Kunden ebenso wie die Marke Mini. Die Herausforderung ist natürlich, die Fahrzeuge, die jetzt auf unterschiedlichen Plattformen wegen der Antriebsarten aufgesetzt werde, gleich aussehen zu lassen. Wir haben es aber, bis auf wenige Merkmale, geschafft.

Ist diese Strategie, diese Art der Herangehensweise, mit unterschiedlichen Plattformen zu arbeiten, im BMW-Konzern notwendig, um überhaupt überleben zu können?

Überleben klingt so dramatisch. Als ob wir ständig in der Existenz bedroht gewesen wären. So ist es natürlich nicht. Aber ja, es ist eine Herausforderung, eine Kleinwagenmarke auf diesem Weg wirtschaftlich langfristig erfolgreich zu machen. Ohne dass unsere Autos mit allen technischen Finessen irgendwann 50.000 Euro kosten. Dann hast du dich natürlich als Kleinwagenmarke selbst aus dem Rennen genommen. Aber dazu wird es nicht kommen.

Mit Bernd Körber sprach Holger Preiss

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen