Erster deutscher Elektrokombi Neuer Opel Astra Electric ST ist bodenständig und solide
01.12.2023, 09:21 Uhr
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Der Opel Astra Sports Tourer ist ein Designer-Kombi durch und durch - die markanten LED-Rückleuchten sehen schick aus.
(Foto: Opel)
Mit dem Opel Astra Electric Sports Tourer leisten die Rüsselsheimer einen wichtigen Beitrag zur Elektromobilität - insbesondere hierzulande. Warum? Lesen Sie selbst.
Deutschland ist nicht nur SUV-, sondern auch Kombi-Land. Kein Wunder, dass Opel prognostiziert, 60 Prozent des Astra-Volumens als Kombi zu verkaufen. Und auch die großen populären Baureihen hierzulande wie Fünfer-BMW oder Mercedes E-Klasse verzeichnen gewaltige Kombi-Anteile (E-Klasse zum Beispiel 50 Prozent). Und nur jeder zehnte Volvo-Kunde der 90er-Baureihe greift hierzulande zur Limousine.
Das Dach in schwarzer Kontrast-Lackierung steht auch einem nutzwertigen Kombi gut zu Gesicht. Markante Tagfahrleuchten sowieso.
(Foto: Opel)
Elektrisch angetriebene Kombis machen sich allerdings noch rar. Ziemlich lange am Markt ist das eher maue Produkt MG 5 aus China, und es gibt seit kurzer Zeit den recht teuren Nio ET5 Touring - beide aber eher keine praktischen Weggefährten. Auch Peugeot hat bereits einen elektrisch angetriebenen Kombi des 308 angekündigt. Es bewegt sich also etwas an dieser Front.
Beim ersten hiesigen elektrisch angetriebenen Kombi handelt es sich jedoch um den Opel Astra Sports Tourer Electric, und er tritt in einem halbwegs bezahlbaren Segment an. Ab 43.490 Euro geht es los. Und dieses Jahr sind für Privatleute ja noch 7177 Euro Förderung drin, was einen Real-Listenpreis von 36.312 Euro ergibt.
Aber machen wir uns nichts vor - man müsste schon Anfang nächster Woche seinen Händler rotieren lassen, um das Fahrzeug zwischen Weihnachten und Neujahr zugelassen auf dem Hof zu haben. Ein Trick wäre: Man könnte einen Leasing-Vertrag abschließen, dann wäre die Förderung unabhängig von der Fahrzeugauslieferung gesichert. Ansonsten müsste man nächstes Jahr mit 4.785 Euro Förderung vorliebnehmen.
Der elektrische Kombi aus Hessen ist bodenständig motorisiert
Schwachpunkt am elektrisch angetriebenen Astra: Die Energie gelangt nicht ganz so schnell in den Akku.
(Foto: Opel)
Aber wie fährt die elektrisch angetriebene Kompaktklasse? Hinreichend souverän jedenfalls mit 156 PS. Nicht aber sonderlich sportlich, was auch klar ist. Wenn sich die in-house entwickelte Elektromaschine mit ihren 270 Newtonmetern Drehmoment gegen den den 1,8-Tonner stemmt, spürt der Passagier indes durchaus leichten Druck im Kreuz. Drei verschiedene Fahrmodi (Eco, Normal und Sport) beeinflussen nicht zuletzt die Kennlinie des Fahrpedals, allerdings lässt sich per Kickdown stets die volle Leistung abrufen - selbst im Ecomodus. Ob der Rüsselsheimer in der Praxis mit den angegebenen 15 kWh Strom je 100 Kilometer auskommen wird, muss ein ausgiebiger Test noch zeigen - der angegebene WLTP-Wert ist jedenfalls recht ambitioniert.
Ist der 54 kWh große Akku voll aufgeladen, sollen 413 Kilometer Reichweite möglich sein. Immerhin zeigt der Bordcomputer bei Temperaturen von knapp über dem Gefrierpunkt 402 Kilometer bei 94 Prozent Ladestand. Auch wenn die Angaben progressiv ausgelegt sein mögen (die Reichweite könnte schneller schrumpfen als die Kilometer bis zum Ziel), ist das schon ganz solide. Und die 100 Kilowatt maximale Peak-Ladeleistung seien ihm verziehen. Die benötigte Zeit für eine Ladung auf 80 Prozent beziffert Opel mit etwa einer halben Stunde. Man darf eben nicht vergessen, dass der Astra schon eine Weile auf dem Markt ist.
Kein elektrischer Kombi kann derzeit mehr Gepäck einladen
Ganz ordentliche Stühle lassen ihn auch auf der Langstrecke ganz gut aussehen (Grüße an die Außendienstler da draußen). Allerdings sind die bequemen, sogenannten ergonomischen Sitze Bestandteil der GS-Ausstattung, die mit einem Mehrpreis von 3070 Euro verbunden ist. Option einzeln anwählen? Keine Chance.
Gänzlich ohne Mehrpreis hingegen kommt das großzügige Raumangebot aus. Und zwar nicht nur für die Passagiere, sondern auch für das Gepäck. Demnach fasst der Kofferraum 1553 Liter - kein elektrischer Kombi kann derzeit mehr einladen.
Ebenfalls der Langstreckenqualität ganz zuträglich ist der passable Federungskomfort. Außerdem erzielen die Ingenieure nach eigenen Angaben 31 Prozent mehr Karosseriesteifigkeit, indem sie die Batterie im Wagenboden unterbringen, was sich offenbar verstärkend auf die Struktur auswirkt. Und auf den Schwerpunkt wirkt sich das natürlich ebenfalls aus, weshalb der Kombi recht satt auf der Straße liegt. Sein Gewicht merkt man ihm übrigens auch nicht wirklich an.
Ein großes, zweigeteiltes Display soll Infotainment-Fans anziehen. Mehr Einstellungsmöglichkeiten auf dem virtuellen Kombiinstrument wären schön.
(Foto: Opel)
Gibt es denn am Astra wirklich überhaupt nichts zu kritisieren bis auf die für heutige Verhältnisse eher mauen Ladespezifikationen? Na ja, wenn man sucht, dann sicherlich. Den Bordcomputer mit Verbrauchswerten zu aktivieren, ist ein kleines Rätsel, wenn man es nicht weiß. Denn die dafür vorgesehene Taste im linken Lenksäulenhebel ist einfach nicht beschriftet. Aber wer längere Zeit mit dem Auto zubringt, wird die Bedienung hinbekommen. Das gilt auch für die umfangreichen Menüs auf der rechten Monitor-Seite.
Schön auch, dass die Steuerung der Klimaanlage wahlweise weiterhin über haptische Tasten erfolgt - kann man während der Fahrt einfach besser handhaben, ohne hinzuschauen. Richtige Infotainment-Fans werden dennoch traurig sein, weil die Grafiken recht statisch sind. Es gibt also nicht viele Einstellungsmöglichkeiten, was die Oberfläche angeht.
Dafür wartet das Head-up-Display (GS) mit hilfreichen Grafiken auf, die zeigen, wie viel Abstand man in Abhängigkeit vom Wetter zum Vordermann lassen sollte. Und das Navigationssystem ist in der Lage, eine Ladeplanung vorzunehmen, die es in die Zielführung integriert.
Wer sich für das GS-Label entscheidet, bekommt im bodenständigen Astra gar einen Hauch von Premiumgefühl. So ist das Display schick gebogen. Und teils doppelte Ziernähte im Bereich der Türbeläge schmeicheln dem Auge. Auch die Sitze sind damit versehen sowie die belederte Klappe für das Ablagefach in der Mittelkonsole. Allerdings lässt der Stromer in seiner nützlichsten Form auch als Basisversion kaum Wünsche offen. Eine Probefahrt kann also nicht schaden.
Quelle: ntv.de