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Komfort im Fokus Nissan Qashqai - voll der neue Softie?

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Eindeutig als Qashqai zu erkennen ist die dritte Generation des Nissan. Dennoch gibt sich der Japaner in der Ausstrahlung gestrafft und dynamischer.

(Foto: Wolfgang Groeger-Meier)

So ein richtig harter Bursche war der Nissan Qashqai noch nie. Mit der dritten Auflage haben die Japaner erneut darauf geachtet, dass hier der Komfort weit vor der Sportlichkeit steht. Auch bei der Entscheidung wird es leichter, denn lediglich zwei Leistungsstufen stehen momentan zur Wahl.

Inzwischen ist es 14 Jahre her, dass Nissan mit dem Qashqai das Segment der Crossover eröffnete. Und wie sich heute zeigt, hatten die Japaner damit einen so guten Riecher, dass sämtliche Autohersteller auf den Zug aufsprangen und unterdessen ebenfalls kompakte SUV anbieten. Ein Umstand, der dazu führte, dass die Konkurrenz bis heute stetig angewachsen ist. Nun ist Nissan-Europa-Chef Guillaume Cartier "stolz darauf, das Segment erfunden und insgesamt bis heute weltweit fünf Millionen Qashqai verkauft zu haben".

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Vor allem das Heck des Nissan Qashqai wurde mit viel Aufwand gestrafft.

(Foto: Wolfgang Groeger-Meier)

Mit dem neuen Qashqai will man an alte Erfolge anknüpfen und mit zeitgemäßer Technik zu alter Größe zurückkehren. Wenngleich sich die Japaner, wie es ihre Art ist, auch hier in Bescheidenheit üben. Lediglich zwei Leistungsstufen gibt es, die aus einem 1,3-Liter-Milde-Hybrid-Benziner 140 und 158 PS generieren. Einen Diesel wird es nicht mehr geben und ein Plug-in-Hybrid ist ebenfalls nicht geplant. Dafür soll im kommenden Jahr ein sogenannter e-Power kommen. Richtig, das ist ein Elektroauto.

Das andere Elektroauto

Wenngleich auch wieder nicht, denn das e-Power-System kombiniert einen 190 PS starken Elektromotor mit einem 1,5-Liter-Benzinmotor, der 154 PS leistet. Allerdings ist der Verbrenner nur zum Laden der Hochvoltbatterie da. Dem vorgeschaltet sind ein Stromgenerator und ein Wechselrichter. In Asien ist das System bereits eingeführt und erfreut sich dort nach Aussage von Nissan größter Beliebtheit. Da der Verbrenner ausschließlich zur Stromerzeugung genutzt wird und die Kraft für den Vortrieb durch den E-Motor erfolgt, kann er in einem optimalen Drehzahlbereich laufen, was sich natürlich auf den Kraftstoffverbrauch und den CO2-Ausstoß auswirkt.

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Der Nissan Qashqai fährt ab April mit einem Motor in zwei Leistungsstufen. Ein ganz eigenes E-Auto-Projekt folgt später.

(Foto: Wolfgang Groeger-Meier)

In Zeiten der kompromisslosen Propagierung der Elektromobilität mutet das e-Power-System nicht besonders fortschrittlich an. Schließlich werden immer noch fossile Brennstoffe für den Vortrieb benötigt und damit ist auch hierzulande auch keine Umweltprämie vom Staat zu bekommen. Dennoch steckt eine Idee dahinter: Nissan möchte hier Vielfahrer ansprechen, die so keine unnötig langen Ladezeiten befürchten müssen, keine Reichweitenangst haben und zudem die Vorzüge des E-Antriebs mit promptem Ansprechverhalten sowie ein kraftvolles Drehmoment geliefert bekommen. Ob diese Rechnung aufgeht, wird sich zeigen. Nissan selbst preist das e-Power-System aber ganz klar in seine Strategie ein, die besagt, dass man bis zum Jahr 2023 etwa 73 Prozent seiner Fahrzeuge als E-Autos anbieten will.

Scharf gezeichnet

Es steht allerdings zu befürchten, dass die Käufer hierzulande sich von diesem Feigenblatt der E-Mobilität fernhalten und eher zu den Benzinern greifen. Die sollen dann auch ab dem 18. Juni bei den Händlern stehen. Verpackt sind sie in eine Hülle, die Chefdesigner und der Erfinder des Qashqai, Matthew Weaver, neu gestaltet hat. Dabei hat der Brite peinlich darauf geachtet, dass die DNA weiter klar zu erkennen ist, dem Ganzen aber deutlich mehr Schmiss gegeben. Dazu gehört das Bumerang-Tagfahrlicht ebenso wie die Air Curtains unterhalb der Scheinwerfer oder die scharf gezeichnete Seitenlinie, die um das Heck strebt und es mit den schmalen und kantigen Heckleuchten optisch scharf schneidet.

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Der neue Nissan Qashqai ist eher auf Komfort als auf Dynamik ausgelegt.

(Foto: Wolfgang Groeger-Meier)

Insofern bietet der neue Qashqai äußerlich deutlich mehr Dynamik als beide Vorgängermodelle, was auch mit den bis zu 20 Zoll großen Rädern zu tun hat, die jetzt in den Radhäusern platziert werden können, was dem 4,43 Meter langen Qashqai einen deutlich kraftvolleren Stand verleiht. Für die Insassen sorgt ein um 19 Millimeter verlängerter Radstand für etwas mehr Platz. Die Freiheit für die Knie der Fonpassagiere wächst um knapp 3 auf 60 Zentimeter, bei der Kopffreiheit gewinnen die Passagiere auf allen Plätzen 15 Millimeter. Sehr angenehm für die Reisenden in der zweiten Reihe ist der Umstand, dass sich die Fondtüren jetzt in einem Winkel von nahezu 90 Grad öffnen lassen.

Komfort und Wohlbefinden

Auch bei den Innenraummaterialien hat der Qashqai zugelegt. Deutlich wertiger geben sich Dashboard, Türinnenverkleidungen oder Drehregler und Bedienknöpfe. Zudem gibt es in der höchsten Ausstattung Tekna dann auch ein volldigitales Zentralinstrument, das den Fahrer neben einem 10,8 Zoll großen Head-up-Display mit allen wichtigen Fahrinfos versorgt. Das TFT-Display oberhalb der Mittelkonsole ist je nach Ausstattung bis zu 9 Zoll groß. Darüber wird selbstredend auch alles gesteuert, was abseits des aktuellen Fahrens für Komfort und Wohlbefinden sorgt. So auch das Navigationssystem, das leider bei der ersten Ausfahrt mit einem irren Farbenspiel der Straßen und völlig unnötigen Informationen für kommende Abzweigungen oder Kreuzungen für mehr Verwirrung als Hilfe sorgte. Zudem ist das System nicht wirklich intuitiv zu bedienen.

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Feines Nappa-Gestühl gibt es im Nissan Qashqai in der höchsten Ausstattung Tekna Plus.

(Foto: Wolfgang Groeger-Meier)

Ansonsten sitzt der Fahrer in einem sehr bequemen Gestühl, das auf Wunsch natürlich auch elektrisch verstellbar ist und sich die Sitzposition mehrerer Personen merken kann. Prinzipiell ist der Qashqai auf Komfort getrimmt worden, was nichts anderes heißt, als dass er vorrangig bemüht ist, Straßenschäden zu filtern und von den Insassen fernzuhalten. Damit ist aber auch klar, dass die Ingenieure hier keinen Wert darauf gelegt haben, ein sportliches Fahrzeug an den Start zu bringen, sondern einen angenehmen Softie. Das zeigt sich auch bei der sehr leichtgängigen Lenkung. Die führt das Fahrzeug schon dahin, wo es der Pilot haben möchte, muss dafür allerdings je nach Kurvenradius deutlich eingeschlagen werden. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Fahrmodischalter auf Sport gestellt wird.

Erstaunliches CVT und feiner Handschalter

Zudem schienen die Gaskennlinie und die Schaltpunkte des sehr ordentlich überarbeiteten X-Tronic-CVT-Automatikgetriebes bei der ersten Ausfahrt von der Dynamikanforderung unbeeindruckt. Dafür gefiel, dass das nicht besonders gelittene CVT fast wie ein Doppelkupplungsgetriebe schaltete, unmerklich und schnell. Auch die 158 PS machten nicht den Eindruck, als wäre man untermotorisiert. Sie schieben den Japaner ordentlich an, ohne dass die Insassen bei 9,9 Sekunden bis Tempo 100 grün im Gesicht werden. Die angesagte Spitzengeschwindigkeit von 198 km/h bedarf dann aber doch etwas Anlauf, bis sie erreicht ist. Gleiches gilt für den Handschalter, der ausschließlich frontgetrieben in 9,5 Sekunden Landstraßentempo erreicht. Wirklich angenehm und ohne jede Kritik ist die manuelle Schaltung, die sich leichtgängig, über erstaunlich kurze Wege, präzise über sechs Stufen führen lässt.

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Mit 504 Litern Stauraum hinter der Heckklappe steckt der neue Nissan Qashqai einiges weg.

(Foto: Wolfgang Groeger-Meier)

Betulicher geht es da bei der 140-PS-Variante zu. Hier muss der Treibsatz schon etwas arbeiten, um auf Touren zu kommen. Insgesamt dauert es 10,2 Sekunden, bis Tempo 100 erreicht ist, maximal sind laut Datenblatt 196 km/h drin und angeschoben wird mit maximal 240 Newtonmetern über die Vorderräder, die ebenfalls ausschließlich über ein manuelles Sechsganggetriebe bedient werden. Angenehm ist, dass weder die eine noch die andere Leistungsstufe irgendwann laut wurde. Die Arbeit wird hier sehr zurückhaltend im Ton verrichtet. Zurückhaltend sollte eigentlich auch der Verbrauch sein, den Nissan über die Leistungsvarianten mit 5,5 bis 6,2 Liter im Drittelmix angibt. Im ersten Test zeigten sich beide Motorisierungen mit durchschnittlich 8,0 Liter deutlich durstiger.

Viel fürs Geld

Letztlich sollte man mit dem Qashqai und seinen 55 Litern Tankinhalt dann aber doch ein Stück des Weges kommen. Und bei 436 bis 1447 Litern Kofferraumvolumen sollte sich je nach Besetzung der Sitzplätze auch die eine oder andere Langstrecke in den Urlaub überwinden lassen. Denn wie gesagt, was den Komfort betrifft, lässt der neue Qashqai kaum Wünsche offen. Bleibt abschließend zu klären, wie viel investiert werden muss, um ein solches Fahrzeug sein Eigen zu nennen. Das kommt natürlich wie immer auf die Ansprüche des Einzelnen an.

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Die Vollausstattung im Nissan Qashqai gibts ab 41.770 Euro.

(Foto: Wolfgang Groeger-Meier)

Wer bescheiden mit 140 PS und der Grundausstattung Visa zufrieden ist, zahlt 25.790 Euro. Und für das Geld gibt es einiges an Assistenzsystemen, die man bei den etwa 30 Mitbewerbern in diesem Segment teuer in Paketen bezahlen muss. Dazu gehören der Querverkehrswarner, ein Spurhalteassistent mit korrigierendem Bremseingriff, ein aktiver Totwinkelassistent mit korrigierendem Bremseingriff, ein adaptiver Abstands- und Geschwindigkeitsassistent sowie eine Verkehrszeichenerkennung. Dazu kommen LED-Scheinwerfer, LED-Rückleuchten und die Fahrprogramme Sport, Eco, Snow und Off-Road, um nur einiges zu nennen.

Wer das Head-up-Display, den großen TFT, 19-Zoll-Felgen, Voll-LED-Scheinwerfer und auch noch den Stauassistenten haben will und noch einiges mehr, der kann sich für die Ausstattung Tekna entscheiden. Allerdings zahlt man hier bereits ab 36.240 Euro für den Qashqai. Bei der stärkeren Motorisierung mit Allradantrieb und Automatikgetriebe sind es bereits 41.770 Euro. Das ist eine stattliche Summe, gemessen an dem, was andere Hersteller für ein gleichwertig ausgestattetes Fahrzeug aufrufen, aber noch eine überschaubare Größe.

Quelle: ntv.de

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