
Einer der Plug-in-Hybride, optisch gewiss einer der schönsten, aber auch der Letzte seiner Art, ist der VW Arteon.
(Foto: Holger Preiss)
Reichweitenangst und eine desolate Ladeinfrastruktur lassen auf dem Weg zur E-Mobilität eine "Brückentechnologie" entstehen, den Plug-in-Hybrid. Er soll Autofahrer zu Teilen CO2-neutral in die E-Mobilität führen. Allein bei VW ist die Palette an Teilzeitstromern groß. Aber was können sie wirklich?
In einem Interview mit autohaus.de verwies VW-Chef Herbert Diess mit Blick auf die Dieselprivilegien in Deutschland vor nicht allzu langer Zeit darauf, dass es in einer "Zeit, in der wir Plug-in-Hybride haben, die auch auf der Langstrecke ähnlich effizient sind wie der Diesel, vielleicht sogar besser", es doch sinnvoll wäre, diese Art des Antriebs nicht mehr durch staatliche Bezuschussung zu stützen. Nun ist nicht bekannt, wann Diess das letzte Mal mit einem Diesel eine Langstreckentour gemacht und wann mit einem Plug-in-Hybrid und ob er am Ende den Verbrauch verglichen hat. Doch wie dem auch sei, Fakt ist, dass VW inzwischen vom kompakten Golf bis zum massigen Touareg sieben Modelle als Teilzeitstromer anbietet, die beim richtigen Einsatz durchaus ihre Vorzüge haben.
Fuhr Erling Haaland ein Elektroauto?

Mit seinen 245 PS Systemleistung ist der Golf GTE sozusagen der GTI der Vernunft, denn er fährt als Plug-in-Hybrid und damit bis zu 65 Kilometer rein elektrisch.
(Foto: Holger Preiss)
Und wo kann man eine solche Palette besser präsentieren und ihr Können unter Beweis stellen als in dem Land, das vielen als der Vorreiter der Elektromobilität gilt, in Norwegen. Tatsächlich muss man zugeben, dass es fast schon mutig ist, denn im Land der Wikinger fährt man nicht auf planen Straßen, sondern windet sich rund um Molde durch die Fjorde oder klettert auf den Berg Varde, um von dort einen Blick auf die 26.000-Seelen-Gemeinde zu erhaschen, dessen soziales Zentrum das Fußballstadion des Erstligisten Molde FK ist. Kein Geringerer als Erling Haaland kickte dort. Heute ist er der Torgarant von Borussia Dortmund.
Ob der Fußballstar seinerzeit mit einem Elektroauto zum Training fuhr, ist nicht bekannt. Auf dem Parkplatz vor dem Stadion gibt es jedenfalls keine einzige Ladestation. Fakt ist, dass die Norweger nach Aussage von VW-Chef Diess seit Jahren mehr Elektroautos kaufen als Verbrenner. Die Taktik der Nordländer war eine ähnliche, wie sie jetzt in Deutschland gefahren wird. Das Zauberwort heißt Subventionen. Wer sich zur E-Mobilität bekennt, selbst zu der in Teilen, wird finanziell belohnt. Ob das in Norwegen so geklappt hat, lässt sich nur an den offiziellen Zahlen bemessen und die sagen, es hat. Doch wenn man selbst, ganz entschleunigt, mit einem Golf GTE durch die rigide tempolimitierten Straßen stromert, dann fällt auf, dass auch im Vorzeigeland der E-Mobilität noch reichlich Fahrzeuge unterwegs sind, die mit fossilen Brennstoffen angetrieben werden.
Verhaltenes Stromern im sportlichen Golf GTE
Wie dem auch sei, der Golf GTE liegt in der Zulassungsstatistik des Landes mit den vielen Fjorden auf Platz 5. Und das scheint gar nicht abwegig, denn der Plug-in-Hybrid ist sozusagen der GTI auf Strom und soll so das Beste aus drei Welten verbinden: Effizienz, Sportlichkeit und uneingeschränkte Alltagstauglichkeit. In Norwegen funktioniert das mit der Effizienz und der Alltagstauglichkeit dann auch bestens. Die Ortsdurchfahrten sind auf 40 bis 50 km/h beschränkt und auf den Landstraßen darf der GTE nicht schneller als 80 km/h werden. Wer sich nicht an diese Regeln hält und erwischt wird, muss mit argen Strafen rechnen. Bei einer Tempoüberschreitung von 30 km/h sollen entweder 3000 Euro oder drei Tage Gefängnis als Strafmaß festgesetzt sein.

Einen Fabelverbrauch erzielt der Golf GTE, wenn er regelgerecht auf norwegischen Straßen bewegt wird.
(Foto: Holger Preiss)
Klar also, dass der Fahrer hier den von VW im GTE verbauten Assistenten den Vorzug gibt und sich mithilfe des Abstandsradar, der Verkehrszeichenerkennung und den Navigationsdaten pilotieren lässt. So gesteuert, weiß der Wolfsburger schon bevor die nächste Geschwindigkeitsbegrenzung, die nächste Kurve oder der nächste Kreisverkehr auftaucht, wann es gilt, auf die Bremse zu treten. Und so sichert diese Technik dem Fahrer nicht nur 3000 Euro, es sorgt auch dafür, dass die beiden Antriebe, also der 1,4-Liter- Benziner und der Elektromotor sich beim Vortrieb je nach Bedarf abwechseln. So unterwegs, ist es geradezu ein Kinderspiel, 50 Kilometer rein elektrisch zurückzulegen. Und wird der Verbrenner dann doch mal benötigt oder die Strecke der magischen 50 überschritten - der GTE ist mit 65 Kilometern gelistet -, dann kann es schon wie im Test sein, dass am Ende auf der Uhr ein Verbrauch von 0,4 Litern steht und, das der E-Motor sich 17,8 kWh aus der Batterie genehmigt hat.
Der könnte auch anders
Natürlich funktioniert das bei einem Plug-in-Hybrid wie dem Golf GTE auch nur über die hier gesetzten Limits. Reglements, die man angesichts einer Nennleistung von 245 PS für diesen Wagen in Deutschland noch erlernen muss, denn wen der Hafer sticht, der kann mit diesem Auto auch ganz anders unterwegs sein: einfach schnell. Das führt am Ende aber zu nichts anderem als einem hohen Verbrauch der Batterieladung und einem nicht mehr ganz so attraktiven Spritverbrauch. Ähnliches gilt für die Langstrecke.

Der Touareg R Plug-in-Hybrid lässt sich dank eines 3,0-Liter-V6-Motos auch ohne E-Unterstützung sportlich fahren. Nimmt er die Hilfe an, kann er aber durch die Stadt auch CO2-neutral unterwegs sein.
(Foto: Holger Preiss)
Ist der Akku erst mal leer, bleibt nur noch eine Restleistung, die als Booster bei spontanen Leistungsabfragen zur Verfügung gestellt wird. Den Hauptanteil der Arbeit verrichtet dann der Verbrenner mit seinen 110 PS und das ist alles andere als sportlich. Auch die 225 km/h Spitzengeschwindigkeit sind dann nicht mehr zu erreichen. Zudem muss der arme Kerl dann auch, noch unterstützt von der Rekuperation, die die Brems- und Rollenergie in die Batterie zurückführt, dafür sorgen, dass die benötigte Boost-Energie jederzeit verfügbar ist, und dem Akku durch seine Arbeit die entsprechende Energie zur Verfügung stellen.
Es gilt also: Wer seine 64 Kilometer rein elektrisch abspulen will, der muss zurückhaltend fahren und bei jeder Gelegenheit das Ladekabel in die Dose stecken. Gleiches gilt für den sportlichen Fahrspaß. Ist der Akku leer, wird es zäh und der Spritverbrauch entfernt sich deutlich von dem oben genannten Wert. Wer also in Deutschland nur mit dem von Staat und Hersteller geteilten Geldsegen von immerhin bis zu 7110 Euro rechnet, aber nicht die Möglichkeit hat, regelmäßig zu laden, betrügt sich nicht nur beim Umweltgedanken, sondern mit Sicherheit auch beim Fahrspaß.
Das Problem mit dem CO2-Ausstoß
Den gibt es beim Touareg R Plug-in-Hybrid dann aber auch ohne den E-Antrieb. Denn der längs eingebaute 3,0-Liter-V6-Benziner leistet allein schon 340 PS. Wenn dann noch die E-Maschine mit 136 PS andockt, entsteht eine Systemleistung von 462 PS und es wird ein maximales Drehmoment von 700 Newtonmetern freigesetzt, das an alle vier Räder weitergereicht wird. Allerdings reicht die Batteriekapazität von 14,3 kWh auch nur für 47 Kilometer rein elektrisches Fahren. Dieser Wert ist bei der oben geschilderten Fahrweise, die in Norwegen gefordert ist, auch ohne große Mühe zu erreichen. Das Problem eines Touareg ist mit Blick auf die Förderung ein anderes. Beim R ist es bereits der Anschaffungspreis von knapp 85.000 Euro, der das Muskel-SUV aus jeder Bezuschussung katapultiert, bei den "normalen" Plug-in-Hybriden dieser Klasse ohne R ist es der CO2-Ausstoß von 63 Gramm pro Kilometer.

Der Touareg gehört übrigens zu den wenigen Plug-in-Hybriden, die bis zu 3,5 Tonnen an den Haken nehmen können.
(Foto: Holger Preiss)
Ab kommenden Jahr gilt nämlich die Regelung, dass förderfähige Fahrzeuge mindestens 60 Kilometer rein elektrisch fahren müssen oder dass deren CO2-Ausstoß den Wert von 50 Gramm je Kilometer nicht überschreiten darf. Bei VW ist man sich sicher, dass das Problem mit Feinarbeit am Motor und an der Abgasanlage in den Griff zu bekommen ist. Insofern dürfen Kunden eines mindestens 73.000 Euro teuren Touareg PHEV aufatmen. Und so wird es wohl auch 2022 für das einzige SUV mit zwei Herzen, das in der Lage ist, 3,5 Tonnen an den Haken zu nehmen, eine Förderprämie geben. Doch wie es dann weitergeht, steht in den Sternen. VW hat sich auf die Fahne geschrieben, die Benzinmotoren für die zweite Generation der Plug-in-Hybride, die 2023/2024 zu erwarten ist, weiter zu optimieren. Die Batterien werden bis dahin so gut sein, dass bis zu 100 Kilometer rein elektrisch zurückgelegt werden können und die Akkumulatoren sollen dann auch schneller laden.
Ob das ausreicht, die Mehrzahl der Autofahrer von der sogenannten "Brückentechnologie" zu überzeugen, bleibt abzuwarten, denn das Bekenntnis der Hersteller ist unisono: Bis spätestens 2035 will man aus dem Geschäft mit den Verbrennern in Deutschland und Europa aussteigen. In der Schaltzentrale von Daimler hat man jedenfalls schon verkündet, dass die Weiterentwicklung von Plug-in-Hybriden nicht mehr zu den künftigen Aufgaben gehöre. Dieser Prozess, so verkündet man in Stuttgart, sei abgeschlossen. Mit Blick darauf, dass einzelne Teilzeitstromer mit dem Stern schon an die 100 Kilometer rein elektrisch fahren, ist das nachvollziehbar. Mit Blick auf die Bedürfnisse und vor allem die Möglichkeiten, E-Autos schnell und ökologisch sauber zu laden, ist es eher fragwürdig. Zumal es weltweit Märkte gibt, die sich bis 2050 noch nicht der E-Mobilität zugewandt haben dürften. Und das, obgleich das Klima doch ein globales und kein regionales Problem ist.
Quelle: ntv.de