
Mit Allradantrieb kann der Hymer ML-T 580 problemlos über Eis und Schnee fahren.
(Foto: Daniel Maurer)
Wer die Zahlen sieht, muss sich eingestehen, dass Wintercamping der neue Trendurlaub ist. Um allerdings den Temperaturen und den damit verbundenen Straßenverhältnissen trotzen zu können, bedarf es des richtigen Reisemobils.

Wenn das gestatte wäre, könnte man mit dem Hymer ML-T 580 auf dem Timmeljoch campen.
(Foto: Daniel Maurer)
Campen ist doch etwas für den Sommer, denkt der Laie und wundert sich über Wohnmobile im Winter. Tatsächlich ist die Zahl der Wintercamper auf deutschen Campingplätzen im vergangenen Jahr um 63,6 Prozent auf 1,3 Millionen Übernachtungen gestiegen. Das jedenfalls weiß das Statistische Bundesamt zu berichten. Und tatsächlich versehen immer mehr Hersteller der fahrenden Eigenheime ihre Reisemobile mit dem Siegel "wintertauglich". Das heißt aber nichts anderes, als dass das Wohnmobil bis zu Temperaturen um den Gefrierpunkt in allen Details funktioniert. Wer aber wirklich die Absicht hat, sich mit seinem Haus auf Rädern auf die Zeltplätze neben den Skipisten zu stellen oder die verschneite Schönheit Skandinaviens abseits von Hotels erleben möchte, der muss darauf achten, dass sein Wohnmobil als winterfest zertifiziert ist.
Nur dann ist gewährleistet, dass zum Beispiel die Wasserleitungen nicht einfrieren oder dass sich der Innenraum - so verlangt es das Testverfahren - nach zehn Stunden bei minus 15 Grad innerhalb von zwei Stunden auf plus 20 Grad aufheizt. Dabei entspricht die Wärmedämmung, die bei solchen Reisemobilen durch einen sogenannten "geschlossenporigen PU-Schaum" erreicht wird, einer 80 Zentimeter starken Vollziegelwand. Hinzu kommen isolierte Installationen und Tanks sowie ein beheiztes Armaturenbrett, beheizte Außenstaufächer und doppelverglaste Rahmenfenster. Ein Hersteller, der genau solche winterfesten Reisemobile anbietet, ist Hymer.
Es muss der Richtige sein

Die Toilette mit Dusche. Wirkt auf dem Bild kleiner, als sie in Wirklichkeit ist.
(Foto: Holger Preiss)
Nun ist aber der Umstand einer hervorragenden Dämmung nicht der alleinige Garant, um in seinem Wohnmobil zum Wintercamping auszureiten. Es sollte auch die fahrbare Grundlage stimmig sein, denn in der Regel sind dort, wo es kalt ist, auch Eis und Schnee, was die Fahrt bei einem falschen Antrieb schnell zum Stillstand bringen kann. Das dürfte bei einem Hymer ML-T Allrad 580 nicht passieren. Der Kastenwagen baut auf einem Mercedes Sprinter auf und ist - wie der Name bereits verrät - mit einem zuschaltbaren Allradantrieb ausgestattet. Der macht sich übrigens in Kombination mit dem 2,1-Liter-Vierzylinder Diesel am besten, der 163 PS leistet und ordentliche 360 Newtonmeter über eine ausgezeichnet arbeitende Siebengangautomatik auf die Achsen wuchtet. Allerdings hat sich das Triebwerk in den Alpen nicht gerade als Kostverächter gezeigt. Im Schnitt zog der Diesel auf bergiger Strecke über 100 Kilometer 14,0 Liter Diesel durch die Schläuche. Das hört sich viel an, muss aber hier ins Verhältnis zum Gewicht, den Straßenverhältnissen und natürlich auch den Temperaturen gesetzt werden.
Wer sich für die Allradvariante entscheidet, muss noch zwei Dinge bedenken: Zum einen steigt der Preis um 11.000 auf 77.690 Euro. Zum anderen wächst das Gewicht über die magische 3,5-Tonnen-Grenze und macht das winterfeste Urlaubsgefährt zu einem Lastkraftwagen. Das heißt, das Schwergewicht darf nur noch mit dem entsprechenden Eintrag im Führerschein bewegt werden. Hinzu kommen die hohen Mautgebühren, die in Österreich und Italien für Lkw verlangt werden und das Urlaubsbudget zusätzlich belasten. Apropos Budget: Wer jetzt glaubt, dass das Wintercamping wesentlich teurer ist als im Sommer, der kann beruhigt werden: Dem ist nicht so. Auf dem Campingplatz im österreichischen Sölden zahlen Erwachsene 13,40 Euro, Kinder 9,30 Euro und der Stellplatz wird mit 14,70 Euro pro Nacht berechnet. In dem Preis ist aber die Nutzung der Sanitärräume, der Sauna, des Dampfbades, der Infrarotkabine und des Muckibude inklusive. Hinzu kommt, dass der Weg für Skifahrer bis zur Bergbahn kaum mehr als 200 Meter beträgt.
Ein bisschen wie ein SUV
Doch bevor es so weit ist, muss man den Hymer auf Sprinterbasis erst mal nach Sölden oder in andere Skigebiete bewegen. Und das macht sogar Spaß, weil der Kasten ein Fahrverhalten an den Tag legt, das nicht nur für Sicherheit bürgt, sondern auch die Zuversicht verleiht, dass keine Piste unerreichbar ist. Bei zugeschaltetem Allrad verteilen sich die Antriebskräfte in einem Verhältnis von 35 zu 65 auf Vorder- und Hinterachse, was gerade bei der Bewegung auf Schnee und Eis für eine bessere Seitenführung und mehr Zugkraft sorgt. Ein anderer Vorteil ist, dass sich beim Allrad das Fahrzeugniveau im Vergleich zum heckgetriebenen ML-T um 8,5 Zentimeter erhöht und der Wagen auch mit Blick auf den Rampen- und Böschungswinkel sowie bei der Wat-Tiefe gewinnt. Das macht ihn in der Summe nicht nur wintertauglich, sondern verleiht ihm auch die Fähigkeit, gröberes Geläuf problemlos zu überwinden.
Bei der sehr kurvenreichen Testfahrt zum verschneiten Timmelsjoch in Österreich jedenfalls erfreute der vier Tonnen schwere Hymer vor allem durch seine optimale Traktion, die durch eine erstaunliche Wendigkeit unterstützt wird. Vom Fahrgefühl fast wie ein SUV, ließ sich der Riese mit seinen 6,98 Metern problemlos durch enge und vereiste Kurven zirkeln. Dabei spielt das Gewicht bergauf keine Rolle, das zieht der Diesel einfach weg. Lediglich bei der Abfahrt und scharfen Bremsmanövern wurde das Lebendgewicht spürbar. Eingefangen wurde das Ganze aber durch das adaptive ESP, die elektronische Bremskraftverteilung und den hydraulischen Bremsassistenten.
Der pure Gegensatz

Der Autor hat abseits seines heimischen Bettes lange nicht mehr so gut geschlafen wie im Hymer.
(Foto: Daniel Maurer)
Das Einzige, was man mit Blick auf das Cockpit und die Bedienelemente nicht loswurde, war der bleibende Charme des Arbeitstiers. Allzu schlicht wirkt der Arbeitsplatz des Fahrers, wenn man bedenkt, welchen Luxus der Sprinter mit dem Wohnaufbau transportiert. Dazu gehört im Testwagen der Smart-Tower-Kühlschrank mit einem Fassungsvermögen von 142 Litern ebenso wie der dreiflammige Gasherd und das geräumige Bad mit Dusche und WC. Im Schlafabteil befanden sich zwei Betten mit einer Länge von 1,93 und 1,78 Meter. Wobei der Autor hier besser geschlafen hat als im letzten Urlaubshotel. Das alles ist umsäumt von vielen Staufächern und Schränken in einem Holzdesign, das vielleicht nicht jedermanns Sache ist. Aber hier bietet Hymer mannigfache Alternativen.
Zentrum der Gemütlichkeit soll die große Sitzgruppe sein, der ein Tisch mit serienmäßiger Verlängerung vorgestellt ist. Zwei weitere Sitzmöglichkeiten bilden die um 180 Grad drehbaren Vordersitze von Fahrer und Beifahrer. Auf denen lümmelt es sich im Übrigen deutlich gemütlicher als auf der Sitzecke. Die ist der Optimierung der Platzverhältnisse folgend in der Auflagefläche für die Oberschenkel doch etwas kurz geraten. Wer will, kann sich die Polster natürlich auch beledern lassen. Wichtig ist vielleicht auch noch, dass der Wohnraumboden stufenfrei ist.

Richtig gemütlich sitzt es sich tatsächlich im Stuhl von Fahrer und Beifahrer.
(Foto: Holger Preiss)
Als ebenfalls luxuriös darf der Umstand angesehen werden, dass sich im Heck des ML-T eine riesige Garage mit einer Ladehöhe von bis zu 1,21 Meter befindet. Wer will, kann hier problemlos eine Vespa und zwei Fahrräder parken oder eben die komplette Ausrüstung für den Wintersport. Auch der Zugriff auf die Kassette für die Toilette ist einfach und unkompliziert gelöst, ebenso wie die elektrische Abwasserentleerung auf Knopfdruck. Insgesamt fasst der isolierte und beheizte Abwassertank 100 Liter. Zudem ist ein logischerweise ebenfalls beheizbarer 120 Liter fassender Nutzwassertank an Bord, was nicht nur einmal ein entspanntes Duschen zulässt. Die Funktionalität aller Komponenten gleicht am Ende denen in der heimischen Wohnung, was das Reisemobil einmal mehr zum Eigenheim auf Rädern macht. Mit dem Unterschied, dass das eben nicht von Skigebiet zu Skigebiet transportiert werden kann.
Quelle: ntv.de